Kölner Influencerin Mirella PrecekNicht von dieser analogen Welt
- Influencer wie die Kölnerin Mirella Precek haben riesige Fangemeinden im Internet – längst sind sie auch die Lieblinge der Werbeindustrie.
- Wie die Meinungsmacher im Internet ihre eigene Welt ausbreiten – und damit eine ganze Generation beeinflussen.
Kein Vibrieren, kein Bingbingbing, keine bunten Logos. Mirellas Handy-display leuchtet nicht. Gut möglich, dass gerade, in dieser Minute, Dutzende, wenn nicht Hunderte Benachrichtigungen eingehen. Dass ihr Fans schreiben, wie gern sie sie haben oder dass sie stolz auf sie sind. Oder dass sie es nicht mehr sind, weil sie ach so lange schon nichts Originelles mehr gemacht hätte. Was Fans eben so schreiben, wenn ihr Idol sie einmal mehr für einen kurzen Augenblick in seine Welt schauen lässt. Mirella hat gerade ein Bild auf der Fotoplattform Instagram gepostet. Es zeigt sie beim Puzzeln, einen Arm auf dem Tisch, der andere hinter ihrem Kopf, der schwarze Kapuzenpullover wird dadurch leicht hochgezogen, ein kleiner Streifen Haut freigegeben. Mirella schaut ausdruckslos in die Kamera. Laszive Modelpose. Wer ihr Profil kennt, weiß, dass sie das eher ironisch als ernst meint. Dass sie sich damit auch ein bisschen lustig macht, über die Mädchen und Frauen, die sich allein durch solche Bilder eine große Internet-Karriere erhoffen.
Über das Bild hat sie geschrieben: „Arbeite immer noch an einem 1000 Teile Puzzle, das gefühlt NUR LILA TEILE HAT. Fun. Und ihr so?“ Rhetorische Frage, klar. Über 25 000 Nutzer werden auf das Herz-Logo für „Gefällt mir“ klicken, 220 sogar einen Kommentar schreiben. Zu viel, um auf alles einzugehen. Also bleibt der Bildschirm schwarz und das Smartphone still auf dem Tisch.
Mirella wird später darauf schauen und versuchen, so viel wie möglich zu beantworten. Jetzt schaut sie aber erstmal auf die beidseitig bedruckte Menü-Karte des Cafés auf der Zülpicher Straße, dreht sie vor und wieder zurück, hat gute Laune und überlegt, welches Stück Kuchen sie gleich noch mit nach Hause nehmen soll. „Der mit den Himbeeren sieht gut aus“, sagt sie, streicht sich den roten Pony aus dem Gesicht, zeigt auf die Glasvitrine. „Vielleicht nehme ich auch zwei.“ Erstmal Apfelschorle. Die Bedienung bringt ein Glas, lächelt nett, dreht dann wieder um. Sie weiß nicht, wer Mirella ist. Überhaupt niemand hier, an den anderen Tischen, weit weg von Kommentarspalten und Play-Buttons, so scheint es, weiß, wer Mirella ist.
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Dabei ist Mirella ein Star. Nur eben nicht in dieser analogen Welt.
Mirella Precek (25), Internetname „Mirellativegal“, ist keine Schauspielerin, keine Sängerin, keine Sportlerin und auch zum perfekten Promi-Dinner würde sie wohl nicht eingeladen. Weil sie kein Promi im klassischen Sinne ist. Mirella ist Youtuberin. Sie macht Videos im Internet (hier geht es zu ihrem Kanal). Und das sehr erfolgreich.
Gut eine halbe Million Fans hat sie auf der Plattform, dazu 271 000 Abonnenten auf Instagram. Eine Berühmtheit, sozialen Medien entwachsen, eine Digital-Ikone, zumindest im deutschsprachigen Raum. Es gibt einige, vornehmlich junge, Menschen, die hierzulande diesen Status erreicht haben. Weil andere Nutzer sie mit ihren Likes, Clicks und Views dorthin gebracht haben. Ihr Profil wuchs und wuchs. Irgendwann nannte man sie: Influencer. Und plötzlich waren sie auch die große Hoffnung der Unternehmen.
