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Bis 2030 möglich?Ringen um die neue Rheinbrücke von Langel nach Godorf

Lesezeit 6 Minuten
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Blick auf den Flutpolder zwischen Porz-Langel und Niederkassel-Lülsdorf. Hier könnte die Autobahn 2030 durchführen. 

  1. Die geplante Verbindung zwischen der A 553 und A 555 und der rechtsrheinischen A 59 ist das größte geplante Autobahn-Neubauprojekt in NRW.
  2. Der Kosten-Nutzen-Faktor ist wirtschaftlich erwiesenermaßen hoch.
  3. Bedenken gibt es trotzdem – nicht nur von Umweltschützern.

Dem Verkehrsinfarkt im Rheinland weiter zusehen wollen auch die Naturschützer nicht. Holger Sticht steht auf dem Deich zwischen Porz-Langel und Niederkassel-Lülsdorf. Lerchen zwitschern auf dem Feld, das im Jahr 2030 eine breite Straße durchschneiden könnte. Sticht, Landesvorsitzender des BUND, sagt: „Natürlich sind die vielen Staus in Köln und der Region ein Problem. Auch wir gehen davon aus, dass die bestehenden Knotenpunkte ausgebaut werden müssen. Wenn es endlich gelingt, den ÖPNV nachhaltig zu stärken und man bedenkt, dass künftig weniger Menschen eigene Autos fahren, braucht es eine neue Rheinbrücke aber gar nicht.“

Wortreich zählt Sticht die Argumente auf, die gegen eine neue Rheinbrücke im Kölner Süden zwischen Godorf/Wesseling und Porz-Langel sprächen: Der Hochwasserschutz sei gefährdet, bedrohte Arten wie Pirol, Rebhuhn und Flussregenpfeifer hätten in Langel dann keine Heimat mehr, Naturschutzgebiete müssten weichen, mit Lärm, Luftschadstoffen und versiegelten Flächen sänke die Lebensqualität der Anwohner.

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In Köln muss Werner Berlinger  mit seinem 40-Tonner über die Rodenkirchener Brücke oder, wie hier, die Severinsbrücke. 

Dass die Rheinquerung (es könnte auch ein Tunnel sein) im Kölner Süden ganz oben auf der Prioritätenliste im Bundesverkehrswegeplan 2030 steht, ficht Sticht nicht an. „Es gibt noch keine Umweltverträglichkeitsprüfung“, sagt er. „Ich halte es für ausgeschlossen, dass die Gründe für eine Brücke stärker sind als die dagegen.“

Einige Varianten

Die Planung für eine Verbindung zwischen A555 und A59 samt Rheinquerung befindet sich in einem Bürgerbeteiligungsverfahren. Auch ein Tunnel ist noch denkbar, wäre allerdings viel teurer. Die Rodenkirchener Bezirksvertreter machen sich für eine Variante mit Schiene stark, auch der Rhein-Sieg-Kreis favorisiert das. Dort sähe man gern eine Stadtbahnanbindung ans Kölner Netz. (uk)

Ulrich Soénius sieht das naturgemäß anders. „Die Rheinquerung hat im aktuellen Bundesverkehrswegeplan den höchsten Kosten-Nutzen-Wert aller Straßenbau-Projekte, die Region wächst, die Wirtschaft profitiert enorm von der Verbindung“, sagt der Kölner IHK-Geschäftsführer. „Es ist klar, dass die Städte verkehrlich entlastet werden müssen. Aber bei großen Transitwegen müssen wir größer denken. Wir würden eine große Chance verpassen, wenn wir die Verbindung jetzt, da das Geld bewilligt ist, nicht realisieren würden.“

Hoher Kosten-Nutzen-Faktor

Schon in den 1980er Jahren hatte sich die Kölner IHK für eine neue Rheinquerung starkgemacht. Seinerzeit gab es keine Mittel. Über die Jahre gab es immer wieder einen relativ breiten Konsens in Politik und Wirtschaft für eine neue Brücke – aber nie Geld. Vor fünf Jahren – das Land NRW hatte festgestellt, dass viele seiner Brücken marode sind – änderte sich fast unverhofft die Lage. Der Bund investierte wieder in Straßen und Brücken, auf einer Konferenz fand sich ein Bündnis aus Städten, Unternehmen und Verbänden, um eine neue Rheinquerung auf den Weg zu bringen – mit Erfolg.

Jüngst sagte NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst, die Verbindung – favorisiert wird eine Brücke – solle bereits im Jahr 2030 fertig sein. Das klingt ambitioniert – das Beteiligungsverfahren, das vor einem Bebauungsplan steht, steckt noch in den Kinderschuhen. Umweltschutzverbände und Bürgerinitiativen denken schon jetzt über Klagen nach.

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Ich bin optimistisch, dass wir die Rheinquerung realisieren. Wir müssen es schaffen, dass der Großteil der Mittel bis 2030 abgerufen ist. Ulrich Soénius, IHK

Die geplante Verbindung zwischen der A 553 und A 555 (beide linksrheinisch) und der rechtsrheinischen A 59 ist das größte geplante Autobahn-Neubauprojekt in NRW. Der Kosten-Nutzen-Faktor ist wirtschaftlich erwiesenermaßen hoch. Bedenken gibt es trotzdem – nicht nur von Umweltschützern.

