Dass die Düsseldorfer Gemeinde Sankt Margareta, durch Missbrauchsvorwürfe gegen zwei ihrer früheren Geistlichen aufs Heftigste erschüttert, Kardinal Rainer Woelki nun nicht einmal mehr zur Firmung haben will, ist ein neuer Tiefpunkt im Verhältnis zwischen Basis und Bischof.
Über Monate hinweg hat Woelki die wachsenden Zweifel an seiner Amtsführung und an seiner Integrität als Erzbischof von Köln durch beredtes Schweigen ignoriert. Kritiker kanzelte er intern ab, von einem Vertrauensverlust bei den Gläubigen und im Klerus wollte er nichts wissen.
Nach einer Phase scheinbarer Zugeständnisse und Fehlerbekundungen versucht Woelki es derzeit mit einer weiteren Strategie: Er lächelt die Krise einfach weg. So lauten übereinstimmend die Berichte von Menschen, die Woelki ihre Bedenken vortragen oder ihm gar zu verstehen geben, dass sie für die Zukunft des Erzbistums unter seiner Führung schwarzsehen.
Dafür braucht man nicht eigens eine dunkel getönte Brille aufzusetzen – im Gegenteil. Ein hellsichtiger Blick auf die jüngsten Ereignisse und Entwicklungen hätte bei Woelki selbst längst zur Erkenntnis einer durch und durch verfahrenen Situation führen müssen. Die Laienvertretung des Bistums verweigert ihm die Gefolgschaft. Das Klima der Kommunikation – wenn es eine solche überhaupt noch gibt – wäre mit „frostig“ noch milde beschrieben.
Gercke-Gutachten zum Erzbistum klammert moralische Verantwortung aus
Dazu kommt die wiederholte Begünstigung von Geistlichen, deren Verstrickung in den Missbrauchsskandal Woelki über Jahre bekannt war. Ein Fall nach dem anderen zieht ihn in seiner Glaubwürdigkeit immer noch weiter nach unten. Und selbst das Missbrauchsgutachten des Strafrechtlers Björn Gercke, das mit seinem Rundum-Freispruch für Woelki eine Art Rettungsring sein sollte, wird zum zusätzlichen Ballast, weil es die Frage der moralischen Verantwortung ausklammert.
Eine Bistumsleitung, die sexuellen Missbrauch und abstoßende Praktiken von Priestern primär unter dem Gesichtspunkt „strafbar oder nicht strafbar?“ abhandelt, zieht sich den Zweifel zu, ob ihr der moralische Kompass nicht endgültig abhandengekommen ist. Genau das schallt Woelki aus der Fläche des Erzbistums entgegen, zuletzt nun in dem offenen Brief von 140 Aktiven aus Düsseldorf-Gerresheim.
Im „Bunker“, wie der Kirchenjargon das erzbischöfliche Haus in Köln seit geraumer Zeit tituliert, werden Woelki und seine Getreuen das vielleicht ein weiteres Mal weglächeln wollen. Aber auch im Priesterseminar, so ist zu hören, brodelt es unterdessen gewaltig. Hier versucht die Führung in Köln offenbar, der Absetzbewegung beim Nachwuchs mit Härte zu begegnen.
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Der Krise im Erzbistum Köln ist weder auf die eine noch auf die andere Weise beizukommen. Der Konflikt spitzt sich mehr und mehr auf die Alternative zu: Geht es für Woelki ohne sein Bistum weiter – oder für das Bistum ohne Woelki?