Im Rahmen der Räumung des Braunkohle-Dorfes registrierte die Polizei 594 Straftaten durch Aktivisten.
Ein Viertel der Straftaten aufgeklärtBilanz zu Großeinsatz: Polizei enttarnt „Mönch von Lützerath“
Knapp ein Jahr nach der Räumung von Lützerath hat die gleichnamige Ermittlungskommission der Polizei Aachen ihren Abschlussbericht vorgelegt. Die Bilanz: Von 594 Straftaten wurden bisher 156 aufgeklärt. Damit liegt die Aufklärungsquote bei 26 Prozent. Kai Jaeckel, Leiter des Staatsschutzes der Polizei Aachen, zeigt sich mit der Quote zufrieden. 90 Prozent der Personen, die Polizisten angriffen, seien vermummt gewesen. „Die Ermittlungsarbeit ist an dieser Stelle noch nicht beendet“, so Jaeckel. „Sie wird weitergehen.“
„Auch, wenn Lützerath schnell geräumt war, für die Polizei war danach nicht Schluss“, sagt Innenminister Herbert Reul. „Wir wissen sicher: Unter den Klimaschützern tummelten sich auch radikale Klima-Chaoten, die gewaltsames Protestieren und Auseinandersetzungen mit der Polizei dem friedlichen Demonstrieren vorgezogen haben.“ Mit „teils kleinteiliger Ermittlungsarbeit“ habe die Polizei nun Täter identifizieren können.
Identifiziert wurde auch ein Klimaaktivist, der als „Mönch von Lützerath“ bekannt geworden war. Fragwürdige Bekanntheit erlangte er, als ein Videoclip viral ging, der eine Gruppe Polizistinnen und Polizistinnen im Matsch zeigt und den „Mönch“, der offenbar mühelos über den Schlamm geht. Der Klimaaktivist hatte sich mit einer Mönchsrobe getarnt, was ihm den Namen einbrachte. Wie die Ermittlungen nun zeigten, handelt es sich um einen Franzosen, der auch bei Demonstrationen in Frankreich mit der Kutte auffiel. In dem Video ist zu sehen, wie er einen Polizisten in den Matsch stößt, in Frankreich wurde die Person nach Angaben des NRW-Innenministeriums bereits verurteilt.
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Reul: „Auch das wichtige Thema Klimaschutz legitimiert keine Straftaten."
Die Beamten der Ermittlungskommission „Lützerath“, die am 1. Februar 2023 ihre Arbeit aufnahm, werteten knapp 3,4 Terrabyte an Daten aus. Ziel sei neben der Aufklärung der Straftaten auch die Aufhellung der bundesweiten linksextremistischen Szene gewesen. „Straftaten und Angriffe auf Polizisten sind mit der Demonstrationsfreiheit nicht vereinbar“, so Reul. „Auch das wichtige Thema Klimaschutz legitimiert keine Straftaten. Und noch weniger hilft diese Form von Protest unserer demokratischen Gesellschaft.“
Nach der Räumung von Lützerath wurden auch 32 Strafverfahren gegen Polizeibeamte eingeleitet. 21 davon stellte die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach ein, neun Verfahren laufen noch. Gegen zwei Polizisten wurden Strafbefehle ausgesprochen. Die Zahl der Strafverfahren gegen Polizeibeamte zählt nicht in die 594 Strafanzeigen gegen Aktivisten hinein.
Zwei Personen wurden bereits bei Räumung des Hambacher Forstes straffällig
Die Räumung der Ortschaft Lützerath für den Braunkohleabbau begann am 11. Januar, die meisten Straftaten registrierte die Polizei drei Tage später – an dem Tag der Großdemonstration: Allein aus dieser Versammlung heraus entstanden 271 Strafanzeigen. An allen Tagen der Räumung waren „Beweissicherungseinheiten“ der Bereitschaftspolizei im Einsatz – Polizisten, deren Aufgabe es war, den gesamten Einsatz zu filmen.
Diese Videos und Bilder ließ die Polizei mithilfe einer Gesichtserkennungssoftware durchsuchen, wodurch „tatverdächtige Straftäterinnen und Straftäter“ identifiziert werden konnten, so das Innenministerium. „Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung in der Ermittlungskommission Hambach konnten die Ermittlerinnen und Ermittler dabei einzelne Tatverdächtige bereits zeitnah identifizieren.“ Gegen zwei Straftäter seien bereits nach der Räumung des Hambacher Forstes Strafverfahren gelaufen.
Polizei und Staatsanwaltschaft setzen auf Öffentlichkeitsfahndung
Insgesamt konnten die Polizei 467 Straftäter und Straftäterinnen identifizieren und 156 Straftaten aufklären, so das Innenministerium. Straftaten wie Landfriedensbruch gelten als eine Tat, die von mehreren Personen begangen wird – deshalb ist die Differenz zwischen der Zahl der Straftäter und der Straftaten so groß.
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach sind zwölf Öffentlichkeitsfahndungen umgesetzt worden. Zwei weitere Tatverdächtige seien darüber identifiziert worden, so das Innenministerium. „Weitere Öffentlichkeitsfahndungen werden folgen.“
Der Polizeieinsatz in Lützerath begann am 2. Januar mit den Vorbereitungsarbeiten und endete am 23. Januar. Die Räumung selbst dauerte rund vier Tage. Sie gilt als einer der größten Polizeieinsätze der Geschichte von Nordrhein-Westfalen. Zeitweise waren 3.700 Polizisten aus ganz Deutschland im Einsatz. (mit mab)