Euskirchen – Die frisch hergestellten Uferböschungen der Erft am Euskirchener Stadtrand sind an einigen Stellen schon zerstört worden. Nach den starken Regenfällen am 6. Februar war der Fluss so stark angeschwollen, dass die Wassermassen Teile der Randzonen, die im Zuge der Renaturierung neu entstanden sind, mit sich rissen.
Kurz vor der Veybachmündung stürzte mit dem Erdreich ein Baum in die Erft, wo er auch am Mittwoch noch lag, zehn Tage nach den heftigen Niederschlägen. Darauf und auf die ramponierten Böschungen machten mehrere Leser diese Zeitung aufmerksam.
Erftverband: Situation ist nicht dramatisch
Für den Erftverband ist die Situation nichts Dramatisches, wie Abteilungsleiter Dr. Christian Gattke auf Anfrage erklärte. Im Gegenteil: Es sei erfreulich, dass die ausdrücklich gewollte „Selbstentwicklung“ der Erft schon in Gang gekommen sei. Sie sei eines der Ziele, die der Verband mit der Renaturierung verfolge.
Ausuferungen verhindern
Am 6. Februar flossen nach Angaben des Erftverbandes in der Spitze pro Sekunde 7 bis 8 Kubikmeter Wasser durch den Erftpark oberhalb der Veybachmündung. Dies entspricht einem Hochwasser, das statistisch gesehen einmal pro Jahr auftritt, also einem „einjährlichen Hochwasser“.
Bei dieser Abflussmenge werde die gewässernahe Aue überflutet. Auch die Innenbereiche der großen Mäanderbögen nördlich des Erfttreffs würden häufiger überströmt. Dies sei erforderlich, um weiträumige Ausuferungen zu verhindern, was der Sicherheit der Anlieger diene, so der Verband. (ejb)
Natürliche Fließgewässer seien grundsätzlich dynamische Lebensräume, so Gattke: Durch seitliche Abtragungen der Uferbereiche (Erosion) gelange Boden- und Kiesmaterial in den Fluss. Durch Ablagerungen (Sedimentation) könne es an anderer Stelle natürliche Gewässerstrukturen bilden. Dadurch entstünden kleinräumige Bereiche mit unterschiedlichen Strömungs- und Tiefenverhältnissen. Dies wiederum sei wichtig für die Entwicklung einer natürlichen Artenvielfalt, da die verschiedenen Gewässerbewohner – Fische und Kleinlebewesen – unterschiedliche Ansprüche an ihren Lebensraum stellten.
Eigendynamische Entwicklung gewünscht
Dass in der Nähe der Veybachmündung Teile des Ufers abgebrochen sind, überrascht Gattke nicht: In diesem Bereich sei die Erft als „Initialgerinne“ modelliert worden, das sich eigendynamisch entwickeln könne. Dies passiere grundsätzlich relativ langsam. Bei Hochwasser werde immer wieder ein Stück Ufer abbrechen, wodurch sich das Erftbett kleinräumig verändere. Dieser Prozess komme nach einiger Zeit zum Erliegen, dann nämlich, wenn sich die Erft ihr „Bett gemacht“ habe, so Gattke, und ein gewisser Gleichgewichtszustand erreicht werde.
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Als weiteren wesentlichen Faktor nannte er Ufergehölze und deren „gelegentliche Unterspülung bei Hochwasser“, die dazu führe, dass sich ein Baum ins Gewässer neige oder sogar hineinfalle. Dadurch werde die Strömung des Flusses auf das Ufer gelenkt, besagte Erosionsprozesse würden beschleunigt in Gang gesetzt. Mehr noch: Das Holz selbst sei Lebensraum für Kleinlebewesen. Der Wurzelballen diene, wie auch die Baumkrone, im Wasser als Unterstand für Fische. Gattke: „Aus all diesen Gründen würden wir den Baum gerne in der Erft lassen, prüfen aber vorher, dass es bei Hochwasser wirklich zu keinen Problemen kommen kann.“