Influencer. Ein Wort, das wie so viele im Internetzeitalter aus dem Englischen kommt und so jung ist, dass es noch nicht ganz in seine Definition gewachsen ist. Geht man allein von der Übersetzung aus, dann heißt Influencer also „Beeinflusser“. Beeinflusst werden die Fans, die Follower heißen. Eine Studie der Universität Leipzig umreißt den Begriff so: „Unabhängige Dritte, die durch ihre Inhalte eine soziale Beziehung zu einer relevanten Anzahl von Followern aufgebaut haben.“ Was dabei die Inhalte sind, ist eigentlich egal, so lange sie gut ankommen. Der viel wichtigere Begriff in dieser Definition: soziale Beziehung.
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Influencer nämlich sind nicht die weit entfernten Stars, die sehr sehr schön (manchmal schon, aber nicht immer) oder besonders talentiert (kann sein, muss aber auch nicht) sind. Influencer sind, noch so ein englisches Wort, „community born“ – aus der Gemeinschaft geboren, von ihr nach oben gehoben worden. Einer von Millionen, der es geschafft hat. Jeder Fan hat seinen Teil zur Bekanntheit des Idols beigetragen. Und jeder darf denken: Das könnte ich sein.
Bei Mirella ging das so: Sie machte ihr Abitur in ihrer Heimatstadt Nürnberg, vor sechs Jahren war das. Sie fing an zu studieren, Wirtschaftswissenschaften, und lud ihr erstes Video bei Youtube hoch. Weil sie selbst immer schon viele Videos auf der Plattform schaute. Und dachte: Das könnte ich sein. Ihr Traum: Irgendwann einmal Moderatorin werden.
22. April 2013. „GET READY WITH ME – Casual Outfit & Make up“ steht da, 6:33 Minuten ist der Clip lang. Darin sieht man Mirella, 19 Jahre alt, noch ein bisschen schüchtern, wie sie sich zu Funk-Pop-Musik schminkt. Sprechen tut sie dabei nicht.
„Das war eine riesige Überwindung“, sagt sie heute. Und: „Ich habe davor schon einmal ein Video gemacht, das ich aber nie hochgeladen habe.“ Erste positive Reaktionen. Die Angst geht weg. Mehr Videos. Weiter, immer weiter. Die Anfangsmonate verstreichen. Mirella wird professioneller. Und sie merkt, dass man als Frau nicht zwangsläufig über Lifestyle und Beauty reden muss, verändert ihre Themen, macht Sketche, parodiert Musikvideos, redet viel über Feminismus. Ihre Zuschauerschaft wächst. 75 Prozent davon weiblich, der größte Teil zwischen 18 und 30 Jahren, sagen die Statistiken. Da ist sie, die eigene Nische. Läuft auf einmal, irgendwie, auch wenn sie damit noch nichts verdient.
Erste Höhenflüge: „Ich dachte mir dann schon manchmal: Wenn das Kreative so gut klappt, mache ich dann noch das Studium, in dem ich eher weniger leidenschaftlich drin stecke, noch zu Ende?“– Macht sie. Bachelor, Gap-Year, die Welt bereisen, Umzug nach Köln. „Weil hier Szene-Hotspot und Events sind und auch viele meiner Freunde.“ Dann Vollzeit Youtube. Beim Finanzamt heißt das „Web-Videoproduzent“. Mirellas Lebensweg, das wird schnell klar, wenn sie so erzählt, ist eigentlich der einer ganz normalen Mittzwanzigerin. Die irgendwann einmal ein Video ins Internet stellte, weil sie, wie so viele, eine kleine Berühmtheit werden wollte. Viele scheitern dabei. Mirella nicht. Woran das liegt, kann sie gar nicht so genau sagen. Kann jeder Influencer sein? „Zumindest muss man Leute unterhalten können“, sagt Mirella. „Was Youtube und Instagram ausmacht, ist doch, dass echte Leute ihr echtes Leben teilen.“ 75 Prozent ihrer Wachzeit verbringt sie im Internet, schätzt Mirella.
