Die Wirtschaft im Kreis Euskirchen ist im Krisenmodus. Ein Bauer wird tödlich getroffen und das Bistum Aachen nennt Namen zum Missbrauchsskandal.
JahresrückblickBauern im Kreis Euskirchen in Wut – Hackerangriff trifft Verwaltungen
Am 10. Dezember stehen sie einträchtig nebeneinander: der Landrat und drei Landwirte. Zwischen ihnen ein Traktor, darauf ein Banner mit der Aufschrift „Ein Funken Hoffnung. Ohne Bauern geht es nicht.“
Sie machen Werbung für den Lichterzug der Bauern aus Euskirchen, Mechernich und Bad Münstereifel. Ein Video, ein Foto ... dann ist alles im Kasten. Markus Ramers (SPD) betont noch, dass die Behörden, zuvorderst die Kreispolizei, immer das Ziel verfolgt hätten, die beliebten Lichterzüge, die während Corona und nach der Flut für leuchtende Augen in schwierigen Zeiten gesorgt hatten, zu ermöglichen. War da was?
Ja, da war was! Eine Woche zuvor haben die Landwirte diesen Eindruck, den Ramers nun vermitteln will, genau nicht. Es sei beschämend, dass „wir nichts machen dürfen“, sagt da einer der Organisatoren.
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Die Polizei habe den Demonstrationscharakter der Veranstaltung nicht erkennen wollen, dabei handele es sich doch nicht um eine „Spaßveranstaltung.“ Ja, es sei sogar vorgeschlagen worden, aus Sicherheitsgründen im Hellen zu fahren. Wäre das noch ein Lichterzug!?
Ansonsten sei von Auflagen die Rede gewesen, die nicht zu erfüllen seinen – schon gar nicht in der kurzen Zeit, schäumen die Landwirte. Ramers stellt noch klar: „Beim Thema Sicherheit können und werden wir keine Abstriche machen.“
Markus Ramers nennt Klaus Voussems Vorgehen „peinlich“
Dann wird es politisch. Die CDU, vom Selbstbild her die Partei der Bauern, bittet um ein proaktives und wohlwollendes Vorgehen der Behörden, natürlich unter Gewährung aller sicherheitsrelevanten Aspekte. „Warum sind Lichterzüge in anderen Kreisen in NRW möglich und unter welchen Auflagen wurden diese genehmigt?“, möchte Fraktionschefin Ute Stolz dann aber doch wissen.
Die Frage mag berechtigt sein, doch da reden schon alle über eine Mitteilung des CDU-Landtagsabgeordneten Klaus Voussem. Darin ist von einem Erlass aus dem Innenministerium die Rede, wonach die Lichterzüge nun als Brauchtumsveranstaltung zu behandeln seien und somit nicht mehr ganz so strenge Anforderungen zu erfüllen hätten.
Der Haken daran: Im Innenministerium weiß niemand was von einem solchen Erlass. Es gebe lediglich eine Mail, in der die Herangehensweise bei solchen Anfragen empfohlen werde.
Für SPD-Kreischef Thilo Waasem hat Voussems Mitteilung „schon ein bisschen was von Fake News“. „Erlass“ ist halt ein großes Wort, spätestens seit den Erlassen zu den Corona-Schutzmaßnahmen.
Und während die Politiker noch streiten, der Landrat der CDU einen Seitenhieb („peinlich“) verabreicht, scheinen die Verstimmungen zwischen Bauern und Polizei ausgeräumt. Die sitzen kurz darauf wieder zusammen, sprechen über Sicherheit und Maßnahmen, die diese gewährleisten sollen, und – siehe da: Am Ende sind alle drei Lichterzüge genehmigt.
Ärger der Bauern richtet sich gegen die Sparpläne von Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner
Die Landwirte haben inzwischen auch ganz andere Sorgen. Die Ampel-Regierung in Berlin hat eine Idee, aus Sicht der Bauern aber keine gute. Nachdem das Bundesverfassungsgericht ihnen ihre Finanzierungstricks bildlich gesprochen um die Ohren gehauen hat, wollen Scholz, Habeck und Lindner gut 900 000 Euro bei den Bauern einsparen, indem sie Agrardiesel-Subvention und Kfz-Steuerbefreiung streichen.
Hätten sie sich mal vorher Wilfried Schmitz unterhalten. Der Mitorganisator des Euskirchener Lichterzugs kann auch nachts um vier erläutern, dass die Streichung der Agrardieselbeihilfe beispielsweise für seinen Betrieb den Wegfall von rund 1300 Euro im Monat bedeutet: „Und die sind durch nichts zu kompensieren – durch gar nichts.“ Das Thema prägt dann auch die drei Lichterzüge, die in der Adventszeit durch den Kreis tuckern. Für das neue Jahr kündigen die Landwirte schon mal weitere Aktionen an.
Wie man eine Demo anmeldet, wissen sie ja nun.
