Düsseldorf/Köln – Die interne Aufstellung des NRW-Gesundheitsministeriums umfasst 40 Positionen. Dort sind alle Aufträge gelistet, die das Land NRW zwischen dem 7. Februar und dem 5. Mai vergangenen Jahres zur Beschaffung von Corona-Schutzausrüstungen vergeben hat. Aus der Übersicht, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, geht hervor, dass insgesamt 31 Unternehmen zum Teil lukrative Aufträge vom Land erhielten.Ein Auftrag über 5,2 Millionen Euro, der am 4. März 2020 vergeben wurde, wirft nun Fragen auf. Es geht um eine Bestellung von rund 527.200 FFP-2 Schutzmasken bei der Firma Emix Trading. Ging bei der Beschaffung alles mit rechten Dingen zu? Das Schweizer Unternehmen verfügt über einen speziellen Draht zu prominenten CSU-Politikern.
NRW-SPD will Erklärung von Laumann für Masken-Deal
Die SPD im Düsseldorfer Landtag hat NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann jetzt aufgefordert, die Hintergründe für den Deal mit der Emix zu veröffentlichen. Sie war auf die Vergabe aufmerksam geworden, nachdem eine Verbindung zwischen Emix-Trading und der CSU-Europaabgeordneten Monika Hohlmeier ans Licht gekommen war, die zunächst in Bayern zu einem Vertragsabschluss geführt hatte.
Die Tochter des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß hatte in einer SMS an die damalige bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml für das Schweizer Unternehmen geworben. Eine Empfehlung, die auf Betreiben einer guten Bekannten aus der CSU-Familie zustande kam. Die heißt Andrea Tandler, und betreibt in München eine Werbeagentur. Zu ihren Kunden zählt auch Emix. Bei den Maskengeschäften der Firma kamen den Schweizern die Kontakte ihrer PR-Frau zu Gute.
Gesundheitsministerium suchte nach Masken-Herstellern
Hohlmeier und Andrea Tandler kennen sich seit Kindesbeinen. Denn: Andrea Tandler ist die Tochter des früheren CSU-Generalsekretärs Gerold Tandler, einem politischen Ziehsohn von Strauß. Über den Draht nach München kam die Tandler-Tochter schließlich auch mit NRW ins Geschäft. Gesundheitsminister Laumann suchte in dieser Phase händeringend nach Lieferanten für Masken und Schutzausrüstung – und war für jede Unterstützung dankbar.
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Wie jetzt bekannt wurde, hatte der Politiker aus dem Münsterland ein deutlich höheres Auftragsvolumen mit Emix geplant. „Ursprünglich waren eine Million Masken bestellt worden“, sagte ein Laumann-Sprecher dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ auf Anfrage. Das Unternehmen habe dem Land NRW aber lediglich 527.200 Masken geliefert. „Weitere Bestellungen bei der Firma Emix Trading gab es nicht“, hieß es. Das Ministerium habe „ausschließlich den vereinbarten Kaufpreis für die gelieferten Masken an das Unternehmen Emix Trading“ gezahlt. Provisionen seien aus NRW nicht geflossen.
Monika Hohlmeier bestreitet Vorwürfe
Monika Hohlmeier bestreitet, für ihre Kontaktvermittlung Geld bekommen zu haben. Anfang März letzten Jahres, zu Beginn des Lockdowns, als ein krasser Maskenmangel herrschte, habe Andrea Tandler ihr „im Laufe eines Telefongesprächs übermittelt, dass es da eine Firma gäbe, die Masken an die Schweizer Armee verkauft habe und die angeblich noch Millionen an Masken zu normalen Preisen auf Lager hätte“, sagte Hohlmeier in einem Interview mit der Münchner „Abendzeitung“.
Darin wehrt sie sich gegen den Generalverdacht, „Krisengewinner“ zu sein. „Wir als Politiker werden jetzt alle in einen Topf geworfen“, sagte die Strauß-Tochter. Sie habe aber weder eine Provision verlangt noch erhalten.
Gesundheitsministerium zahlte vollen Preis für eine halbe Million Masken
Ungeklärt ist bislang, warum das Laumann-Ministerium die Stückpreise für die von Tandler angepriesenen Schutzmasken akzeptierte. Denn die waren alles andere als normal. „Warum bezahlt das Land an ein Schweizer Unternehmen pro Maske 9,90 Euro?“, fragt sich die SPD-Landtagsabgeordnete Nadja Lüders. Nur eine Woche zuvor habe die Landesregierung an ein Unternehmen aus NRW 1,15 Euro pro Stück gezahlt.
„Da stellt sich automatisch die Frage: Wer hat alles an dem Deal mitverdient?“, sagt Lüders. Im Zusammenhang mit dem Emix-Deal würden „ja schillernde Namen genannt“, so die Politikerin aus Dortmund. „Das erinnert doch sehr an die Amigo-Affäre“, findet Lüders. Sie fordert: „Gesundheitsminister Laumann muss hier jeden Verdacht ausräumen und daher die Vertragsunterlagen sofort veröffentlichen.“
Auch Armin Laschet für Van-Laack-Deal in der Kritik
Wegen der Vergabe von Aufträgen in der Anfangszeit der Pandemie war im vergangenen Jahr auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) in die Kritik der Opposition geraten. Dabei ging es um einen Auftrag an den Textilhersteller Van Laack über 45 Millionen Euro. Der Auftrag war auf Vermittlung von Laschets Sohn Johannes zu Stande gekommen. Der Influencer macht Werbung für Modefirmen – unter anderem auch für Van Laack. Den Verdacht einer Vetternwirtschaft wies der Ministerpräsident als „schäbig und unanständig“ zurück.
Die SPD hat jetzt eine Anfrage an die Landesregierung gestellt, die die Vergabe aller 40 Aufträge ausleuchten soll. Die Oppositionspartei verlangt Auskunft darüber, ob Minister, Staatssekretäre oder Abgeordnete des Landtags an der Vergabe von Aufträgen mit Anbietern von Schutzausrüstung beteiligt waren. Zudem sollen mögliche „verwandtschaftliche Beziehung“ zu Auftragnehmern transparent gemacht werden. Gerade in Pandemie-Zeiten sei das Vertrauen der Bürgern in die Politik „ein hohes Gut“, sagt Nadja Lüders. Die Landesregierung hat jetzt vier Wochen Zeit, die Fragen zu beantworten.