Im November kommt ihr Buch raus. Thema: Benehmen im Internet
Influencer sein, das heißt auch, durch die eigenen Beiträge Einfluss auf die Werte und Einstellungen der Fans zu nehmen. Klingt irgendwie fies und manipulativ, ist es aber gar nicht zwingend. Mirella spricht in ihren Videos über Alltagsfragen, die großen und die kleinen. Sie ist Problem-Coach. Sie übt Gesellschaftskritik. Manchmal ist sie aber auch nur ein bisschen Clown. Zweimal in der Woche lädt sie ein Video hoch. Dazu der Account auf Instagram, einer auf dem Foto-Messenger Snapchat und dem Kurznachrichtendienst Twitter. Im November kommt ihr Buch raus. Thema: Benehmen im Internet. Wer kennt sich damit besser aus als sie? Für die Follower ist sie ja überall, wo man sie sehen kann. „Manche schreiben mir, dass sie sich extra Zeit nehmen, wenn ich ein neues Video online stelle. Sich dann etwas zu essen machen. Wie bei einem Fernsehabend. Das finde ich süß“, sagt sie.
Influencer sein, das heißt aber auch, so viel Einfluss auf seine Follower zu haben, dass man ihnen etwas verkaufen kann. In den vergangenen zwei Jahren haben diese Menschen auch die Werbetreibenden als Fans gewonnen – und gleichzeitig die Konventionen der Branche maßgeblich verändert. Unternehmen haben eigene Abteilungen aufgemacht, die Menschen suchen, die im Internet viele Fans haben. Leute wie Mirella, um ihnen Geld zu bieten, damit sie ihre Produkte vermarkten. Alte Taktik, klar, auch Kate Moss hat in den 90er Jahren schon Werbung für Calvin Klein gemacht. Die große Veränderung zeigt sich an einem Beispiel.
Vor 20 Jahren hat eine Modemarke vielleicht mit Kate Moss einen Deal gemacht, damit das Model außer auf Plakaten ihr Kleid auch auf einem Roten Teppich trägt. Ziemlich sicher war es, dass Moss dabei auch gefilmt wurde und dass die Bilder später im Fernsehen landeten. Das sahen viele. Und ein kleiner Teil von ihnen war so sehr Moss-Fan oder einfach reich genug, dass sich dieses Kleid in den nächsten Wochen ein bisschen besser verkaufte. Den meisten Zuschauern war aber war das Kleid egal. Der Streuverlust war enorm.
Mirella braucht den Umweg übers Fernsehen und Plakatwände nicht mehr. Trägt sie ein Marken-Shirt, kann sie die Bilder selbst produzieren, verbreiten, mit wenigen Klicks über ihre eigenen Accounts. An Hunderttausende. Es gibt Kollegen von Mirella, die sogar weit mehr erreichen: die bekanntesten deutschen Influencerinnen Bianca Claßen, bekannt als „BibisBeautyPalace“, und Pamela Reif haben Millionen digitale Fans. Sie sollen damit bis zu 110 000 Euro monatlich verdienen. Mirella sagt nichts zu ihren Gagen, viel sei Verhandlungssache, aber 1500 Euro für ein Bild, wie Modebloggerin Lisa Banholzer mal im Interview mit der „Zeit“ angab, das seien keine unrealistischen Zahlen. Für ein Video gebe es tendenziell ein bisschen mehr.
Unternehmen bezahlen solche Summen, weil sie aus den Statistiken vorab wissen, wer genau die Fans der Influencer sind. Alter, Geschlecht, Vorlieben, Hobbys: Noch nie war passgenaue Werbung so einfach. Die geht direkt auf den Bildschirm einer Zielgruppe, die für klassische Medien nahezu verloren ist. Die Generation zwischen 14 und 29 Jahren, die laut einer Studie von ARD und ZDF viereinhalb Stunden pro Tag im Internet verbringt. Dadurch ist ein riesiges Geschäft um die Werbung auf Social-Media-Accounts entstanden. Laut einer Prognose des Marktforschungsinstituts Goldmedia zur Marktgröße für Influencer-Werbung wird allein in Deutschland das Marktvolumen bis 2020 auf über 800 Millionen Euro anwachsen. Das ist, anteilig an den 26 Milliarden Euro, die laut dem Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft 2017 in Werbung investiert wurden, verschwindend gering. Aber doch viel, wenn man bedenkt, dass Influencer-Werbung de facto erst seit drei Jahren existiert.
