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Mallorca-AffäreHeinen-Esser spricht unter Tränen von Grenzüberschreitung

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Ursula Heinen-Esser im Untersuchungsausschuss

Düsseldorf/Köln – Die wegen der sogenannten Mallorca-Affäre zurückgetretene NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) hat als Zeugin in der 20. Sitzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses des Landtags am Freitag zu ihrem Mallorca-Aufenthalt während der Flut und der damit verbundenen Geburtstagsfeier ihres Mannes am 23. Juli ausgesagt.

An der Feier hatten mit Heimatministerin Ina Scharrenbach und Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner (beide CDU) zwei weitere Mitglieder des Landeskabinetts teilgenommen.

Heinen-Esser beteuert, voll arbeitsfähig gewesen zu sein

Es tue ihr sehr leid und sie verstehe, dass es als „unsensibel“ empfunden werde, nicht vor Ort in NRW gewesen zu sein. Sie sei aber voll arbeitsfähig gewesen, sagt Heinen-Esser in ihrem Eingangsstatement. „Mein Fehler war ein moralischer Fehler. Ich habe daraus die Konsequenzen gezogen.“

Alles zum Thema Hendrik Wüst

Zu Beginn der Befragung geht es dem Ausschussvorsitzenden Ralf Witzel (FDP) um die Frage, wann Heinen-Esser Ministerpräsident Hendrik Wüst über die Geburtstagsfeier informiert hat. „Ich habe Anfang März über meinen Urlaub mit dem Ministerpräsidenten, nicht aber über das Geburtstagsessen oder Ähnliches gesprochen“, antwortet Heinen-Esser.

Den Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski, habe sie ihrer Erinnerung nach Ende März informiert. Wüst hatte mehrfach betont, erst im Verlauf des März Kenntnis davon erlangt zu haben, dass Heinen-Esser während der Flut ihre Amtsgeschäfte von Mallorca aus wahrgenommen habe.

„Die Anschuldigungen haben groteske Züge angenommen“

Die Geburtstagsfeier ihres Mannes „war ein Abendessen, das jedes Jahr am gleichen Ort mit Freunden stattfindet“. Es sei befremdlich, dass offenbar Unterlagen zu ihren Aussagen aus dem Untersuchungsausschuss widerrechtlich an die Öffentlichkeit gelangt seien. „Die Anschuldigungen gegenüber meiner Person haben groteske Züge angenommen.“ Den Vorwurf, sie habe den Untersuchungsausschuss bewusst getäuscht, müsse sie mit Entschiedenheit zurückweisen.

Als die Rede auf die sogenannte Ausspäh-Affäre um ihre Tochter kommt, bricht die ehemalige Ministerin in Tränen aus. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte am Freitag exklusiv berichtet, dass ein Mitarbeiter der Parlamentarischen Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Sarah Philipp, versucht hat, den Instagram-Account der 16-jährigen auszuspähen. „Da ist eine Grenze überschritten worden“, sagt Heinen-Esser.

Philipp entschuldigte sich per Brief

Auf die Frage, ob die SPD-Geschäftsführerin sich inzwischen bei ihr entschuldigt habe, antwortet sie: „Ich hatte heute Morgen ein Schreiben von Frau Philipp in der Post.“ Das habe sie wegen der Vorbereitung auf den Untersuchungsausschuss aber noch nicht lesen können. Die Entschuldigung von Sarah Philipp kenne sie nur aus der Zeitung.

Der CDU-Abgeordnete Thomas Schnelle will wissen, ob es sein könne, dass es auf Instagram weitere Freundschaftsanfragen des SPD-Mitarbeiters gegeben habe. „Ich weiß nicht, ob es weitere Zugriffe auf das Handy meiner Tochter gegeben hat. Sie ist in einem Internat und ich habe mit ihr noch nicht darüber gesprochen“, sagt Heinen-Esser. Sie habe die 16-Jährige immer wieder darauf hingewiesen, Freundschaftsanfragen nur zu bestätigen, wenn ihr der Anfragende persönlich bekannt sei.

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Wie ein Screenshot belegt, der dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, wurde die Jugendliche am 6. April um 14.29 Uhr vom Instagram-Account der SPD-Landtagsabgeordneten Sarah Philipps angeschrieben. Und zwar mit der Bitte, in den privaten Bereich der Jugendlichen aufgenommen zu werden. Drei Minuten später versuchte Philipps Mitarbeiter für Soziale-Medien den Zugang als „Follower“.

