Köln/Kerpen/Siegburg – Die Auswirkungen der angekündigten S-Bahn-Streichungen in Köln und der Region bis einschließlich Sonntag haben bereits am frühen Freitagmorgen für Chaos auf den Bahnsteigen und volle Züge gesorgt. Die Fahrgäste reagierten genervt auf die Entscheidung der Deutschen Bahn.
Personalausfall bei der Deutschen Bahn: Auswirkungen auf Kölner Hauptbahnhof
Auch Ausfälle von Regionalzügen schließt die DB nicht aus. Zuletzt hatte es durch kurzfristige Krankheitsausfälle bei der Deutschen Bahn immer wieder Zugausfälle gegeben. Am vergangenen Freitag sorgten Ausfälle und Personen auf dem Gleis für teilweise bis zu 120 Minuten Verspätung im Regionalverkehr am Kölner Hauptbahnhof.
Betroffen sind unter anderem drei wichtige S-Bahn-Linien, die auch als Zubringer-Bahnen für Köln fungieren: die S11 von Bergisch Gladbach nach Düsseldorf Flughafen, die S12 von Au (Sieg) nach Kerpen-Horrem, die S13 von Kerpen-Horrem nach Troisdorf und die S19 von Au (Sieg) nach Düren.
Pro Bahn kritisiert kurzfristige Streichungen der Deutschen Bahn
Der Fahrgastverband „Pro Bahn“ hat die kurzfristige Ankündigung der Deutschen Bahn scharf kritisiert. „Wir halten die in den letzten Tagen ansteigenden Totalausfälle von Zuglinien der DB Regio für nicht mehr akzeptabel“, heißt es in einer Pressemitteilung.
Angesichts des steigenden Interesses am öffentlichen Personen-Nahverkehr sei die derzeitige Situation fatal. „Neukunden, die durch das 9-Euro-Ticket angelockt wurden, werden so nachhaltig abgeschreckt, auch langjährige Bestandskunden der Bahn werden vertrieben“, hieß es. Die Aufgabenträger sollten die DB notfalls mit juristischen Mitteln zu einem Mindestangebot zwingen.
Kurzfristiger S-Bahn-Ausfall: Harsche Kritik an der Kommunikation der Deutschen Bahn
Die Deutsche Bahn will mit den Streichungen gewährleisten, dass Regionalzüge und andere S-Bahnen weiterhin fahren können, einzelne Ausfälle seien aber personalbedingt weiterhin möglich, teilte das Unternehmen mit.
Die fehlenden S-Bahnen sorgten bereits gegen 5.30 Uhr am Freitag dafür, dass die verbliebenen Regionalzüge an ihre Kapazitätsgrenzen gerieten. Der RE9 war beim Halt in Kerpen-Horrem bereits so voll, dass Fahrgäste im Wartebereich vor den Türen auf dem Boden sitzen mussten. Viele Fahrgäste würden dort normalerweise die S19 nehmen.
Helmut Schauwinhold aus Kerpen wurde bereits am Donnerstag von den Ausfällen überrascht. Er hatte mit seinem fünfjährigen Enkelkind einen Ausflug nach Aachen unternommen. Die Fahrt dorthin war noch gut verlaufen, „bis auf die üblichen Verspätungen, vor allem beim RE 1“, berichtet er.
S-Bahn-Ausfall: Deutsche Bahn soll keine Durchsagen gemacht haben
Ab Düren fielen dann aber mehrere Züge plötzlich aus. Der Kerpener: „Keine Durchsagen am Bahnsteig. Aber vor allem keine Durchsagen und Infos im RE 9.“ Mit dieser Bahn waren er und sein Enkel von Aachen nach Düren gefahren.
Schauwinhold erzählt weiter: „Wegen der fehlenden Ansagen und der Zuganzeige um 16.23 Uhr nach Au warteten mehrere Kunden auf dem Bahnsteig in Düren und hatten das erst gar nicht gelesen. In Düren gab es keine Laufschrift, dass der Zugverkehr auf der S 19 eingestellt wurde.“ Der Kerpener bemängelt die Kommunikation der Bahn.
