Der Bildungsauftrag werde auch 2025 erfüllt, verspricht die Leitung des Freilichtmuseums Kommern. Haushaltsdisziplin ist angesagt.
KulturFreilichtmuseum Kommern muss drastisch sparen – Das Programm soll nicht leiden

Ohne sie läuft nicht viel: Über die Vermittler im Freilichtmuseum läuft der Kontakt zu den Besuchern.
Copyright: Michael Schwarz
Annette Meylahn freut sich darüber, dass bald wieder richtig was los ist. Wenn nicht nur die Temperaturen, sondern auch die Besucherzahlen im LVR-Freilichtmuseum in Kommern steigen. Sie ist eine der Vermittlerinnen, ohne die das Museum um so vieles ärmer wäre. „Sie sind das Bindeglied zu den Besuchern“, so der Direktor des Museums, Dr. Carsten Vorwig. Weshalb die Museumsleitung trotz aller Sparzwänge deren Arbeit nicht beschneiden will und sie in den Mittelpunkt der Jahrespressekonferenz am Freitag stellte.
Ebenfalls wichtig für die Fans des Freilichtmuseums: Auch das Programm der Kommerner Kultureinrichtung werde nicht unter den Sparhammer kommen. Die Klassiker wie der Jahrmarkt Anno dazumal rund um Ostern (15. bis 27. April) gehört natürlich genauso wieder dazu wie die „ZeitBlende“ (16./17. August), die sich wie jedes Jahr den Ereignissen widmet, die 50 Jahre zuvor die Welt bewegten.
Und 1975 war einiges los, weiß Veranstaltungs-Chef Daniel Manner zu berichten: „Der Vietnam-Krieg ging zu Ende, Peter Gabriel hat Genesis verlassen, und Microsoft wurde gegründet.“ Der Advent für alle Sinne (29./30. November) steht natürlich auch dick unterstrichen im Kalender.
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Mühle im Freilichtmuseum Kommern steht nun historisch korrekt da
„Aber wir bieten unseren Gästen natürlich auch etwas Neues“, so Vorwig: „Wir haben die Bockwindmühle in den vergangenen Jahren in mehreren Schritten saniert.“ Neue Flügel wurden errichtet und der Bock, der der Mühle ihren Namen gibt, wurde ertüchtigt. Zeit also, um über die Konzeption nachzudenken.
„Wir hatten den alten Zustand, bei dem man das komplette Holzgerüst sieht, aber auf der Mühle hing immer diese Wetterfahne von 1910“, beschreibt Vorwig die zeithistorische Zwittersituation. Darüber kann ein Historiker schon mal graue Haare bekommen: 1910 nämlich sei das Holzgerüst eingehaust gewesen, erklärte Vorwig.

Die Eierkrone feiert in Kommern ein Comeback.
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Jedes Jahr erneut ein Highlight und Publikumsmagnet: Der Jahrmarkt Anno dazumal findet in diesem Jahr vom 15. bis 27. April statt.
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Also wurde der Bock wieder eingehaust, und das Gebäude sieht nun auch wieder aus wie auf den historischen Bildern – und die bei der Rekonstruktion entstandenen Räume eignen sich für eine Ausstellung zu der Mühle im Besonderen und den Mühlen im Allgemeinen. Die Eröffnung ist für Juli vorgesehen.
Das Haus aus Hanf soll auch überarbeitet werden und einer Ausstellung zum Thema „Geburt“ Platz bieten. Etwa zu den Fragen: Was bedeutete es, im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert eine Hausgeburt zu haben? Was ging medizinisch und wer und was half wie, das Kind zur Welt zu bringen? „Das ist eine Präsentation, die wir jetzt in Angriff nehmen und, wenn möglich, im Herbst oder Spätherbst eröffnen werden“, erklärte Vorwig.
Alte Wohnungseinrichtung aus Bad Münstereifel kommt ins Museum
Unterdessen wird hinter den Kulissen fleißig gearbeitet, etwa am und im Mannesmann-Haus in der Baugruppe Bergisches Land. „Wir haben jetzt die Gelegenheit, das Haus zugänglich zu machen“, erklärte Vorwig. Eine Lockerung der Bauordnung für Holzgebäude mache das möglich.
So können Besucher bald in den zweiten Stock der großen herrschaftlichen Villa der Röhren-Dynastie gelangen – und das Museumsteam kann auch dort eine Ausstellung eröffnen. Darüber freut sich besonders Michelle Turlach, zuständig für den Bereich Sammlung. Das Museum habe nämlich die Wohnungseinrichtung der Brauer-Familie Hendrichs aus Bad Münstereifel übernehmen können, samt Archiv und Tagebüchern.
Sie sind das Bindeglied zu den Besuchern.
„Ein Sechser im Lotto“, zeigt sich Turlach begeistert. Denn diese Zeugnisse der Alltagskultur einer Familie aus der Wirtschaft passten genau in das seit 1980 im Museum befindliche Mannesmann-Haus.