Euskirchen, Schleiden und Kreis leiden unter Hackerangriff
Wer in Schleiden einen neuen Reisepass oder Personalausweis braucht, braucht zunächst erst mal eines: Geduld. „Wenn man sich als Neubürger nicht anmelden kann, kann man in der Folge auch sein Auto nicht ummelden“, stellt Schleidens Bürgermeister Ingo Pfennings (CDU) am 11. Dezember ernüchternd fest.
Da liegt der Hackerangriff auf das Rechenzentrum der Südwestfalen IT (SIT), an das auch Verwaltungen im Kreis Euskirchen angeschlossen sind, bereits gute sechs Wochen zurück. Kall und Hellenthal leisten der Schlossstadt Amtshilfe, wo es geht.
Auch in der Stadt Euskirchen hat die Cyber-Attacke Folgen für die Einwohner. Bürgerbüro und Standesamt arbeiten unter eingeschränkten Bedingungen. „Ich möchte nochmals darauf hinweisen, dass wir im Moment keine Abbuchungen im Wege des Lastschriftverfahrens vornehmen können“, teilt Bürgermeister Sacha Reichelt (parteilos) darüber hinaus mit.
Dies betreffe neben Grundbesitzabgaben insbesondere Elternbeiträge im Kita- und OGS-Bereich. „Natürlich wird die Abbuchung irgendwann nachgeholt, die entsprechenden Beträge sollten daher nicht für andere Dinge verplant werden“, stellt Reichelt klar. Die Haushaltsberatungen des Rates für 2024 müssen vertragt werden, die Finanzabteilung ist nämlich auch betroffen.
Hellenthaler und Kaller helfen den Kollegen in Schleiden
Beim Kreis Euskirchen ist als einzige Abteilung die Ausländerbehörde eingeschränkt, da die hier genutzte Software auf den gehackten Servern „gehostet“ werde, wie Pressesprecher Wolfgang Andres erläutert: „Seit dem Hackerangriff hat die SIT sämtliche Zugriffe auf das Programm gestoppt.
Das heißt, dass viele Verfahren in unserer Ausländerbehörde aktuell nicht möglich sind. Wir mussten entsprechende Termine bis auf Weiteres stornieren.“ Kreis und Stadt Euskirchen sowie das Rathaus in Schleiden vermelden Mitte Dezember, dass bis mindestens Jahresende keine Besserungen mehr zu erwarten seien.
Die Geduld ist strapaziert. „Wir bekommen alle dieselben unbefriedigenden Mitteilungen“, so Pfennings in Richtung des Dienstleisters Südwestfalen-IT.
Krisen treffen Firmen im Kreis Euskirchen besonders hart
40 Unternehmen haben laut IHK zwischen Januar und September im Kreis Euskirchen Insolvenz anmelden müssen – mehr als doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum (+110 Prozent). Als die Industrie- und Handelskammer Mitte Dezember mit dieser Nachricht aufwartet, reiht sich diese in eine ganze Folge von Hiobsbotschaften aus der Wirtschaft im Kreis ein.
Bereits im Oktober ergibt die Konjunkturumfrage der Handwerkskammer, dass die Betriebsführungen verhaltener in die kommenden Monate blicken, als ihm Schnitt ihre Kollegen in den Nachbarkreisen.
„Auch wenn 82 Prozent der Betriebe die Geschäftslage als gut oder befriedigend bezeichnen, rechnen andererseits 36 Prozent perspektivisch in den nächsten Monaten mit sinkenden Auftragszahlen“, heißt es da.
Nur wenige Tage später stellt die IHK mit Blick auf ihre aktuelle Konjunkturumfrage fest: „Die Lagebewertung der Betriebe im Kreis Euskirchen hat sich deutlich verschlechtert.“ Nur neun Prozent der Befragten geben an, mit der aktuellen Lage zufrieden zu sein, 43 Prozent sehen sie negativ. In keiner anderen Gebietskörperschaft der IHK Aachen ist die Bewertung schlechter.
Als Gründe nennen Experten die allgemein schlechte Konjunktur, die Corona-Folgen und den Fachkräftemangel. Der Kreis Euskirchen habe zusätzlich die Folgen der Flutkatastrophe 2021 zu bewältigen. Und dass es im Kreis viele Betriebe der schwächelnden Baubranche gebe, komme erschwerend hinzu.
Missbrauchsskandal: Liste des Bistums Aachen stößt auf Kritik
Von den 53 beschuldigten Geistlichen, die auf einer im Oktober vom Bistum Aachen veröffentlichten Liste stehen, haben einige in Pfarreien im Kreis Euskirchen gewirkt. In manchen Fällen sollen sich sexualisierte Gewalttaten an Minderjährigen, derer sie beschuldigt werden, im Kreis Euskirchen zugetragen haben.
Das Bistum will damit einen Beitrag zur Aufarbeitung des Missbrauchsskandals leisten. Es gibt aber auch Kritik. Es werden auch Namen von mutmaßlichen Tätern genannt, die, weil gestorben, sich nicht mehr wehren können.
Im Kaller Gemeinderat wird im Dezember diskutiert, eine Straße, die den Namen eines laut Bistumsliste mutmaßlichen Täter trägt, umzubenennen.
