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Juso-Chefin Jessica Rosenthal„Ich lasse mich nicht ausbremsen“

Lesezeit 4 Minuten
Jessica Rosenthal

Jessica Rosenthal (28), Chefin der Jusos, will in den Bundestag.

KölnSie wollen in den Bundestag und kandidieren am Mittwoch in der Region Mittelrhein für einen vorderen Listenplatz. Das stößt dort nicht auf ungeteilte Begeisterung bei den Platzhirschen…

Es geht bei dieser Bundestagswahl auch darum, Jungwählerinnen und -wählern ein Angebot zu machen. Die letzten Wahlen haben gezeigt, dass die SPD gerade auch bei jungen Menschen stark aufholen muss. Ich mache der Partei mit meiner Kandidatur ein Angebot. Jetzt kann die SPD zeigen, dass sie junge Kandidierende in die erste Reihe stellt – wie auch die anderen Parteien. Damit will ich ein eindeutiges Signal des Aufbruchs setzen.

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Ihr Vorgänger an der Juso-Spitze, Kevin Kühnert, hat sein Amt aufgegeben, um für den Bundestag zu kandidieren. Wieso halten Sie es für machbar, beide Ämter zu kombinieren?

Das ist eine Legende von Leuten, die die Jusos ausbremsen wollen. Das wird aber nicht gelingen. Richtig ist: Kevin Kühnert hat sein Amt nicht wegen der Bundestagskandidatur aufgegeben. Genauso wurde ich zur Juso-Bundesvorsitzenden gewählt, obwohl ich auf meiner Ambition für den Bundestag kandidieren zu wollen nie einen Hehl gemacht habe. Wir Jusos wollen Verantwortung übernehmen, in der Partei und auch in den Parlamenten, weil wir etwas verändern möchten. Ich möchte jedem jungen Menschen einen garantierten Ausbildungsplatz verschaffen und das gesetzlich verankern, endlich mehr Mittel für die Bildung erstreiten und und und. Wir müssen bei dieser Bundestagswahl damit beginnen, endlich wieder junge Menschen für die SPD zu begeistern. Hier haben wir Nachholbedarf und dafür treten wir mit 72 jungen Kandidierenden an. Wir wollen die Interessen der jungen Wählerinnen und Wähler vertreten – eben weil wir nah an diesen Menschen sind.

„Distanzunterricht ist Gift für die Chancengleichheit“

Sie sind Lehrerin an einer Gesamtschule in Bonn. Wie erleben Sie den Distanzunterricht?

Es ist bitter, dass uns die versprochenen Tests fehlen, um den Präsenzunterricht durchzuführen. Der Digitalunterricht ist Gift für den Anspruch, kein Kind zurück zu lassen. Die schwächeren Schüler werden durch den Digitalunterricht abgehängt. Viele haben immer noch keine Tablets und sind zum Teil nur über Handy zu erreichen. Ich weiß aus der praktischen Arbeit welche Folgen das hat. Gerade für die Chancengleichheit ist das fatal. Viele Kinder bleiben isoliert und können ihr Potenzial ohne die direkte Ansprache durch die Lehrkräfte und ihrer Mitschüler und Mitschülerinnen nicht abrufen.

NRW hält an den Abiturprüfungen fest. Wie stehen Sie dazu?

Ich bin auch dafür, die Prüfungen stattfinden zu lassen, auch weil das ganze Hin- und Her nur noch verunsichert. Aber die Schüler sollten bei den Abschlussprüfungen nur die Möglichkeit haben, sich zu verbessern. Es wäre unfair, wenn die erschwerte Vorbereitung, die durch die Konfusion der Landesregierung in der Schulpolitik mit verursacht wurde, den Absolventen die Abschlüsse verhageln würden.

„Ausgangsperren würden die jungen Leute treffen"

Was halten Sie von den geplanten nächtlichen Ausgangsverboten?

Es ist gut, wenn wir zu einheitlicheren Regeln im Bund kommen. Ausgangssperren würden aber wieder vor allem die jungen Menschen treffen, die von der Pandemie schon schwer gebeutelt sind. Die meisten Infektionen finden nicht draußen, sondern drinnen statt. Deswegen glaube ich nicht, dass pauschale Ausgangsperren viel bringen. Wir müssen vielmehr darüber sprechen, an welchen Stellen auch die Betriebe zum Beispiel durch eine Testpflicht ihren Beitrag leisten können. Es darf nicht ausschließlich nur unsere Freizeit treffen.

Auch der Jugendsport steht erneut vor dem Aus…

Kinder sollten immer die letzten sein, die von Restriktionen betroffen werden. Mit Schließungen von Gastronomie und Wirtschaft errreichen wir doch mehr als im Kindersport.

„Zukunft von Laschet für SPD spielt keine Rolle"

Hat die SPD 2021 eine Chance, Regierungspartei zu werden?

Da gehe ich fest von aus. Die Union ist schlagbar, egal ob mit Laschet an der Spitze oder ob mit einem neuen Spitzenkandidaten.

Sind Sie eher für ein Bündnis von SPD und Grünen mit den Linken – oder mit der FDP?

Ich kämpfe vor allem für eine SPD im Kanzleramt, denn die Union beweist an jeder Stelle, dass sie dieses Land nicht voran bringt. Viele wichtige Projekte, die auch gerade für junge Menschen wichtig sind, können wir am besten in einem Fortschrittsbündnis gemeinsam mit Grünen und Linken umsetzen. Dazu müssen allerdings auch die beiden Parteien sich bekennen. Die FDP muss mit dem Grundsatz „Privat vor Staat“ brechen. Der Irrglaube, dass die Kräfte des Marktes es richten, ist für den fehlenden Impfstoff und damit das Schneckentempo beim Impfen schließlich maßgeblich mit verantwortlich.