Philipp bestätigte am Donnerstag die Kontaktversuche zum Instagram-Account des Mädchens. Diese seien ihr aber bis zur Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ nicht bekannt gewesen. „Sie sind durch einen studentischen Mitarbeiter aus meinem Abgeordnetenbüro, der auch meinen Social-Media-Account mitbetreut, ohne meine Kenntnis und ohne meine Erlaubnis erfolgt“, teile die SPD-Politikerin mit: „In einem persönlichen Gespräch habe ich ihm heute deutlich gemacht, dass sein Verhalten inakzeptabel ist. Dafür bitte ich Frau Heinen-Esser und ihre Tochter – auch im Namen meines Mitarbeiters – um Entschuldigung. Die Motivation war Neugierde und wenig sensibel.“

Philipp weist „Unterstellungen der CDU“ zurück

Die „haltlosen und tendenziösen Unterstellungen der CDU“ weise sie jedoch „entschieden zurück“, legte Philipp am Freitag nach. Von Ausspähen aber könne „in keiner Weise die Rede“ sein. „Mein Mitarbeiter hat von sich aus über sein privates Mobiltelefon auch mit meinem persönlichen Account eine Kontaktanfrage an die Tochter von Frau Heinen-Esser gestellt.“ Das sei dumm und unsensibel gewesen, ergänzte SPD-Chef Thomas Kutschaty auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger". Deshalb habe es auch bereits arbeitsrechtliche Konsequenzen gegeben. „Dass aus der CDU die SPD nun mit der Stasi verglichen wird, ist angesichts der Verbrechen, die in der DDR geschehen sind, natürlich auch völlig unangebracht.“

Nordrhein-Westfalens CDU-Landtagsfraktionschef Bodo Löttgen jedoch sieht das völlig anders. Er verlangt von der SPD umfassende Informationen über die Versuche, die minderjährige Tochter der zurückgetretenen Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) im Internet zu kontaktieren. Es handele sich um „eine erschütternde Verrohung der demokratischen Kultur“, sagte Löttgen am Freitag.

Löttgen fordert Aufarbeitung

Er forderte, dass der betreffende Mitarbeiter dem Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Flutkatastrophe schriftlich bestätigen soll, dass er selbst den Ausforschungsversuch unternommen habe. Philipp müsse zudem durch Fachleute die digitalen Spuren sichern lassen und bei der Firma Instagram Nachweise anfordern, von welchem Gerät aus ihr Instagram-Account bedient worden sei. Philipp müsse auch darlegen, ob es sich bei dem betreffenden Nutzerkonto um ihren privaten Account oder ihr Konto als Parlamentarische Geschäftsführerin gehandelt habe.

Im Untersuchungsausschuss versucht die SPD am Freitagmorgen, die Ausspäh-Affäre herunterzuspielen. Es habe sich lediglich um eine „Freundschaftsanfrage“ gehandelt, so ein Zwischenruf.

Liminski bestätigt Aussagen von Heinen-Esser

Am Nachmittag sagt Staatssekretär Nathanael Liminski (CDU) aus. Er habe erst Ende März oder Anfang April von der Geburtstagsfeier auf Mallorca erfahren, sagt er, und bestätigt damit die Aussagen von Heinen-Esser. Er habe Hendrik Wüst darüber informiert. Wann genau, könne er nicht mehr sagen. „Ich rede ohnehin mit dem Ministerpräsidenten jeden Tag und vor einer Ministerpräsidentenkonferenz natürlich noch häufiger“, sagt er am Freitag im Untersuchungsausschuss. Aber nicht als offiziell geladener Zeuge, er ist zu einem freiwilligen „Informationsgespräch“ gekommen.

Wegen der zahlreichen Gespräche wisse er nicht mehr genau, wann er Wüst von der Feier erzählt habe, sagt Liminski. Die damalige Ministerin Heinen-Esser habe immer den Eindruck gemacht, dass ihr wichtig sei, „die Dinge klarzustellen“. Das aber sei ihr, im Nachhinein betrachtet, „nur bedingt gelungen“.

Remmel kritisiert Wüst

„Mindestens genauso wichtig“ wie die Diskussionen über die Geburtstagsfeier auf Mallorca sei seiner Meinung nach, „dass wir uns jetzt wieder darauf konzentrieren, wozu dieser Ausschuss eigentlich da ist", ergänzt der Staatssekretär: „nämlich die richtigen Konsequenzen aus der Hochwasserkatastrophe von 2021 zu ziehen.“ Beim Ausschussmitglied Johannes Remmel von den Grünen findet er mit seinem Appell ans Grundsätzliche aktuell aber kein Gehör.

Mit der heutigen Aussage sei jedenfalls klar, dass Wüst zumindest vor der letzten Sitzungswoche des Landtags ab 7. April über die Geburtstagsfeier auf Mallorca informiert war, bei der ein Zwischenbericht des Untersuchungsausschusses im Plenum abgegeben werden sollte. „Warum haben Sie da nicht entschieden, dass jetzt alles auf den Tisch muss und das Parlament informiert wird?“, fragt Remmel. Dazu habe es erst der Berichterstattung des „Kölner Stadt-Anzeiger“ bedurft.