AboAbonnieren

Flut-Ausschuss wird Arbeit fortsetzenWüst soll zur Mallorca-Affäre aussagen

Lesezeit 3 Minuten
Wüst besorgt

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU)

Köln – Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) zur Aufklärung der Flut-Katastrophe im Juli 2021 wird seine Arbeit auch in der neuen Legislaturperiode fortsetzen. Nachdem sich SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ für die Verlängerung ausgesprochen hatte, gilt es als sicher, dass der Landtag die erneute Einsetzung des Ausschusses in der kommenden Woche beschließt. Damit dürfte auch die Vernehmung prominenter Zeugen weitergehen. In Oppositionskreisen hieß es: „Es ist fest davon auszugehen, dass NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst sich zur Mallorca-Affäre äußern muss.“

Bei der Flut-Katastrophe im Sommer vergangenen Jahres waren in NRW 49 Menschen ums Leben gekommen. Die Arbeit des Flut-Ausschusses endete rechtlich automatisch mit dem Auslaufen der Wahlperiode. Da der Ausschuss nur sieben Monate Zeit hatte, die Vorgänge aufzuklären, konnten zahlreiche Beweisbeschlüsse bis zum Ende nicht mehr abgearbeitet werden. Auch ein Abschlussbericht fehlt. Drei Sachverständigengutachten sind fertig, wurden aber bisher nicht näher ausgewertet. Viele Fragen sind noch offen.

Drei Gutachten wurden noch nicht ausgewertet

Unklar ist zum Beispiel die künftige Zuständigkeit bei Gefahrenabwehr in Großkatastrophenlagen. Wie kann sich das Land besser auf gefährliche Hochwasser vorbereiten? Und: Wie kann die Kommunikation zwischen den Beteiligten bei der Bekämpfung einer Flut verbessert werden? Im Auftrag des PUA wurden drei Sachverständigengutachten angefertigt, die bisher nicht näher ausgewertet wurden.

Heinen-Esser 070422

Die frühere NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) im Landtag (Archivbild)

Kutschaty hatte vorgeschlagen, den Flut-Ausschuss wieder einzusetzen, um eine „Brücke“ zu einer Enquete-Kommission zu bauen, die Empfehlungen geben soll, wie der Katastrophenschutz künftig besser aufgestellt werden müsste. Bei der Hochwasser-Katastrophe vom Juli vergangenen Jahres gab es erhebliche Defizite in der Kommunikation zwischen den Beteiligten. Warnungen waren nicht ernst genommen worden.

Das Land versäumte es, den großen Krisenstab einzusetzen, agierte auf Vorschlag von NRW-Innenminister Herbert Reul lediglich mit einer kleineren Koordinierungsgruppe. Die Organisation der Einsätze in den überfluteten Ortschaften lag bei den lokalen Kräften. Die frühere NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) geriet in die Kritik, weil sie ihren Mallorca-Urlaub in der Hochphase der Krisenbewältigung fortgesetzt hatte. Sie trat schließlich kurz vor der Landtagswahl zurück.

Blessem

Ein Foto zeigt, wie dramatisch die Lage in Erftstadt-Blessem war.

Zu den Vorgängen rund um die Mallorca-Affäre wurde bislang lediglich der Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski (CDU), befragt. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte enthüllt, dass sich drei Minister und eine Staatssekretärin auf der Balearen-Insel getroffen hatten, um den Geburtstag des Mannes von Heinen-Esser zu feiern. Heinen-Esser hatte das Treffen bei ihrer ersten Vernehmung ebenso verschwiegen wie die tatsächliche Länge ihres Aufenthalts. In den Ausschuss-Unterlagen fand sich eine falsche Urlaubsdauer, die eine Rückkehr vor dem Geburtstagsdatum auswies.

„Der Rücktritt von Ursula Heinen-Esser vom Ministeramt war nach den Enthüllungen vom Mallorcagate richtig und unvermeidbar. Mit dieser Trophäe für die Opposition darf der PUA aber noch nicht seinen Zweck erfüllt haben“, erklärte der bisherige Chef des Flut-Ausschusses, Ralf Witzel, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Die Vorgänge der größten Naturkatastrophe der Landesgeschichte gehören vollständig aufgearbeitet, damit kein Verantwortlicher Unfallflucht begehen kann“, sagte der FDP-Politiker unserer Zeitung. Die Ladung bereits beschlossener Zeugen sei vor dem Wahltag nicht mehr möglich gewesen.

Das könnte Sie auch interessieren:

CDU und FDP waren in der vergangenen Wahlperiode mit dem Antrag gescheitert, den Untersuchungsauftrag zeitlich auszudehnen. Damit sollte beleuchtet werden, welche Rolle durch die in der rot-grünen Regierungszeit (2010 bis 2017) entstandene Erlasslage für die Missstände bei der Krisenbewältigung spielte. Ob der Untersuchungsauftrag diesmal ausgeweitet wird, ist unklar.

Der künftige Flut-Ausschuss ist (nach dem PUA Kindesmissbrauch) der zweite U-Ausschuss der neuen Legislaturperiode und wird - den parlamentarischen Regeln folgend - von der größten Oppositionspartei, der SPD, geleitet. In der Befragung von Wüst dürften zeitliche Abläufe interessant sein. So ist bislang unklar, wie lange der Ministerpräsident schon vor den Enthüllungen unserer Zeitung über das umstrittene Treffen auf Mallorca informiert war.