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Neuer KrankenhausplanNRW will mitten in der Pandemie kleinere Kliniken schließen

Lesezeit 3 Minuten
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Der neue NRW-Krankenhausplan bedroht kleinere Klinikstandorte.

Düsseldorf – In den Krankenhäusern von NRW werden derzeit rund 4800 Covid-Patienten behandelt. Nicht alle werden in den großen Klinken versorgt, viele Erkrankte sind in heimatnahen Krankenhäusern untergebracht. Viele kleinere Standorte bangen aber jetzt um ihrer Existenz. Der neue Krankenhausplan von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann sieht den Abbau von Doppelstrukturen vor. Jochen Brink, Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen, sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Die wohnortnahe Daseinsvorsorge darf nicht ohne Not aufs Spiel gesetzt werden.“ Am Donnerstag berät der Gesundheitsausschuss des Landtags über den Gesetzentwurf der Landesregierung.

Reservekapazitäten müssen erhalten bleiben

Brink warnt davor, Klinik-Standorten die Existenzgrundlage zu entziehen. „Durch die Corona-Pandemie ist es noch klarer geworden, dass Nordrhein-Westfalen heute mit seiner Krankenhausstruktur insgesamt gut aufgestellt ist. Das Zusammenspiel von kleinen, großen und spezialisierten Kliniken garantiert eine qualitativ hochwertige und zudem verlässliche Versorgung für die Bürgerinnen und Bürger – und das wohnortnah.“ Die Erfahrungen aus der zweiten Welle der Pandemie würden aufzeigen, das NRW „immer auch Reservekapazitäten für solche Krisen“ brauche.

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Die Krankenhausgesellschaft NRW verweist darauf, dass die Pläne der Landesregierung Umverteilungseffekte von großer Tragweite ausgelöst werden. „Denn wenn Leistungsbereiche und Leistungsgruppen neu zugeordnet werden, bedeutet das vor Ort möglicherweise, dass einzelne Abteilungen geschlossen werden müssen. Zudem müssen diese Behandlungskapazitäten in anderen Krankenhäusern zusätzlich aufgebaut werden. Beides führt zu beachtlichen Kosten, zumal es die Existenz einzelner Häuser gefährden kann“, so KGNW-Chef Brink.

Kliniken verlangen Bundeshilfen

Viele Krankenhäuser geraten zu Beginn des neuen Jahres durch die Folgen der Corona-Pandemie unter massiven finanziellen Druck. Die Zurückhaltung von Patienten, die angespannte Personalsituation und die Beschränkungen für die Nutzung von Mehrbettzimmern sorgen für hohe Einnahmeausfälle. Die Kliniken warten händeringend auf eine Liquiditätshilfe des Bundes. Es kann aber nicht sein, dass mitten in der Pandemie die Krankenhäuser als zentrales Element der Daseinsvorsorge in Existenznot geraten, während andere Wirtschaftszweige auf üppige Corona-Hilfen zählen können.“

Krankenhaus soll in 20 Minuten erreichbar sein

CDU und FDP betonen, dass die Pläne der Landeregierung nicht zu einem Qualitätsverlust führen sollen. „Die Anhörung des Ausschusses hat bestätigt, dass es sinnvoll wäre, Doppelstrukturen in Ballungszentren zu reduzieren, Kooperationen von Krankenhäusern zu fördern, komplexe Leistungen an dafür besonderes geeigneten Standorten zu konzentrieren, aber auch die Erreichbarkeit der Grundversorgung im ländlichen Raum zu sichern“, sagte Susanne Schneider, Gesundheitsexpertin der FDP, unserer Zeitung.

Laumann Corona

Karl-Josef Laumann  (CDU) lehnt die Pläne seinen Kabinettskollegen Joachim Stamp (FDP) ab.

Gesundheitsminister Laumann sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger", dass die Intensivbetten auch bei der neuen Planung breit über das Land verteilt würden: "Ziel ist es, dass 90 Prozent der Bürger in NRW innerhalb von 20 Minuten ein Krankenhaus erreichen können." Nicht jede Klinik müsse aber ein breites Spektrum von komplizierten Operationen anbieten. "Die bisherige Krankenhausplanung hat sich viel zu wenig an den tatsächlichen Bedarfen und der Behandlungsqualität orientiert. Eine der Folgen: In ländlichen Regionen haben wir es zum Teil mit einer Unterversorgung zu tun, in urbanen Gebieten zum Teil mit einer Überversorgung, die unnötig knappe finanzielle und personelle Ressourcen frisst", so Laumann.

Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung hatte ergeben, dass in der Modellregion Köln/Leverkusen künftig durch eine Neustrukturierung nur noch 14 statt aktuell 38 Kliniken benötigt werden könnten.

Auch die Grünen wollen eine Strukturreform

Auch die Grünen sind grundsätzlich für eine Strukturreform. Es sei der der richtige Schritt, die Fachzentren zu stärken und gleichzeitig eine Grundversorgung wohnortnah zu ermöglichen, sagte Gesundheitsexperte Mehrdad Mostofizadeh. Ein „Konservieren der bisherigen Strukturen wäre zwar bequem, aber grundfalsch und unseriös“.In NRW gibt es rund 400 Krankenhäuser.

Josef Neumann, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD, im Landtag, kritisiert, dass über die Zukunft der Einrichtungen „meist hinter verschlossenen Türen“ diskutiert würden. „Wir haben in den vergangenen zwölf Monaten gesehen, wie wichtig eine flächendeckende und nachhaltige Versorgung ist“, sagte Neumann. Krankenhäuser seien ein wichtiger Grundpfeiler der gesundheitlichen Daseinsvorsorge. „Deswegen lehnen wir die zunehmende Ökonomisierung der Krankenhäuser nach dem reinen Prinzip der Effizienzsteigerung ab“, erklärte der SPD-Politiker.