AboAbonnieren

Beleuchtung, Glühwein, HoffnungszeichenWie die Krise die Weihnachtszeit beeinflusst

Lesezeit 4 Minuten
Weihnachtsbeleuchtung Hohe Straße 2021

Adventliche Beleuchtung auf der Hohe Straße im November 2020

Köln – Für die Bewohner des Kölner Eigelstein-Viertels gehört sie in der Adventszeit mit dazu: Die Weihnachtsbeleuchtung über der Einkaufsmeile. Seit den 80er Jahren wird die Straße von Mitte November bis in den Januar festlich illuminiert. Eine schöne Tradition - aber ist die Lichterpracht nicht aus der Zeit gefallen?

„Natürlich haben wir uns gefragt, ob wir das angesichts des Kriegs in der Ukraine und trotz der hohen Energiepreise so beibehalten können und wollen“, sagt Ruth Wennemar, Sprecherin des Bürgervereins Eigelstein: „Deswegen haben wir das Thema unter unseren Mitgliedern und auf unserer Facebookseite zur Diskussion gestellt.“

Neuer Inhalt (1)

Lichterglanz auf dem Weihnachtsmarkt am Kölner Alter Markt

Die Resonanz sei eindeutig gewesen, berichtet der Bürgerverein. „Die Menschen wünschen sich gerade in dunklen Zeiten ein Zeichen von Hoffnung und Zuversicht. Die Weihnachtbeleuchtung gibt vielen Menschen ein gutes Gefühl“, sagt Ruth Wennemar. Deswegen habe man nach einem verantwortungsbewussten Weg gesucht, um das Licht auch in Krisenzeiten leuchten zu lassen.

Nottuln schafft Festbeleuchtung ab

Debatten um die Weihnachtsbeleuchtung gibt es in diesen Tagen fast in allen Städten von NRW. In einer Zeit, in der Bürgern von der Politik den Rat bekommt, sich lieber mit dem Waschlappen zu säubern als unter die Dusche zu gehen, haben viele Menschen kein Verständnis dafür, dass unnötige Energie für die Vorweihnachstimmung vergeudet wird. Die Bundesregierung hat bereits angeordnet, dass die Festbeleuchtung in den Einkaufsstraßen um 22 Uhr erlöschen muss. Die Deutsche Umwelthilfe rät Verbrauchern zum Verzicht auf Lichterketten. Städte wie Nottuln im Münsterland verzichten komplett auf weihnachtliche Beleuchtung.

Neuer Inhalt

Ein Weihnachtsstern leuchtet in der Dunkelheit. 

Das NRW-Umweltministerium von Mona Neubaur (Grüne) hebt mahnend den Zeigefinger. „Energiesparmaßnahmen sind angesichts der durch den russischen Angriff auf die Ukraine ausgelösten angespannten Lage auf den Energiemärkten notwendig und leisten einen zentralen Beitrag, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten“, sagte ein Sprecher auf Anfrage.

Beleuchtung

 Weihnachtsbeleuchtung in Köln.

Neben einer Reduzierung von Umfang und Dauer der Weihnachtsbeleuchtung könne der Stromverbrauch durch den Einsatz von LED-Leuchten anstelle herkömmlicher Leuchten verringert werden. „Der Ersatz veralteter Leuchtmittel durch moderne LED-Technologien kann bis zu 80 Prozent der Stromkosten sparen“, so der Hinweis aus Neubaurs Ministerium.

Parteien raten zu moderatem Verzicht

In der Landespolitik rät man den Kommunen zu einem maßvollen Umgang mit Verzichtsanordnungen. „Krise braucht kein ,Augen zu und durch‘ und keinen blinden Aktionismus - sondern Augenmaß“, sagte Simone Wendland, Beauftragte der CDU-Landtagsfraktion für vitale Innenstädte aus Münster, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Sie plädiert dafür, LED-Beleuchtung mit einer zeitlichen Begrenzung am Abend zuzulassen. „Das Weihnachtsfest gehört zu unserer Kultur und auf die sollten wir nicht komplett verzichten - gerade auch weil es in Moskau jemanden gibt, den das nur allzu glücklich machen würde“, so Wendland.

Hafke

Marcel Hafke (FDP)

Marcel Hafke, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP im Landtag, sieht das ähnlich. „Ich halte es für das falsche Signal, den Menschen in der Jahreszeit der Hoffnung das Licht abzuschalten“, sagte der Politiker aus Wuppertal unserer Zeitung. Nach der Corona-Pandemie müssten die Menschen auch wieder eine angenehme Weihnachtszeit haben. „Im Übrigen haben wir in erster Linie eine Gaskrise. Strom können wir ausreichend erzeugen, wenn die Ideologie hinten anstehen würde“, sagte Hafke in Anspielung um die Diskussion um die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken in Deutschland.

Kutschaty

Thomas Kutschaty (SPD), Fraktionsvorsitzender im Landtag (Archivbild)

SPD-Chef Thomas Kutschaty ist der Meinung, dass viele Städte und Gemeinden „sehr verantwortungsvoll mit der aktuellen Situation“ umgehen würden. Sie hätten bereits zahlreich Konzepte entwickelt, wie Energie gespart werden könne, ohne ganz auf das weihnachtliche Erlebnis vor Ort zu verzichten. So werde auch deutlich, wie viel Energie generell in der Vergangenheit verbraucht wurde, die nicht unbedingt sein muss. „Hier findet also ein Umdenken statt, das auch grundsätzlich Schule machen kann, so Kutschaty.

Das könnte Sie auch interessieren:

Am Kölner Eigelstein geht man mit der veränderten Lage pragmatisch um. Dort ist Burkhard Wennemar für den Aufbau der Weihnachtsbeleuchtung zuständig. „Natürlich bleibt nicht alles wie es ist. Wir müssen damit rechnen, dass sich die Stromkosten verdoppeln, deswegen schalten wir das Licht viel kürzer an als bislang.“ Man profitiere davon, dass die herkömmlichen Glühbirnen schon 2017 durch LEDs ersetzt worden seien. Die höheren Stromkosten will der Bürgerverein durch Spenden und höhere Einnahmen beim Weihnachtsmarkt an der Torburg kompensieren. „Bislang hat der Becher Glühwein drei Euro gekostet“, sagt Wennemar. In diesem Jahr werden 3,50 Euro fällig.