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Linke zum Tag der Deutschen Einheit„Die Unzufriedenheit im Osten kocht über“

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Magdeburg in Sachsen-Anhalt im September: Ein Fahrgastschiff der Weissen Flotte, fährt auf der Elbe stromabwärts auf der Stadtstrecke.

Magdeburg in Sachsen-Anhalt im September: Ein Fahrgastschiff der Weissen Flotte, fährt auf der Elbe stromabwärts auf der Stadtstrecke.

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch warnt vor einem „politischen Desaster“ bei den Landtagswahlen im Osten 2024 – und legt daher einen 7-Punkte-Plan vor.

Anlässlich des Tages der Deutschen Einheit 2023 konstatiert die Linke anhaltende Ungleichbehandlung zwischen Ost- und Westdeutschland und fordert die Bundesregierung zum Handeln auf. „Von einer Einheit bei Löhnen und Renten ist Deutschland immer noch weit entfernt“, heißt es in einem Sieben-Punkte-Papier, das dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt.

Unter Bezug auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes listet die Linke unter anderem auf, dass Vollzeitbeschäftigte im Osten durchschnittlich 13 .000 Euro brutto im Jahr weniger verdienen als im Westen und dass fast 30 Prozent der ostdeutschen Beschäftigten für weniger als 14 Euro pro Stunde arbeiten. „Bei Rentnerinnen und Rentnern, die mindestens 45 Versicherungsjahre aufweisen können, liegt die gesetzliche Rente netto im Osten bei 1403 Euro und im Westen bei 1605 Euro“, heißt es an anderer Stelle.

Linke fordert günstigere Lebensmittel und Energie

In dem 7-Punkte-Plan steht eine Preisesenkung für Lebensmittel und Energie an erster Stelle. So heißt es etwa, die Mehrwertsteuer auf Gas und Fernwärme dürfe nicht - von derzeit sieben - auf 19 Prozent erhöht und der CO2-Preise dürfe zum 1. Januar ebenfalls nicht angehoben werden. Für Lebensmittel fordert die Linke staatliche Preiskontrollen und nennt die geplante Erhöhung des Mindestlohns auf 12,41 Euro „unverschämt“, „14 Euro wären notwendig!“, heißt es..

„Die Unzufriedenheit im Osten kocht über“, kommentierte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch die Forderungen gegenüber dem RND und fuhrt fort: „Wir brauchen eine konsequente Anti-Inflationspolitik, die alles unterlässt, was das Leben verteuert, und alles unternimmt, um die Preise zu senken, insbesondere bei Lebensmitteln und Energie.“

Zum 1. Januar fordert die Linksfraktion eine „zusätzliche, einmalige und außerordentliche Rentenerhöhung um zehn Prozent als Inflationsausgleich für alle Rentnerinnen und Rentner“. Unter der Rubrik „Härtefallfonds“ für benachteiligte DDR-Senioren kritisiert die Linke, dass bisher „nicht einmal drei Prozent der Betroffenen“ einen Antrag stellen konnten und fordert dagegen einen „Gerechtigkeitsfond, der alle Betroffenen für vorenthaltene Rentenansprüche entschädigt“.

Härtefallregelung für Ost-West-Angleichung ist ausgelaufen

Bartsch sagte dazu, dass Ostdeutsche 13.000 Euro im Jahr weniger verdienen, sei 33 Jahre nach der Einheit ein Skandal. „Wir brauchen die Lohneinheit bis 2025 und dazu eine große Rentenreform. Ein Rentensystem ähnlich wie in Österreich, wo Rentner durchschnittlich 800 Euro mehr bekommen als hierzulande, ist notwendig“, so der Linken-Politiker.

Die Bundesregierung hatte die Stiftung Härtefallfonds ins Leben gerufen, um Härtefälle in bestimmten Berufs- und Personengruppen aus der Ost-West-Rentenüberleitung abzumildern. Betroffene können unter bestimmten Voraussetzungen eine pauschale Einmalzahlung von 2.500 bis 5.000 Euro erhalten, wenn sie mit ihren gesetzlichen Renten in der Nähe der Grundsicherung liegen. Die Leistung wird nur auf Antrag gezahlt. Solch ein Antrag konnte bis zum 30. September 2023 gestellt werden.

Neben niedrigeren Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen fordert die Linke in dem 7-Punkte-Papier auch eine „Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken“: Seit 1990 seien rund 65.000 Kilometer Bahnnetz stillgelegt worden, 40 Prozent davon im Osten, heißt es. Das sei klima- und strukturpolitisch ein schwerer Fehler gewesen. „Wir brauchen den Rückkehr der Bahn in die Fläche und ein Bahnhofssanierungsprogramm“ heißt es weiter. Hier sei der Bund als Eigentümer der Deutschen Bahn in der Pflicht.

Vor dem Hintergrund, dass Ostdeutsche in Leitungsfunktionen nach wie vor massiv unterrepräsentiert sind, wird unter der Überschrift „Her mit der Ost-Quote“ eine Vorbildwirkung „zumindest in Bundesministerien und Bundesbehörden“ gefordert. Dazu zitiert das Papier Artikel 36 des Grundgesetzes, wonach Beamtenstellen bei obersten Bundesbehörden an Personal aus allen Bundesländern „in angemessenem Verhältnis“ vergeben werden sollen.

Für alle Themen und Forderungen in Summe drängt die Linke Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum Handeln: „Es braucht einen Ostdeutschland-Gipfel im Kanzleramt“, sagte Bartsch und fügte hinzu: „Die Ampel muss eine spürbare Wende ihrer Politik hinlegen, wenn es nicht ein politisches Desaster bei den Landtagswahlen im Osten im kommenden Jahr geben soll.“ Löhne und Renten seien Schlüsselthemen für die Einheit des Landes. Zudem müsse die Regierung die Flüchtlingskrise in den Griff bekommen. Bürger und Strukturen vor Ost seien vielfach überfordert.