So halten die Züricher Städteplaner des „buerau für Raumentwicklung“ die geplante Rheinquerung für nicht nachhaltig. „Eine Brücke mit Bahnverbindung in der Nähe der Leverkusener Brücke oder eine neue Brücke im Bonner Norden halten wir für sinnvoller, um den Verkehr im Raum Köln/Bonn besser zu verteilen“, sagt Stadtplaner Markus Nollert. Dem Planer schwebt hier oder dort eine Doppelstockbrücke für Straße und Schiene vor – eine solche hält Ulrich Soénius ebenfalls für denkbar, allerdings zwingend zwischen Godorf und Langel, um A 555 und A 59 zu verbinden.

Im Schnitt 1700 Euro pro Tag verlören Firmen, die sich an einer Umfrage der Kammer beteiligten, seit die Leverkusener Brücke für Lkw geschlossen ist. „Es gibt keine Wohnbebauung auf der geplanten Trasse, weder in Godorf noch im Rechtsrheinischen. Und der Gewinn für den Wirtschaftsstandort ist enorm, nicht nur die Anbindung an den Flughafen ist ein riesiger Vorteil“, sagt Soénius.

Nur zwei statt fünf Touren

Unternehmen, die auf die Straße angewiesen sind, stöhnen schon lange ob der vielen Brückensperrungen und Stunden im Stau. Fünf Touren vom Niehler Hafen nach Leverkusen fuhr Werner Berlinger mit seinem 40-Tonner in einer Schicht, als die Leverkusener Brücke noch für Lkw geöffnet war. Heute schafft er nur noch zwei. „Köln ist ein Nadelöhr geworden“, sagt Berlinger, als er an einem Dienstagmittag im Oktober auf die Severinsbrücke abbiegt. Will er von Niehl nach Leverkusen, bleibt ihm sonst nur noch die Rodenkirchener Brücke. Berlingers Chef Christian Breuer sagt, die Spedition verliere durch Staus und Brückensperrungen jeden Monat viele Tausend Euro.

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In Köln muss Werner Berlinger  mit seinem 40-Tonner über die Rodenkirchener Brücke oder, wie hier, die Severinsbrücke. 

„Wir sehnen den Tag herbei, an dem die Leverkusener Brücke wieder für Lkw geöffnet wird. Es wird uns auch helfen, wenn der Kalker Tunnel wieder für Lkw zur Verfügung steht. Langfristig wird uns die Rheinquerung im Kölner Süden natürlich unglaublich entlasten.“ Breuers Fahrer Berlinger, der nächstes Jahr in Ruhestand geht und dann noch gelegentlich fahren will, um seine Rente aufzubessern, sagt: „Die nächste Sperrung einer Rheinbrücke werde ich als Fahrer bestimmt noch mitbekommen. Wenn ich noch mal über eine Brücke von Godorf auf die andere Rheinseite fahren dürfte, wäre das ein Traum.“

Arndt Selbach, Standortleiter des Chemiekonzerns Evonik für Wesseling und Lülsdorf, wünscht sie die Verbindung ebenfalls sehnlich. „Die derzeitige Verkehrssituation in Köln ist für uns ein limitierender Standortfaktor. Im Stau verlieren wir Zeit und Geld. Eine Rheinquerung macht unsere Standorte in Wesseling und Lülsdorf langfristig attraktiver und sicherer“, sagt er. „Ich bin sehr für eine Rheinquerung samt Schienenanbindung – wir versuchen, einen möglichst großen Anteil unseres Warentransfers auf der Schiene abzuwickeln.“

Schnittmengen: Schiene, ÖPNV

Zumindest hier gibt es Schnittmengen zwischen den Interessen von Wirtschafts-, Umweltvertretern und Städteplanern: Der Schienenverkehr soll ausgebaut werden – eine Rheinbrücke im Kölner Süden macht nur Sinn, wenn dort auch Bahnen fahren können. Auch den Ausbau des ÖPNV und die Verbannung von Autos aus den Innenstädten haben BUND wie IHK auf der Agenda. Die Kammer hat für Köln bereits das Kopenhagener Modell beschlossen – maximal 30 Prozent Autos in der Stadt, 60 Prozent Umweltverbund, schneller Ausbau der Radwege. Die Wirtschaft ist in diesem Punkt weiter als die Politik.

BUND-Chef Sticht hat keinen Führerschein, er fährt immer Rad oder Bahn. IHK-Chef Soénius fährt ebenfalls „wann immer es möglich ist“ Rad oder Bahn. So ähnlich ihre bevorzugten Verkehrsmittel sind, so ähnlich ist ihr Optimismus, was das Projekt Rheinquerung betrifft. Der BUND hat soeben vorläufig erfolgreich gegen die Rodung des Hambacher Forsts geklagt, Sticht sagt selbstbewusst: „Die Gesellschaft verändert sich gerade sehr schnell, und mit ihr die Mobilität. In zehn Jahren werden wir über den Verkehr ganz anders reden als heute. Ich bin mir sicher, dass eine neue Rheinbrücke dann kein Thema mehr ist.“

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Ulrich Soénius, einer der treibenden Kräfte hinter dem Brücken- und Autobahnprojekt, sagt: „Ich bin optimistisch, dass wir die Rheinquerung realisieren werden. Wir müssen es schaffen, dass der Großteil der Mittel bis 2030 abgerufen ist. Geht nicht, gibt’s nicht.“