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Test-Chaos in NRWWelche Optionen nun aus der Schul-Misere führen können

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Yvonne Gebauer Rednerpult

NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer am Rednerpult im Landtag

Düsseldorf/Köln – Seit Mittwoch gilt ein geändertes Testverfahren an den Grundschulen in NRW. Wie bisher werden an den Grund- und Förderschulen in einem ersten Schritt Pooltests vorgenommen, für die sämtliche Proben einer Schulklasse zusammengeführt werden. Wies ein solcher Pool ein positives Testergebnis auf, wurde seit Ende der Weihnachtsferien individuell mit einem PCR-Test nachgeprüft. Da sich dieses Verfahren aufgrund der stark steigenden Infektionszahlen als nicht praktikabel erweist, sollen die Individualtests nun im Antigen-Schnelltest-Verfahren erfolgen.Das gilt für die Grundschulen, an den Förderschulen mit besonders vulnerablen Gruppen sollen nach den Worten von NRW-Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) weiterhin die PCR-Tests zur Anwendung kommen. Die Stadt Köln hat am Freitagnachmittag bereits angekündigt, das Test-Angebot an weiterführenden Schulen beizubehalten.

Wie begründet das Schulministerium das neue Vorgehen?

Zur Corona-Lage an den Schulen und insbesondere zur Kehrtwende bei der Teststrategie in Grundschulen gab es am Freitag auf Antrag der SPD eine Aktuelle Stunde im Düsseldorfer Landtag. Dabei verteidigte Gebauer das neue Verfahren, räumte aber Fehler in der Kommunikation ein. Ihr sei bewusst gewesen, dass die kurzfristige Änderung des Testverfahrens, die am Dienstagabend veröffentlicht wurde, für Unmut sorgen werde: „Das musste ich aber angesichts der Dynamik der Situation in Kauf nehmen.“

Am Montag dieser Woche nun hat die Ministerpräsidentenkonferenz die Priorisierung der PCR-Tests für systemrelevante Infrastruktur beschlossen. Die Schulen fallen nicht darunter. Gebauer betonte, Kritik am Testsystem an den Schulen in NRW sei „grober Unfug“. Jede Woche würden 1,8 Millionen Schülern nach wie vor reibungslos und mehrmals in der Woche im Unterricht auf Corona getestet.

Alles zum Thema Jochen Ott

Hat die Situation die Schulen wirklich unvorbereitet getroffen?

Das hätte sie nach Ansicht von Andreas Bartsch, Präsident des NRW-Lehrerverbands jedenfalls nicht müssen. Eine Priorisierung bei den PCR-Tests sei bereits seit zwei bis drei Wochen absehbar gewesen, sagt er und kritisiert: „Die Informationspolitik des Schulministeriums ist mittelmäßig. Wir hatten nun schon öfter die Situation, dass Schulen und Eltern vor vollendete Tatsachen gesetzt wurden“.

Jochen Ott, schulpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion wird noch deutlicher: „Mit ihrem Kommunikationschaos hat die Landesregierung großen Schaden angerichtet. Es kann nicht sein, dass die Medien bereits am späten Nachmittag über Veränderungen im Testverfahren informiert werden und die für die Umsetzung verantwortlichen Schulen erst in der Nacht um 22:15 Uhr.“ Die Notlage der Labore angesichts stark steigender Infektionszahlen sei zu erwarten gewesen. Die Landesregierung habe sich darauf nicht vorbereitet, so Ott.

Wie wird das neue Vorgehen an den Grundschulen bewertet?

Kritisiert wird vor allem, dass Grundschüler in dem neuen Verfahren nur noch mit einem weitaus weniger zuverlässigen Schnelltest nachgetestet werden, wenn ein Pooltest positiv ausgefallen ist. Zudem müssen die Schüler erneut zum Schnelltest in die Schule kommen, obwohl sie möglicherweise infektiös sind. Bartsch zufolge ist das keine optimale Lösung: „Wir haben so das Problem, dass ein ganzer Tag vergeht bis die Labore die Pool-Tests ausgewertet haben. Der Schnelltest kann dann erst am nächsten Tag stattfinden.“

Sigrid Beer, bildungspolitische Sprecherin der Grünen im NRW-Landtag, kritisiert außerdem: „Der Gesundheitsschutz ist nicht gewährleistet, wenn bei der Nachtestung eines positiven Pool-Tests alle Schnelltests negativ sind. Davon berichten uns auch immer mehr Eltern.“

Welche alternativen Vorschläge gibt es?

