Düsseldorf – Die Ministerinnen der Grünen im NRW-Kabinett, Mona Neubaur und Josefine Paul, wollen ihre Landtagmandate nicht zurückgeben. Das bestätigte die neue Spitze der Grünen-Landtagsfraktion am Montag vor Journalisten in Düsseldorf.
Mit dem Schritt wollten sich die beiden für den Fall einer vorzeitigen Beendigung der schwarz-grünen Regierungskoalition absichern, hieß es. „Wir können nicht fünf Jahre in die Zukunft gucken. Es kann Rahmenbedingungen geben, die wir nicht beeinflussen können“, sagte die neue Co-Vorsitzende Wibke Brems.
Bislang hatten Grüne-Minister in NRW errungene Landtagsmandate nach der Regierungsbildung stets an die Partei zurückgegeben, um Nachrückern den Weg ins Parlament zu ermöglichen. Lediglich in der Zeit der Minderheitsregierung von 2010 bis 2012 war dies anders, weil die drei Regierungsmitglieder der Grünen bei einem Scheitern der Koalition mit der SPD weiterhin abgesichert sein wollten. Dass Schwarz-Grün scheitern werde, betrachte man zwar „rein theoretische“, hieß es. „Die Reduzierung der Abhängigkeit von der jetzigen Situation“ sei aber „ein wichtiger Punkt“, so Brems.
Verwunderung in CDU-Kreisen
Über die Entscheidung, dass Neubaur und Paul ihre Mandate behalten würden, habe man bereits vor einigen Wochen gesprochen, sagte Brems. Wirtschafts- und Energieministerin Neubaur war bei der Landtagwahl im Mai erstmals in den Landtag eingezogen, Jugendministerin Paul gehört dem Parlament seit 2010 an. In CDU-Kreisen löste die Erklärung der Grünen Verwunderung aus. Mit den instabilen Verhältnissen der Minderheitsregierung sei die derzeitige Situation keineswegs zu vergleichen, wurde kommentiert. Präventiv-Maßnahmen für ein Scheitern der Koalition seien „nicht gerade vertrauensbildend“.
Bislang hatte es in der schwarz-grünen Koalition nach außen nicht hörbar geknirscht. Für Streit könnte jedoch eine mögliche Räumung des Dorfes Lützerath im Rheinischen Braunkohlerevier Sorgen. Die Erwartung an RWE sei, dass vor der Rodungssaison im Oktober in dieser Zeit „keine Fakten geschaffen“ werden. „Das, was wir den in den letzten Jahren immer wieder beobachtet haben, darf so nicht wieder passieren“, sagte Brems.
Erste kritische Töne gegen Reul
Bei der Bewertung des tödlichen Polizeieinsatzes in Dortmund hielten sich die Grünen bislang mit Vorwürfen gegen NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) zurück. Am Montag wurde der Ton erstmals kritischer: „Die Reaktionen auf den Einsatz zeigen, dass es einen Vertrauensverlust in die Polizei gibt, den wir sehr ernst nehmen müssen“, sagte die Co-Vorsitzende Verena Schäffer. Menschen mit dunkler Hautfarbe fühlten sich oft von der Polizei diskriminiert, wenn sie zum Beispiel häufiger kontrolliert würden. Es sei gut, dass die Grünen in der Innenpolitik jetzt als Regierungspartei mitreden könnten.
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Bei der Aufklärung der tödlichen Schüsse auf einen 16-Järhigen Asylbewerber habe sie aber volles Vertrauen in die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, sagte Schäffer. Diese müssten auch klären, warum die Bodycams der Beamten nicht eingeschaltet waren. Im Koalitionsvertrag sei außerdem verabredet worden, die Stelle einer unabhängigen Polizeibeauftragten beim Landtag einzurichten - als Ansprechpartner für Bürger und Beamte.
Auch Ampel-Koalition verfügt in NRW über eine Mehrheit
Bei den Wahlen zum Fraktionsvorsitz hatte sich Brems nur knapp gegen ihren Mitbewerber Norwich Rüße durchgesetzt. Aus Fraktionskreisen hieße es, wenn Neubaur und Paul ihre Mandate zurückgegeben hätten, wäre Rüße zum Vorsitzenden gewählt worden. Die Energieexpertin Brems ist eine Vertraute von Neubaur. Der Landwirt aus dem Münsterland gilt hingegen als kritischer Kopf. Er hatte die Koalitionsvereinbarung mit der CDU offen kritisiert und angeprangert, der Verzicht auf das Landwirtschaftsressort und die Zusammenlegung des Verkehrs mit dem Umweltbereich sei ein schwerer politischer Fehler gewesen.
Rüße wurde schließlich zum Vize-Fraktionschef gewählt. Rechnerisch verfügt auch eine Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP im Landtag über eine Regierungsmehrheit.