Oguz Yilmaz war einer der ersten Influencer Deutschlands. Yilmaz (27) war Mitglied von Y-Titty, einem Comedy-Trio. Bis zu ihrer Auflösung im Juni 2014 besaßen Yilmaz und seine Kollegen mit knapp drei Millionen Fans den meistabonnierten Youtube-Kanal Deutschlands. Sie drehten eigene Serien, Parodien, nahmen am Ende sogar ein Album auf. 2014 bekamen sie den Musikpreis Echo, Kategorie „Bestes Video National“. Und sie kooperierten mit den Riesen der freien Marktwirtschaft, bevor Fachleute sich Gedanken dazu machen konnten, wie Werbung durch Internet-Stars rechtlich einzuschränken ist. Coca-Cola, McDonald’s und O2 waren Partner von Y-Titty.
Yilmaz trägt Hornbrille und Designer-Pulli, als er an einem kühlen Sommertag um eine Ecke in Köln-Ehrenfeld geschlendert kommt, das Handy in der rechten Hand. Eine Stunde habe er Zeit, dann müsse er zurück in die Agentur. „Whylder“ heißt die. Seit Yilmaz aus dem aktiven Geschäft ausgestiegen ist, macht er Influencer-Marketing. Er bringt die Stars der Online-Welt mit Firmen zusammen oder andersherum, überlegt sich längere Kampagnen, managt sogar ein paar Influencer. Mirella zum Beispiel.
Yilmaz ist Influencer für Influencer geworden. Er weiß, wie die Dinge funktionieren. Und er weiß auch, um die Gefahren. „In meinem Kopf ist jeder Account ein Wasserglas. Mit jeder Werbeanzeige kommt ein Tropfen dazu. Und irgendwann ist das Glas voll“, sagt er. Und, was dann? „Der Sellout. Dann hat der Influencer seine Glaubwürdigkeit ertränkt.“ Glaubwürdigkeit ist die Hauptwährung der Influencer. Nur, wer wirklich authentisch vermitteln kann, dass er ein Produkt gut findet, wird es auch seinen Followern verkaufen können. Marketing-Kalkül. Weil der Markt allerdings so rasant gewachsen ist, dass Kooperationen zwischen Influencern und Unternehmen keine Ausnahme, sondern die Regel geworden sind, glauben einige schon an die erste Branchenkrise.
Laut einer Umfrage der Werbeagentur „Wavemaker“ sehen 57 Prozent der Befragten in Influencern in erster Linie: Menschen, „die mittels sozialer Medien Geld verdienen“. 61 Prozent empfinden sie als „unglaubwürdig“. Der Bundesverband Digitale Wirtschaft liefert andere Zahlen: 29 Prozent der Online-User gaben an, sie hielten Produktinfos von Influencern gar für besonders glaubwürdig. Nur Kundenbewertungen auf Portalen und Empfehlungen von Freunden und Bekannten liegen im Ranking vor ihnen. Influencer – auch für die Marktforschung ein neues Phänomen.
Deswegen ist Yilmaz auch unterwegs, um Aufklärung zu betreiben. Ein Entwicklungshelfer für Teile der Offline-Welt. Yilmaz sagt, man könne auf jeden Fall sehen, dass einige Influencer ihre Glaubwürdigkeit verloren haben, auch weil die Nutzer kritischer geworden seien – und plumpe Produktplatzierungen als solche erkennen. „Influencer-Marketing ist aber mehr als das“, sagt Yilmaz, „Gut gemachte Werbung ist ehrlich und glaubhaft. Ganz viele Influencer sagen: »Bedingung ist für mich, dass ich frei sein kann, in dem, was ich sage…«“ Ist die beste Werbung die, die man nicht als solche erkennt? „Jein, wir machen keine Schleichwerbung. Das ist illegal.“
Yilmaz und seine Geschäftspartner wählen ihre Kunden aus. Immer gelte die moralische Maxime: Wir machen nur für Produkte Werbung, die wir auch selbst kaufen würden. Dann fällt ein wichtiges Wort: Verantwortung. Die empfinde er im Übermaß. Mirella auch, sagt sie. Ihre Fans seien zwar durchschnittlich schon älter und deswegen nicht mehr so naiv. Trotzdem selektiere sie Angebote sehr stark, weil sie keinen Ramsch bewerben wolle. Gerade läuft auf ihren Kanälen eine Kooperation mit einer großen Supermarktkette. „95 Prozent der Anfragen an mich lehne ich ab“, sagt Mirella. „Es gibt zu viele, die das nicht tun. Aber die werden nicht lange bestehen“, sagt Yilmaz.
