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„In die Weichteile getreten“Als es um Söder und Merz geht, wird Joschka Fischer drastisch

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Joschka Fischer sprach bei Sandra Maischberger über geopolitische Verschiebungen und die Gefahr weiterer Kriege in Europa. (Bild: WDR / Oliver Ziebe)

Joschka Fischer sprach bei Sandra Maischberger über geopolitische Verschiebungen und die Gefahr weiterer Kriege in Europa. (Bild: WDR / Oliver Ziebe)

Am Mittwochabend ist der frühere Bundesaußenminister Gast bei Maischberger. Er spricht über Sicherheitsfragen – und die verbalen Angriffe gegen seine Grünen.

Joschka Fischer macht sich Sorgen. Darüber hat er ein Buch geschrieben, das heute auf den Markt kommt. Der Titel: „Die Kriege der Gegenwart oder der Beginn einer neuen Weltordnung“. Fischer, der bald 77 Jahre alt wird, war von 1998 bis 2005 der erste grüne Außenminister unter Bundeskanzler Gerhard Schröder. Am Mittwochabend ist der bekennende Europäer Gast bei Sandra Maischberger im Ersten.

Joschka Fischer: „Das wird eine Welt, wie sie 1945 scheinbar zu Ende gegangen ist“

Seit dem Eklat im weißen Haus am 28. Februar sei für ihn klar, dass Deutschland und Europa der amerikanischen Regierung nicht mehr vertrauen dürfen, sagt Fischer. „Daraus ergibt sich für uns die Konsequenz als Europäer, weil auf nationaler Ebene wären wir nicht stark genug, wenn wir für unsere eigene Sicherheit sorgen müssen.“

Grünen Urgestein Joschka Fischer wundert sich über die Union: „Ich verstehe die Herangehensweise von Herrn Söder und Herrn Merz nicht.“ (Bild: WDR / Oliver Ziebe)

Grünen Urgestein Joschka Fischer wundert sich über die Union: „Ich verstehe die Herangehensweise von Herrn Söder und Herrn Merz nicht.“ (Bild: WDR / Oliver Ziebe)

Fischer ist skeptisch, dass der russische Präsident Wladimir Putin an einem Frieden in der Ukraine interessiert ist. Und: „Das Ziel von Putin geht weit über die Ukraine hinaus. Anders als wir, die wir nach der deutschen Einheit auf der Gewinnerseite standen, hat er das als große Katastrophe gesehen. Und da ist er nicht allein in der russischen Elite.“ Russland habe den Weltmachtstatus verloren. Das habe Russland nicht akzeptiert. Putin wolle die Weltmacht Russlands wieder zurückerlangen. „Dazu braucht es die verlorenen russischen Territorien. Das heißt, die Ukraine wird nicht der letzte Krieg sein.“

Putin wolle die Ergebnisse von 1989 und den 1990er Jahren revidieren. Dazu brauche er die Ukraine. „Und andere werden folgen, weiter westlich. Das ist der entscheidende Punkt.“ Die Frage für die Sicherheitsgarantie der Ukraine sei nicht nur eine Frage für die Ukraine selbst, so Fischer. „An dieser Linie wird auch die Sicherheit von Europa hängen.“

In seinem Buch beschreibt Fischer auch die Politik der USA und von US-Präsident Donald Trump, der eine ausschließlich machtgestützte Weltordnung anstrebe. „Einige globale Großmächte sollen die Weltordnung unter sich ausmachen“, erklärt Fischer bei Maischberger. Dazu würden sie bewaffnete Kriege führen. „Das wird eine Welt, wie sie 1945 scheinbar zu Ende gegangen ist“, befürchtet Fischer. „Für uns Europäer heißt das: Europa muss selbst zur Macht werden.“ Und Europa müsse fähig sein, sich selbst zu verteidigen, wenn es darauf ankäme.

Joschka Fischer bei „Maischberger“: „Ich verstehe die Herangehensweise von Herrn Söder und Herrn Merz nicht“

Für einen neuen Bundeskanzler bedeute das eine Konzentration auf Europa. „Dieses Europa ist die Antwort auf viele Fragen, vor allem auch die Sicherheitsfrage“, ist Fischer überzeugt. Die neue Regierung müsse erfolgreich sein. Skeptisch ist Fischer, ob ihr das gelingt. So braucht sie bei der Möglichen Abstimmung über die beiden Finanzpakete am kommenden Dienstag im Bundestag die Stimmen der Grünen Abgeordneten.

„Ich verstehe die Herangehensweise von Herrn Söder und Herrn Merz nicht“, wundert sich der „Maischberger“-Gast: „Man kann nicht den Leuten am Vortag in die Weichteile treten und in die Fr..sse hauen und dann hinterher sagen: Wir brauchen eure Zustimmung.“ Dennoch, so findet er, sollten die Grünen den beiden Finanzpaketen zustimmen. Ob sie das auch tun, weiß er nicht. Aber Fischer ist sicher: „Sie werden die richtige Entscheidung treffen.“ (tsch)