Für das bei der Flut zerstörte Archiv hat die Gemeinde Kall jetzt neue Räume bezogen. Die erste Palette mit wiederaufbereitetem Archivgut wird jetzt geliefert.
Neues Heim für die AktenKaller Gemeindearchiv im Geschäftshaus Nord kann bezogen werden
Das Archiv der Gemeinde Kall war bei der Flut im Juli 2021 weggespült oder stark beschädigt worden. Auch die Regalanlage war damals zerstört worden. Rund 220 laufende Meter Archivgut waren anschließend auf 54 Paletten gepackt und zum Einfrieren und Restaurieren transportiert worden. Heute kommt die erste Palette zurück nach Kall und wird im neuen Archiv im Erdgeschoss des Geschäftshauses Nord am Kaller Bahnhof eingelagert. 6,3 Millionen Euro sind im Wiederaufbauplan der Gemeinde für die Einrichtung des neuen Archivs und die Wiederaufbereitung des Materials eingeplant.
„Wir konnten nach der Flut nur das Endarchiv retten. Das Zwischenarchiv war zu stark zerstört“, erzählte Silke Kleinsimon, die bei der Gemeinde für das Archiv zuständig ist. „In dem Zwischenarchiv werden alle Unterlagen zuerst gelagert. Rund 20 Prozent landen dann im Archiv, der Rest wird vernichtet“, erklärte Nicole Gutmann, die Leiterin des neuen interkommunalen Archivs, das zu Jahresbeginn seine Arbeit aufgenommen hat und für die Gemeinden Blankenheim, Dahlem, Hellenthal, Kall, Nettersheim und die Stadt Schleiden zuständig ist. Sie koordiniert die Arbeiten und berät Archivmitarbeiter in den Kommunen.
Unter anderem seien Familienbücher, Personalakten oder Dokumente aus dem Standesamt unwiederbringlich verloren gegangen. „Das hat auch Wiederaufbauprojekte beeinflusst, weil in einigen Fällen Planunterlagen fehlen“, sagte der Teamleiter Bauen und Gebäudemanagement, Lothar Schatten. Deshalb habe man in einigen Fällen neu aufmessen müssen.
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Akten nach der Flut aus dem Schlamm herausgezogen
„Alle Dokumente wurden mit klarem Wasser abgespült und in Folien verpackt“, erinnert sich Irene Emons, Teamleiterin im Hauptamt. Die Akten habe man aus dem Schlamm herausgezogen. Schon nach zwei oder drei Tagen habe sich auf ihnen Schimmel gebildet.
„Tagelang haben Mitarbeiter der Verwaltung am Waschtisch gestanden und Akten gereinigt“, berichtete Bürgermeister Hermann-Josef Esser. Die Akten seien anschließend schockgefrostet und in einem Kühlhaus zwischengelagert worden. Für die Aufarbeitung der Materialien habe man mehrere Unternehmen angeschrieben, letztlich aber nur ein seriöses Angebot erhalten, sagte Kleinsimon. „Was wir bislang von der Firma zurückbekommen haben, sieht sehr gut aus“, sind sich Kleinsimon, Emons und Gutmann einig. Nun erwarte man die erste komplette Palette zurück.
Informationen zum Bergbau oder zur Kaller Metallhütte
Das neue Archiv ist im Geschäftshaus Nord untergebracht. „Wir mussten nach der Flut neue Räume suchen, weil im Rathaus keine vorhanden sind“, sagte Markus Auel, Allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters. Um die Wege kurz zu halten, habe man nach Räumen in der Nähe gesucht und sei schließlich im Geschäftshaus Nord fündig geworden. Das Archiv habe eine Fläche von 105 Quadratmetern. Hinzu kämen 20 Quadratmeter für ein Büro und eine Toilette.
Insgesamt 4400 Archivalien sollen dort nach der Wiederherstellung eingelagert werden. Dabei handelt es sich um Akten seit der Bildung der Gemeinde Kall im Jahr 1968 und aus den vorher selbstständigen Ämtern. „Die ältesten Stücke, die ich bisher gefunden habe, sind alte Schulchroniken beispielsweise von der Volksschule Sötenich aus dem Ende des 19. Jahrhunderts“, erklärte Gutmann. Neben Unterlagen der Gemeinde gebe es auch Informationen beispielsweise zum Bergbau oder zur Kaller Metallhütte, die zum Teil auch aus privaten Schenkungen stammen.
Die Planung des neuen Archivs sei mit dem Landschaftsverband Rheinland abgesprochen worden, betonte Auel. Die neue Regalanlage habe Platz für 760 laufende Meter und sei schon zur Hälfte belegt. „Das wiederhergestellte Archivgut wird voraussichtlich mehr Platz benötigen, weil das Papier teilweise aufgequollen ist“, erklärte Gutmann und zeigte als Beispiel ein Buch mit Heiratsurkunden aus den Jahren 1934 bis 1938. Jedes Dokument werde kontrolliert, ehe es archiviert werde.
Für die dauerhafte Lagerung werden die Archivalien in archivtaugliche Hüllen und Kartons verpackt. Das soll Staub und Dreck abhalten und verhindern, dass das Papier von Silberfischen gefressen oder von Schimmel befallen wird. „Interessant sind die Dokumente vor allem für Heimat- und Ahnenforscher“, so Kleinsimon. Termine müssen auch künftig, wenn das neue Archiv eingerichtet ist, telefonisch abgesprochen werden.
In den fensterlosen Räumen ist das neue Archiv gut gegen Hochwasser gesichert. „Die Zugangstüren haben ein Verriegelungssystem und können mit einem zusätzlichen Hochwasserschutz versehen werden“, erläuterte Lothar Schatten.