Szene ist im Umbruch
Glaubt man Nadja Enke, dann ist die Influencer-Szene im Umbruch. „Die Anfangsphase des Influencer-Marketings ist vorbei, nach der Entstehung und Spezialisierung von Agenturen, sortiert sich der Markt nun neu, damit die Geschäftsmodelle für alle Akteure rentabel bleiben“, sagt sie. Nadja Enke ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Juniorprofessur für Online-Kommunikation an der Universität Leipzig. Zusammen mit ihrem Kollegen Nils S. Borchers hat sie im Juni die Studie „Management strategischer Influencer-Kommunikation“ veröffentlicht. Zwanzig Organisationen wurden zu ihrer Zusammenarbeit mit Influencern befragt, darunter mittelständische Unternehmen, NGOs, DAX-Konzerne, Behörden und Agenturen.
„Influencer-Werbung ist so reizvoll, weil diese Menschen in einer Kampagne Protagonist, Content-Creator, Multiplikator, Moderator und Berater in einem sein können“, sagt Enke. „Und dabei wirken sie oft auch noch wie eine vom Unternehmen und Produkt unabhängig Instanz.“ Influencer, das ist besonders, können Werbegesicht und Produzent gleichzeitig sein. Das gab es vorher nicht.
„Für Unternehmen besteht jedoch das Problem der Wirkungsmessung“, sagt Enke. Ihnen fehlen die Messinstrumente, um den Ertrag einer Kampagne nachzuweisen. Oft greifen sie bei Image-Werbung auf die Kennzahlen aus den sozialen Medien zurück: Likes, Kommentare, Reaktionen. Für den tatsächlichen Erfolg nicht sehr aussagekräftig. „Marktumfragen gibt es kaum“, sagt Enke.
Die Zeit des Ausprobierens scheint ohnehin vorbei. Vor ein paar Monaten ging eine Reihe von Abmahnungen an bekannte Blogger und Influencer auf Instagram. Der Vorwurf: Sie hätten Werbung nicht gekennzeichnet, unlauterer Wettbewerb. Und: Versteuern die ihre Produkte überhaupt? Viele Influencer bekommen Sachgeschenke. Der Deal: Behalte die teuren Schuhe, aber mache einen Post mit ihnen. Das interessiert nicht nur die Follower, sondern auch das Finanzamt und Abmahnvereine. Die Landesmedienanstalten raten Mit der Kennzeichnung „Werbung“ oder „Anzeige“ sei man auf der sicheren Seite.
Als Folge davon fingen viele an, jeden Post als Werbung zu kennzeichnen. Yilmaz befürchtet hinter den Abmahnungen auch Lobbyarbeit von Werbetreibenden, deren Geschäft die Influencer schädigen. „Ich habe mir da den Mund fusselig geredet“, sagt er. „Es gibt niemanden, der mir sagen kann, wie man es auf jeden Fall gesetzlich korrekt macht. Nur, wo es Influencer falsch gemacht haben.“
Am Tag vor dem Café-Besuch hat Mirella ein Video auf Youtube hochgeladen. „Alles ist Werbung wegen Markennennung“ heißt es. Darin sagt sie: „Während Fußballspieler Millionen Euro dafür bekommen, dass sie einen Schuh tragen, soll ich als Werbung kennzeichnen, wenn ich ein Bild aus meinem Lieblingsrestaurant poste – obwohl ich da kein Geld für bekommen habe, nur weil ich das meinen Followern empfehlen will?“Aus dem Café postet sie nichts.
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