Jochen Ott schlägt vor, angesichts der Lage mindestens für vorerkrankte Kinder weiterhin PCR-Tests in den Schulen zu ermöglichen. „Am besten wäre es natürlich, die PCR-Einzeltests auszuweiten und zusätzliche Kapazitäten zu schaffen, keine Frage. Wenn das nicht geht, ist aber auch deutlich, dass nun die Einzeltestungen von den Schulen nach Hause verlagert werden müssen.“ Auch könne man die Kommunen um Hilfe zu bitten, um die Schüler vor Unterrichtsbeginn in Testzentren zu testen.

Beer plädiert zudem dafür, es Familien mit vulnerablen Familienmitgliedern unbürokratisch für eine Zeit zu ermöglichen, selber zu entscheiden, ob sie ihre Kinder zur Schule schicken, um Infektionsrisiken in den Familien zu vermeiden.

„Meine Präferenz ist das Schnelltest-Verfahren, wie wir es an den weiterführenden Schulen haben“, schlägt hingegen Bartsch vor. Dort werden die Schüler und Schülerinnen dreimal pro Woche in der Schule getestet. Das entlaste auch die Eltern und könne man sicherlich auch an den Grundschulen leisten. Diese Option wäre auch für Ott denkbar, „auch wenn das nicht die beste Lösung für die kleinen Kinder ist, wäre es besser als das, was wir jetzt haben.“ Sigrid Beer fügt hinzu, dass nur Schnelltests verwendet werden sollten, die nachweislich möglichst empfindlich schon auf eine niedrige Viruslast reagieren.

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Eine ganz andere Option bringt Tanja Brunnert, Sprecherin des Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, ins Spiel: Den Verzicht auf „anlasslose Tests“, Kinder in Schulen also nicht grundsätzlich regelmäßigen Testungen zu unterziehen, obwohl sie keine Symptome einer Erkrankung zeigen. Durch die Tests würde diese Altersgruppe als „gefährlich“ wahrgenommen, argumentiert sie, denn ihre Inzidenz werde dadurch im Vergleich zu anderen Altersgruppen höher dargestellt.

„Für die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen spielen diese Tests keine Rolle, da gesunde Kinder diese Altersgruppe nur sehr selten schwer erkranken. Auch unnötige Quarantäne könnte so vermieden werden“, so Brunnert. „Wir fordern schon lange den Verzicht auf anlasslose Testung der Kinder und Jugendlichen.“ Dieser Ansatz wird allerdings kritisch gesehen, wie auch die Grünen-Politikerin Beer betont: „Es ist grundsätzlich keine gute Idee, dass sich Kinder infizieren, mit einem Virus, dessen Langzeitwirkungen und die damit verbundenen Risiken nicht bekannt sind.“

Ist der Wechsel in den Distanzunterricht eine Option?

Dazu gibt es unterschiedliche Meinungen. Für die Landesschülervertretung (LSV) ist ein „sofortiges Aussetzen der Präsenzpflicht zwingend erforderlich“, wie sie mitteilen. Die Schüler und Schülerinnen fühlten sich in der Schule nicht mehr sicher, stellt Theo Blaesse aus dem Landesvorstand der LSV NRW klar.

Andreas Bartsch vom Lehrerverband hingegen sieht die Notwendigkeit zum Distanz- oder Wechselunterricht nicht gegeben. „Wir haben in den letzten beiden Jahren die Erfahrung gemacht, dass die Kinder sehr unter der Isolation zuhause gelitten haben“, so Bartsch. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte teilt diese Auffassung: „Wir weisen schon sehr lange auf die negativen Folgen des Distanzunterrichtes für die Kinder und Jugendlichen hin. Daher halten wir ein Festhalten am Präsenzunterricht für dringend erforderlich.“ Auch die Aufhebung der Präsenzpflicht sehe man sehr kritisch.