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Oh du Nervige...Wie man sich die Adventszeit mit Kindern vorstellt – und wie's wirklich ist

Lesezeit 4 Minuten
Ein kleines Mädchen wirft beim Backen Mehl in die Luft.

Viel spannender als Plätzchen ordentlich ausstechen: Mehl in der Küche verteilen.

Plätzchen backen, Rodelausflug, Nikolaus-Besuch: Vieles, was Eltern im Advent planen, ist besinnlich und gemütlich. Zumindest in der Theorie.

Im Internet gibt es eine beliebte Kategorie, sie heißt „Instagram vs. Reality“. Darin geht es um den Unterschied zwischen dem, was wir online auf gestellten Fotos sehen. Und wie es wirklich ist. Eine Personengruppe kennt diese Kluft zwischen Vorstellung und Realität besser als viele andere: Eltern, die etwas ganz besonders Schönes mit ihren Kleinkindern unternehmen wollen. Und zu keiner Zeit im Jahr ist diese Kluft so groß wie zur Vorweihnachtszeit.

Alexandra Eul

Alexandra Eul

Redakteurin im Ressort Magazin, Ratgeber und Freizeit. Im Rahmen des Arthur F. Burns Fellowship hat sie 2017 aus Kanada berichtet. Als eine der Medienbotschafter Indien-Deutschland der Robert Bosch St...

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Das dachte ich neulich erst, als ich zusammen mit einer befreundeten Mutter und unseren Kindern etwas ganz besonders Schönes machen wollte: einen Weihnachtsmarktbesuch am Eigelstein, zum Nikolaus-Tag. Der Weihnachtmann war angekündigt. Nun mag es an der verklärten Sicht auf die eigene Kindheit liegen, dass Erwachsene es für eine rührende Idee halten, kleine Kinder zu einem wildfremden Mann mit weißem Plastikbart und quietschrotem Mantel zu schicken.

Schon nach zehn Minuten Weihnachtsmarkt wollte die Zweijährige nach Hause

Die zweijährige Tochter meiner Freundin jedenfalls fand das wenig ergreifend. Sobald wir uns dem Weihnachtmann auch nur näherten, brach sie in zorniges Gebrüll aus. Mein Dreijähriger hatte derweil schon einen überdimensionierten Schoko-Weihnachtsmann abgestaubt und ihn von seiner Aluverpackung befreit – bereit, das Ungetüm ganz zu verspeisen.

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Undenkbar, dem Kleinen wenigstens einen Teil der Schokolade unwidersprochen abzunehmen, er hatte sie schließlich vom Nikolaus persönlich geschenkt bekommen. Danach noch eine Runde Nahkampf um die beliebtesten Plätze auf dem Kinderkarussell – und dann schnell weg hier. Das hatte die kleine Tochter meiner Freundin schon nach zehn Minuten auf dem Weihnachtsmarkt vorgeschlagen: „Mama! Nach Hause gehen!“

Eine Kollegin erinnert sich in diesem Zusammenhang an einen anderen Anlass, der Elternherzen höherschlagen lässt, zumindest theoretisch. Sankt Martin – Bote für die nahende Adventszeit. Die Vorstellung: Niedliche Kinder ziehen mit leuchtenden Augen und leuchtenden Laternen singend durch die Straßen. In der Realität schüttet es in Köln im Herbst regelmäßig wie aus Eimern, weswegen Martins-Züge immer wieder ausfallen. Oder die Kinder müssen ihre mühevoll gebastelten Laternen in durchsichtige Mülltüten verpacken, damit sich das Pappmaché nicht auflöst. Ich geh’ mit meiner leuchtenden Plastiktüte, Rabimmel, rabammel, rabumm.

Zumindest, wenn der Leuchtstab nicht schon den Geist aufgegeben hat. Diesen in der Regel mit vielen Tränen bedachten Kardinalfehler machen Eltern nur beim ersten Martinszug: keinen Reservestab dabeihaben.

„Überall Teig an den Wänden, Baby schreit ununterbrochen, Kekse verbrennen im Backofen“

Aber was solls, wenn es draußen richtig usselig ist, können wir doch zusammen mit den Kleinen Plätzchen backen! Rolf Zuckowskis Weihnachtsbäckerei auf die Lautsprecherbox und her mit den Zutaten. Leider dauert es ein Weilchen, bis so ein Plätzchenteig fertig wird, im Kühlschrank geruht hat und dann auch noch ausgerollt ist – sodass kleinere Kinder sich beim Backen schon nach kürzester Zeit langweilen. Umso interessanter ist es hingegen, die kleinen Händchen in dieses weiße Puder, das Mehl, zu versenken und anschließend große Mengen davon in der Küche zu verteilen. Eine Bekannte fasste es folgendermaßen zusammen: „Überall Teig an den Wänden, Baby schreit ununterbrochen, Kekse verbrennen im Backofen.“

Dann doch lieber einen entspannten Wochenendausflug in den Schnee, zum Rodeln. Nun ist Schnee in und um Köln so selten, dass viele andere Eltern vermutlich die gleiche Idee haben werden. Statt im Schnee steht man mit den Kindern im Stau Richtung Winterberg. Oder auf einem überfüllten stadtnahen Rodelhang, der schon so stark befahren ist, dass die braunen Wiesenreste durchschimmern. Aber das ist alles gar nicht das Problem, berichtet eine weitere Mutter. Vielmehr besteht die Herausforderung eines solchen Tages darin, das kleine Kind und den großen Schlitten bis zur Erschöpfung den Berg hinaufzuschleppen. In rutschigen Sneakern, denn die trägt man während des ansonsten ja eher milden Kölner Winters ganzjährig. Und so beißen Mütter und Väter die Zähne zusammen. Auch während der darauffolgenden Tage im Homeoffice. Denn nach stundenlangem Rodeln im Schnee hustet das Kind so schlimm, dass es nicht in die Kita gehen kann.

Auch Eltern ist geholfen, wenn sie einfach mal den Druck herausnehmen

Soll man mit Kindern in der Vorweihnachtszeit also nur zu Hause hocken? Natürlich nicht. Aber auch Eltern ist geholfen, wenn sie einfach mal den Druck herausnehmen, einen ganz besonderen Tag nach dem nächsten zu organisieren. Und Kleinkinder deswegen an Orte zerren, die eigentlich gar nicht für sie geeignet sind. Die heillos überfüllten Weihnachtsmärkte in der Innenstadt zählen dazu.

Unser Nachmittag nach dem Weihnachtsmarkt ging übrigens so aus: Wir sind nach Hause gegangen und die Kinder haben mit Autos gespielt. Seitdem fragt mein Sohn mich jeden Tag, wann wir endlich mal wieder zu der befreundeten Mutter mit ihrer Tochter hinfahren. Nach dem Weihnachtsmann auf dem Weihnachtsmarkt hingegen hat er sich kein einziges Mal erkundigt.