Helmut Schauwinhold ärgerte sich immer mehr: „Auch hier keine Ansagen – nichts. Nach dem Motto ,Et is wie et is’. Die Kunden werden es schon irgendwie und vor allem irgendwann merken. Kein Schienenersatzverkehr – nichts. So kann und darf die Deutsche Bahn mit ihren Kunden nicht verfahren!“
Bergisch Gladbach: Alternativen zur S11 nach Köln sind umständlich
Auch im Rheinisch-Bergischen Kreis sorgen die Ausfälle für Verwirrung und Verärgerung bei den Pendlern. Durch den Wegfall der S-Bahn-Strecke kommen viele Fahrgäste nur noch mit dem Bus nach Köln, zum Hauptbahnhof geht es oft nur mit einem Umstieg in eine Stadtbahn der KVB.
Dass auf einmal nichts mehr geht, hat am Mittag auch die Politik und den Aufgabenträger Nahverkehr Rheinland GmbH auf den Plan gerufen. Der NVR zeigt sich „äußerst irritiert“. Der Verband hätte gehofft, dass die „DB Regio hierzu vorab den Dialog mit uns gesucht hätte und nicht im Alleingang entscheidet und kommuniziert“, formuliert Sprecher Holger Klein.
Gerhard Zorn: „Ein solcher Schritt darf sich nicht wiederholen”
Deutlich hat hat sich zuvor Gerhard Zorn, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion und Bahnexperte seiner Partei, geäußert: „Ein solcher Schritt darf sich nicht wiederholen.“ Für die schwarz-grüne Kreistags-Koalition fordert Johannes Dünner (CDU): „Ab Montag muss es wieder mindestens einen Stundentakt geben!"
Rhein-Sieg-Kreis: Viele Pendler kommen nicht zum Flughafen Köln/Bonn
Betroffen sind ausgerechnet mitten in den Sommerferien auch Fahrgäste Richtung Flughafen, die theoretisch mit der S12, S13 oder S19 aus Rhein-Erft- oder Rhein-Sieg-Kreis dorthin gelangen würden. Bereits am frühen Freitagmorgen waren die Bahngleise beispielsweise in Troisdorf voll, ebenso die Züge.
Am Vormittag nach der kurzfristigen Ankündigung schaut Gisela Eisenhut am Troisdorfer Bahnhof auf die Anzeigetafel an Gleis 1 und fragt sich, wie sie heute zur Arbeit kommen soll. Die 62-jährige Troisdorferin will nach Porz-Wahn. Eine direkte Verbindung? Fehlanzeige. „Ich hatte keine Infos und bin davon ausgegangen, dass heute alles ganz normal läuft“, sagt sie. Die Troisdorferin pendelt mittlerweile im zehnten Jahr mit der Bahn und hat in dieser Zeit schon so einige Ausfälle miterlebt. „Im Moment ist die Situation aber wirklich extrem. Immer höre ich dieselben Durchsagen. Es vergeht kein Tag mehr ohne Ausfälle“, beklagt die 62-Jährige. “
Schelte für die Bahn gibt es auch von Denis Waldästl, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion Rhein-Sieg. „Dass man auf Seiten der Bahn einen ganzen Teil des Rhein-Sieg-Kreises vom S-Bahn-Verkehr abschneidet, ist ein fatales Signal für die Mobilitätswende.“ Auch bei massiven Personalausfällen müsse ein Mindestmaß an S-Bahnverkehr erhalten bleiben. Die Bahn habe aber nicht einmal ein ausreichendes Angebot an Schienenersatzverkehr eingerichtet.
Auch Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft nicht vorab informiert
Das bekommt die Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG) zu spüren, die laut Pressesprecherin Melanie Matyschek von der Bahn über die Streichung der S-Bahnlinien nicht vorab informiert worden ist. Auf die Schnelle seien Gelenkbusse eingesetzt worden, um das erhöhte Fahrgastaufkommen auf den betroffenen Linien 501 und 510 zu bewältigen. Dennoch habe es bereits am Vormittag im Busverkehr Verspätungen gegeben. (sb/shh/jtü, mit dpa)