Die Brandstiftungen in Essen und Krefeld konnten nicht verhindert werden, obwohl die Polizei die Täter im Blick hatte. Minister Reul äußert sich.
Taten in Krefeld und EssenVerfehlt das NRW-Programm zur Verhinderung von Amoktaten sein Ziel?
NRW-Innenminister Herbert Reul hat eine Erfolgskontrolle für das Präventionsprogramm PeRiskoP angekündigt, bei dem die Polizei potenzielle Amoktäter in den Blick nehmen will. „Wir lassen eine Evaluierung von PeRiskoP durchführen, die Ergebnisse werden 2025 vorliegen“, sagte der CDU-Politiker dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Das Projekt war nach den Brandanschlägen von Krefeld und Essen in die Kritik geraten.
PeRiskoP ist die Abkürzung für Person mit Risikopotenzial. Der Iraner Hassan N., der vor drei Wochen ein Großkino in Krefeld anzünden wollte, war kurz vor der Tat in das Programm aufgenommen worden. Auch der Syrer, der im September in Essen zwei Wohnhäuser in Brand gesteckt hat, wurden von PeRiskoP betreut. Belegen die Taten, dass das Konzept gescheitert ist?
Reul erklärte, dass das Programm keine „Zauberwaffe“ sei. „PeRisKop kann nur ein Hilfsinstrument sein, um schwere Straftaten von psychisch auffälligen Personen zu verhindern“, sagte der NRW-Innenminister. „Es liegt in der Natur der Sache, dass es keine hundertprozentige Sicherheit geben kann. Wir haben gar keine rechtlichen Voraussetzungen, um Risikopersonen rund um die Uhr zu überwachen“, betonte Reul. Auch beim Personal könne „es eng“ werden. Anders als vielfach dargestellt, handele es sich nicht um eine „Festnahmeeinheit“.
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362 Menschen wurden ins Programm aufgenommen – Positives Fazit
Der Politiker aus Leichlingen zieht trotz der Effizienz-Defizite eine positive Bilanz zur Arbeit von PeRiskoP. „Seit 2022 wurden 362 Menschen in das Programm aufgenommen. In rund 90 Prozent der Fälle sind die Personen in der Folge nicht mehr polizeilich auffällig geworden“, sagte Reul. „Das zeigt, dass die Arbeit erfolgreich ist und aktiv zum Schutz der Bevölkerung beiträgt. Es ist absurd, das Programm zu diskreditieren, weil man davon Dinge erwartet, die es erklärtermaßen nicht leisten kann.“
PerRiskoP war vor zwei Jahren als Reaktion auf die Amokfahrten von Münster, Volkmarsen und Trier ans Netz gegangen. In gemeinsamen Fallkonferenzen versuchen Polizei, Schulen, Gesundheitsämter und psychiatrische Einrichtungen das Risikopotenzial von Verdächtigen einzuschätzen. Der Schutz der Patientendaten verhindert allerdings oft, dass die Ermittler wichtige Hinweise auf den aktuellen Gesundheitszustand erhalten, die für die Beurteilung des Risikopotenzials äußerst wichtig sein könnten. „Wir sind an die gesetzlichen Rahmenbedingungen gebunden“, sagte Reul. „Mich wundert, wenn ausgerechnet die FDP in der Debatte um die Wirksamkeit von PeRiskoP den Schutz von Gesundheitsdaten infrage stellt.“
Nach einer Testphase in Münster, Bielefeld und Kleve hatte das NRW-Innenministerium das Präventionsprogramm auf alle 47 Kreispolizeibehörden ausgerollt. Jede Behörde erhielt drei zusätzliche Stellen, im Landeskriminalamt wird das Projekt durch elf Mitarbeiter gesteuert. „Das Geld ist gut angelegt“, sagte Reul. „Hamburg und Hessen haben unser Konzept bereits aufgenommen, weil sie erkannt haben, dass das Gefährdungspotenzial durch psychisch Kranke ganz erheblich sein kann.“
Die Evaluierung werde nun durch die Zentralstelle Evaluation (ZEWA) beim LKA durchgeführt, Ergebnisse können daher laut Innenministerium nicht vorweggenommen werden. Klar sei aber, dass bei der Erfolgskontrolle auch die Stellenverteilung in den Blick genommen werden müsse. „Wir haben die Stellen jetzt gleichmäßig über das Land verteilt, aber der Problemdruck ist natürlich regional sehr unterschiedlich“, sagte Reul. Bei der Besetzung der Teams müssten möglichst psychologisch geschulte oder ausgebildete Mitarbeiter zum Einsatz kommen. „Der Umgang mit psychisch auffälligen Personen ist ja eigentlich keine originäre Polizeiaufgabe.“
In der kommenden Woche will Reul im Innenausschuss des Landtags über die Arbeit von PeRiskoP berichten. Der Attentäter von Krefeld war noch am Tag des Anschlags von den Mitarbeitern des Präventionsprogramms darüber informiert worden, dass man mit ihm reden wolle. Die Krefelder Polizei war nach einer ersten Fallbetrachtung zu dem Entschluss gekommen, Hassan N. auf die höchste Risikoebene 3 hochzustufen. In dem Kino, das N. anzünden wollte, befanden sich zum Tatzeitpunkt 100 Personen. Kurz bevor der Iraner das Foyer mit Benzin in Brand setzten konnte, war er von der Polizei niedergeschossen und so an der Tat gehindert worden. Die Beamten hatten sich am Cinemaxx aufgehalten.