Schuss bei Treibjagd trifft Landwirt in Blankenheim tödlich
Am 3. November fällt in Blankenheim ein Schuss und trifft einen 82-jährigen Landwirt auf seinem Traktor tödlich. Für die zuständige Staatsanwaltschaft in Aachen steht nach wenigen Tagen der Ermittlungen fest, dass der tödliche Schuss aus einer Waffe stammt, die bei einer Treibjagd in der Nähe zum Einsatz gekommen war.
Das Opfer sei mit dem Traktor und dem Anhänger, auf dem er Holz geladen hatte, von der Eichergasse aus Fahrtrichtung Talgasse in Richtung Mülheimer Mühle durch das Waldgebiet gefahren, hieß es. Der Forstweg sei zu diesem Zeitpunkt nicht abgesperrt gewesen. Die Polizei stellt kurz nach dem Vorfall die Jagdwaffen sicher.
Das Projektil kann aber zu diesem Zeitpunkt keiner Waffe zugeordnet werden. Ein Ergebnis der ballistischen Untersuchungen liege noch nicht vor, erklärt Oberstaatsanwältin Schlenkermann-Pitts am Donnerstag vor Silvester auf Anfrage.
Oktober 2023
Montag, 10.: Normalerweise kommt der Bürgermeister. Gisela und Eberhard Schwarzbach aus Kommern jedoch wurden zur Diamanthochzeit bei einer Rom-Wallfahrt von Papst Franziskus beglückwünscht.
Freitag, 13.: Das Recruiting in Indien hat begonnen. Der Kreis Euskirchen und fünf Pflegeeinrichtungen wollen in zwei Jahren 33 Pflegefachkräfte angeworben haben.
Montag, 23.: Blankenheims Bürgermeisterin Jennifer Meuren bringt ihr erstes Kind zur Welt: Levi ist bei der Geburt 2750 Gramm schwer und 50 Zentimeter groß.
Dienstag, 24.: Hightech-Landwirt Sebastian Bützler aus Kolvenbach ist Deutschlands bester Rinderhalter 2023. Verliehen wird der Preis von der Fachzeitschrift „agrarheute“.
Mittwoch, 25.: Unbekannte beschmieren den Kaller Bahnhof mit Hakenkreuzen. Der Staatsschutz ermittelt.
Sonntag, 29.: Keiner konnte die Natur der Eifel so gut erklären wie er: Professor Wolfgang Schumacher ist gestorben.
November 2023
Mittwoch, 2: Sturmtief „Emir“ fegt durch den Kreis und löst rund 60 Einsätze aus. Die Schäden halten sich aber in Grenzen.
Dienstag, 7.: Das Zementwerk in Sötenich soll wieder in Betrieb gehen. Ein Unternehmen hat die Anlagen samt Steinbrüche auf dem Taubenberg in Richtung Rinnen gekauft.
Donnerstag, 9.: TV-Star Oliver Pocher eröffnet McDonalds in Zülpich – und scherzt über sein Privatleben. Auch Cora Schumacher ist dabei.
Samstag 11.: Anonym lästert jemand im Netz über einen Gastronomiebetrieb in Bad Münstereifel. Dann kommt heraus: Dieser Jemand arbeitet bei der Stadtverwaltung, Zuständigkeitsgebiet: Touristen die heimische Gastronomie näherbringen.
Dienstag, 28.: Weilerswists Bürgermeisterin Anna-Katharina Horst stellt den neuen Slogan der Gemeinde vor: „Am Swist der Zeit“. Die Begeisterung hält sich in Grenzen – vor allem bei Freunden der deutschen Sprache.
Dienstag, 28.: Der Winter bricht ein. Die Menschen im Kreis bleiben aber cool. Wir sind ja nicht in Köln!
Dezember 2023
Dienstag, 12.: Der Bad Münstereifeler Stadtrat diskutiert über die Unterbringung von Geflüchteten. Auch Turnhallen sind im Gespräch.
Mittwoch, 13.: Der Kreistag legt ein Bekenntnis zum Kreiskrankenhaus Mechernich (KKH) ab und stellt vorsorglich einen „Notgroschen“ in Form eines 10-Millionen Euro-Darlehens bereit. Das KKH sei aber gut aufgestellt, so Landrat Markus Ramers.
Montag, 18.: Eine weitere Lehre aus der Flutkatastrophe 2021: Der Kreis stattet die in Krisensituationen relevanten Akteure mit Satellitentelefonen und Starlink aus.
Mittwoch, 20.: Unbekannte sprengen einen Geldautomaten in der Kuchenheimer Filiale der Kreissparkasse.
Freitag, 22.: Die Staatsanwaltschaft Bonn ermittelt gegen mehrere Beschuldigte wegen des Verdachts der bandenmäßigen Untreue sowie eines besonders schweren Falls der Bestechung und Bestechlichkeit. Darunter sind zwei für finanzielle Angelegenheiten verantwortliche Ex-Mitarbeiter des Marien-Hospitals Euskirchen.