Düsseldorf – Die Grünen im Düsseldorfer Landtag kritisieren, dass die pandemiebedingten Erleichterungen im Vergaberecht von der Landesregierung genutzt wurden, um Aufträge zu vergeben, die mit dem Kampf gegen Corona nichts zu tun haben.
Der Abgeordnete Johannes Remmel hatte eine Serie von kleinen Anfragen an die Landesregierung gerichtet, um zu ermitteln, welche Aufträge unter Rückgriff auf das vereinfachte Vergaberecht erteilt wurden. Das Ergebnis liegt nun vor. „Die Ministerien haben die Corona-Regelungen genutzt, um sich alle möglichen Wünsche zu erfüllen, die mit der Pandemie nichts zu tun haben“, sagte Remmel dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
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Mit Beginn der Pandemie hatte das NRW-Finanzministerium die bis dahin geltenden strengen Regeln für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen aufgeweicht. So entfiel bis zu einem Schwellenwert von einer Million Euro die Pflicht, Ausschreibungen durchzuführen. Aufträge konnten „freihändig“ an einen bestimmten Anbieter vergeben werden. Eine Vorgehensweise, die der Landesrechnungshof (LRH) in einem Sonderbericht bereits scharf kritisiert hat.
Laumann bestellte neue Möbel
Aus den Antworten der Landesregierung geht nun hervor, dass die Ministerien die Erleichterungen bei der Vergabe dazu genutzt haben, um Reparaturen durchzuführen, Möbel zu beschaffen und externe Mitarbeit zu finanzieren. Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) ließ den Paternoster zweimal reparieren, erteilte Aufträge für Estrich- und Malerarbeiten sowie für Arbeiten an Bleiglasfenstern. Zudem wurde der Zuschlag für die Werbekampagne gegen Zwangsheirat in Bussen und Bahnen von NRW unter erleichterten Bedingungen vergeben.NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) nennt unter anderem die „Beschaffung von Büromöbeln im Zusammenhang mit der Einstellung weiteren Personals“ als Auftrag, bei dem das erleichterte Vergaberecht zur Anwendung kam. Dabei seien „elektromotorisch höhenverstellbare Steh-/ Sitzarbeitsplatze“ beschafft worden. Jugendminister Joachim Stamp (FDP) führt unter anderem die Bestellung einer „elektronischen Schließanlage“ als Auftrag auf. Forschungsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen (parteilos) organisierte eine Arbeitnehmerüberlassung für die Zentralregistratur über den Corona-Erlass. Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) vergab einen Auftrag für das Coaching von Mitarbeitern.
Erleichterungen wurden mehrfach verlängert
Der Landesrechnungshof kritisiert, dass die Erleichterung bei Vergaberecht mehrfach verlängert wurden, obwohl die Phase, in der zum Beispiel kurzfristig Schutzausrüstung gegen die Ausbreitung der Pandemie beschafft werden musste, lange vorbei sei. „Einschränkungen des Vergaberechts sind kein Instrument der Wirtschaftsförderung. Vorschriften, die den Wettbewerb einschränken, sollten dementsprechend die Ausnahme sein und bleiben“, mahnt der LRH in seinem Sonderbericht.
Johannes Remmel, der früher Umweltminister von NRW war, stört die eingeschränkte Auskunftsbereitschaft der Landesregierung. „Die Antworten der Landesregierung auf unsere Kleinen Anfragen zu massiven Aufweichungen des Vergaberechts sind ein weiterer dreister und unverschämter Verstoß gegen die Informationsrechte der Abgeordneten und die Auskunftspflicht der Landesregierung“, so der Politiker aus dem Siegerland. Darüber hinaus sei der Vorgang „auch ein weiterer Affront“ gegenüber dem Landesrechnungshof, dessen Kritik „einfach abgetan“ werde.
Landesregierung weist Kritik zurück
NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) wies die Kritik zurück. Mit den Erlassen zum Vergaberechte habe NRW die Vorgaben des Bundeswirtschaftsministeriums vom 19. März 2020 und Leitlinien der EU zur Auftragsvergabe unter Corona-Bedingungen umgesetzt. Es sei geplant, die Auswirkungen der Erleichterung im Vergaberecht nach dem Ende der Pandemie zu untersuchen.