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Streit um Bürgergeld im NRW-LandtagWarum stimmt die CDU ihren eigenen Plänen nicht zu?

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Setzt sich für eine Reform beim Bürgergeld ein: Karl-Josef Laumann (CDU), NRW-Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales.

Setzt sich für eine Reform beim Bürgergeld ein: Karl-Josef Laumann (CDU), NRW-Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales.

Müssen Bürgergeldempfänger künftig für kleines Geld gemeinnützige Arbeit verrichten? Die FDP fordert die schwarz-grüne Landesregierung auf, verbindliche Regeln aufzustellen.

Die Jobcenter in NRW sollen Bürgergeldempfängern, die keine Arbeit annehmen wollen, die Bezüge kürzen. Das fordern die Liberalen im Düsseldorfer Landtag in einem Antrag für die Plenarsitzung am Donnerstag. Die FDP setzt damit die CDU-Fraktion unter Druck – NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte sich bereits für ein solches Vorgehen ausgesprochen. „Die CDU muss jetzt Farbe bekennen“, sagte FDP-Fraktionschef Henning Höne dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Die Liberalen kritisieren, dass die Jobcenter bislang zu wenig von der Möglichkeit Gebrauch machten, den sogenannten „Totalverweigerern“ die Bezüge zu kürzen. Arbeitsfähigen Leistungsempfängern müssten innerhalb der ersten Monate des Bezugs verpflichtend konkrete Arbeitsangebote unterbreitet werden, fordert Höne. Sollte eine direkte Vermittlung in den regulären Arbeitsmarkt nicht möglich sein, müssten die Jobcenter „gemeinwohlorientierte Arbeitsgelegenheiten“ anbieten: „Niemandem ist geholfen, wenn wir Menschen in Perspektivlosigkeit belassen – wir brauchen verpflichtende und umsetzbare Arbeitsangebote, die von den Jobcentern konsequent umgesetzt werden“, so der Fraktionsvorsitzende.

FDP-Fraktionschef Henning Höne spricht bei einer Aktuellen Stunde im Landtag von Nordrhein-Westfalen.

FDP-Fraktionschef Henning Höne sagt: „Niemandem ist geholfen, wenn wir Menschen in Perspektivlosigkeit belassen – wir brauchen verpflichtende und umsetzbare Arbeitsangebote, die von den Jobcentern konsequent umgesetzt werden.“

In den vergangenen Wochen waren mögliche Bürgergeldkürzungen zu einem wichtigen Thema im Bundestagswahlkampf geworden. „Wer keinerlei Mitwirkung zeigt und alle Integrationsmaßnahmen ablehnt, soll im Extremfall mit einem vollständigen Leistungsentzug rechnen müssen“, erklärte Höne. CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hatte sich bereits ähnlich geäußert.

Stadt Essen als Vorbild

Die FDP-Landtagsfraktion verlangt nun von der schwarz-grünen Landesregierung verbindliche Vorgaben zur Einrichtung gemeinwohlorientierter Arbeitsprojekte zu schaffen. Städte wie das CDU-geführte Essen, die diese solche Maßnahmen bereits umsetzten, hätten Vorbildcharakter, hieß es.

In Deutschland gibt es rund 5,5 Millionen Bürgergeld-Bezieher, rund vier Millionen sollen grundsätzlich erwerbsfähig sein. Der Bund gibt in diesem Jahr 45 Milliarden Euro für das Bürgergeld aus. Es sei „unerlässlich“, den Fokus mehr auf Eigenverantwortung und Arbeitsintegration zu legen, so Höne: „Nur so können wir den Sozialstaat stärken und die öffentlichen Haushalte langfristig entlasten.“

Bürgergeldempfänger, die gemeinnützige Arbeit verrichten, erhalten in der Regel einen Betrag von 80 Cent bis 1,50 Euro. Die Stadt Kerpen stellt derzeit unter Beweis, wie Gemeinwohlarbeit kurzfristig auf die Beine gestellt werden kann. Dort bekommen Asylbewerber die Möglichkeit, bis zu 20 Stunden in der Woche zu arbeiten. Der Stundenlohn dort beträgt 80 Cent.

Die CDU will dem Antrag der FDP trotz aller inhaltlichen Übereinstimmungen nicht zustimmen. Marco Schmitz, Sprecher für Arbeit, Soziales und Gesundheit der CDU-Fraktion, sagte unserer Zeitung, die FDP habe das Bürgergeld im Bund selbst mitgetragen und versuche „nun auf Landesebene zu reparieren, was sie in der Ampelregierung“ versäumt habe.

Grüne wollen auf ersten Arbeitsmarkt setzen

Diese „verspäteten Ansätze“ seien allerdings „weder glaubwürdig noch zielführend“ und reine „Symbolpolitik“, sagte Schmitz. Nach der Bundestagswahl werde die CDU auf Bundesebene die notwendigen Gesetze für eine zukunftsweisende Agenda 2030 umsetzen, so der Sozialexperte. „Wer arbeiten kann, muss auch arbeiten“, erklärte Schmitz.

Auch die Grünen wollen dem Antrag nicht zustimmen. Gemeinwohlarbeit zu organisieren sei mit einem hohen personellen und finanziellen Aufwand verbunden. „Deswegen setzen wir auf eine Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt“, sagte Jule Wenzel, Sprecherin für Sozialpolitik der Grünen Landtagsfraktion. Damit werde man auch dem eklatanten Fachkräftemangel gerecht.