Die FDP prescht mit einem Auto-Konzept vor. Die Forderung nach Abschaffung von Parkgebühren und Fußgängerzonen ist zu kurz gedacht.
Kampf um WählerAuto-Programm der FDP – Mit Vollgas durchs Sommerloch
Eines muss man der FDP lassen: Sie schafft es, Löcher zu füllen. Eines zumindest, das Sommerloch, die innenpolitisch etwas nachrichtenärmere Ferienzeit also. Präsenz zu zeigen ist strategisch nicht unklug für eine kleine Partei, die in Umfragen wie Wahlen mal über, mal unter der Fünf-Prozent-Hürde liegt. Schließlich scheint es für sie besonders wichtig, ihre Existenzberechtigung nachzuweisen. In den nächsten Wochen stehen Wahlen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen an, wo die Liberalen bislang besonders wenig Pfunde auf die Waage bekommen. Und bis zur Bundestagswahl ist es auch nur noch ein Jahr hin.
Möglicherweise hat es Parteichef Christian Lindner langsam gedämmert, dass der Schlachtruf „Sparen Sparen Sparen!“ allein nicht zum liberalen Aufschwung beitragen wird. Die FDP ist damit zum Neinhorn der Koalition mutiert, in einer deutlich weniger charmanten Ausführung als im gleichnamigen Kinderbuch. Klar, nein sagen muss man können und meist erst lernen.
Kompromisse schließen aber auch. Verbissen knausrig kommt der stets eisern lächelnde Lindner daher – dass es zukunftsträchtig sein soll, den großen Wurf bei Investitionen zu verweigern, hat er noch nicht schlüssig erklären können. Dass es sich lohnt, den Clinch mit den Koalitionsparteien regelmäßig auf die Spitze zu treiben, ebenso wenig.
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Und wenn einer Partei beim Thema Einsparungen als erstes immer Bürgergeld-Empfänger einfallen, die dabei über die eher kleine Gruppe der Problemfälle hinweg als faul verunglimpft werden, spart das vor allem an einem: an Ausgewogenheit.
„Good vibes“ aus dem Hans-Dietrich-Genscher-Haus
Ein bisschen fassbarer, ein bisschen positiver soll die Botschaft der FDP nun wohl werden. Nicht Nein, sondern auch mal Ja sagen also – „good vibes“ aus dem Hans-Dietrich-Genscher-Haus. „Eine Politik für das Auto“ haben die Liberalen daher ihren neuesten Präsidiumsbeschluss überschrieben und dabei ganz technikaffin die Fahrer und Fahrerinnen außen vor gelassen. Cabrios, Familienkutschen, Sportflitzer, Zweit- und Drittwagen werden sich freuen und vor den Wahlkabinen Schlange stehen.
Und auf das Ja zu mehr Autos in der Stadt kommen doch wieder ein paar Neins: Fußgängerzonen sollen eingeschränkt und Parkgebühren abgeschafft werden. Ein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen? Bloß nicht. Nur die Forderung nach Drive-In-Wahllokalen ist in der Liste nicht enthalten. Ein paar Schritte zu Fuß ist auch für die FDP also manchmal noch zumutbar.
Einen Heiligenschein braucht das Blechle nicht
Im Ernst: Es spricht alles dafür, die Interessen derer zu berücksichtigen, die auf ihr Auto angewiesen sind, um zur Arbeit, zum Arzt oder zum Einkaufen zu kommen. Einen Heiligenschein braucht das Blechle allerdings nicht. Es gibt nun mal Fortbewegungsmöglichkeiten, die klimafreundlicher sind. Wo weniger Autos fahren und diese obendrein langsamer, passieren weniger und weniger krasse Unfälle. Es macht daher Sinn, Alternativen zum Auto zu fördern. Das heißt: Fahrradwege ausbauen, den ÖPNV auch auf dem Land so verbessern, dass nicht nur einmal am Tag ein Bus fährt oder Pendler sich in der Regionalbahn stapeln müssen.
Und was Fußgängerzonen und die Parkgebühren betrifft, die die FDP so stören: Sie sind Sache der Kommunen – die Beschlüsse fallen oft mit Bürgerbeteiligung. Sicher ist: Verwaiste Innenstädte werden nicht lebendiger, wenn die Fußgängerzone wieder Autostraße wird. Lieferanten haben dort meist schon jetzt freie Fahrt. Dass immer direkt vor einem Laden ein Parkplatz frei wäre, ist eine Illusion. Und Online-Kauf ist eben noch bequemer als Autofahren.
Für Innenstädte sind andere Konzepte nötig. Es lohnt sich, darüber nachzudenken, auch für die FDP. Und zwar im Interesse aller, mit oder ohne Auto.