Um alle diese alten Gebäude in Schuss zu halten, bedarf es der ständigen Pflege, wie der Museumsdirektor erläuterte: „So werden wir weitere Thermobehandlungen an den historischen Gebäuden vornehmen, um die Holzschädlinge einzudämmen.“
Auch einige der Weichdächer müssten nach 30 oder gar 50 Jahren erneuert werden. Ebenso stehen Sanierungsarbeiten an den Ausstellungspavillons an.
Wegen des Sparzwangs gibt es 2025 keine Sonderausstellungen
Während neue Sonderausstellungen wegen des Sparzwangs für dieses Jahr nicht geplant sind, können sich die Freunde der „Grässlichen Glückseligkeiten“, wie die Ausstellung „Faszination Kitsch“ überschrieben ist, noch bis 2026 daran vergnügen. Auch eine Fotoausstellung in Kooperation mit der Biologischen Station ist in Planung.
Rund um den Garten geht es in der Ausstellung „Wink mit dem Zaunpfahl“, die im Juli des Vorjahres eröffnet wurde und noch bis Oktober laufen soll. Museumsökologin Margarethe Becker wird sich in den nächsten Wochen daran geben, sie aus dem jahreszeitlich bedingten Dornröschenschlaf zu erwecken und wieder sommerfest zu machen.
„Bei dieser Ausstellung, die wir liebevoll die Gartenausstellung nennen, ist es uns wichtig, dass wir Gartenthemen zeigen, die wir sonst nicht auf dem Gelände zeigen können“, so Becker, also jenseits der Nutz- oder Repräsentationsgärten in den Baugruppen. Becker zeichnet auch für das Projekt „Osterküken“ verantwortlich.
Im Mannesmann-Haus soll eine Ausstellung präsentiert werden
„Dort zeigen wir, wie das Huhn aus dem Ei kommt“, erklärt die Ökologin. Die Legehennen kämen aus einer Eierproduktion und würden vom Museum aufgenommen, wenn sie unwirtschaftlich geworden seien, erklärt Becker, warum eine Kunstbrut mit Inkubator vorgenommen wird: „Die sind darauf gezüchtet worden, die Eier sofort zu verlassen.“ Die Küken benötigten 21 Tage, um zu schlüpfen: „ Wir hoffen, dass so um Ostersonntag die ersten schlüpfen.“
Apropos Eier: Die Eierkrone feiert ein Comeback in Kommern. Möglich macht das eine Kooperation mit dem Junggesellenverein aus dem Bonner Ortsteil Ramersdorf, die die Eierkrone wieder instand setzen und den alten und fast in Vergessenheit geratenen Fruchtbarkeitsbrauch samt ehemaliger Königinnen und Könige feiern werden.
„Es geht bei dem Brauch darum, dass man auch auf eine gute Ernte hofft“, so Daniel Manner. Im Mai wird die Krone aufgehängt und hängen bleiben, bis im September der erste Erntewagen darunter durchgefahren ist. „Rund 3500 Eier hängen daran“, so Manner. Daher sei die Bevölkerung aufgerufen, dem Museum ausgeblasene Eier – egal, ob weiß oder braun – zur Verfügung zu stellen.
Die Hauptsaison kann also starten. Vermittlerin Annette Meylahn und ihre Mitstreiter stehen bereit. „Das ist ziemlich authentisch, was ich hier mache“, sagt Meylahn. Auch zu Hause liebe sie es, den Garten zu pflegen. Seit 2013 arbeitet sie fürs Museum. „Es macht mir sehr viel Spaß“, so die „Bäuerin“ aus der Baugruppe Eifel. Das gesamte Jahresprogramm ist im Internet abrufbar.
Wo das Freilichtmuseum Kommern spart – und wo nicht
„Es ist eine Situation, die wir so in unserer Geschichte noch nicht hatten“, leitete der Direktor des LVR-Freilichtmuseums Kommern, Dr. Carsten Vorwig, ein bitteres Thema ein: „Wir sind von massiven Sparmaßnahmen betroffen.“
Das hat unmittelbar mit der zum Teil hitzigen Diskussion um die Kreisumlage zu tun, die den elf Kommunen im Kreis Euskirchen bis zu 230 Millionen Euro in diesem Jahr aberverlangen könnte – was sich über kurz oder lang auf die Steuern für die Bürgerinnen und Bürger auswirken wird. Denn auch der Kreis muss Umlage bezahlen – und zwar an den Landschaftsverband Rheinland, den Träger des Museums. Dabei geht um rund 62,5 Millionen Euro in diesem Jahr.
Der Sparzwang treffe etwa Kliniken und Schulen des LVR, „aber ganz besonders die Kultur, weil das ja eine freiwillige Leistung ist“, so Vorwig. Die Museumsleitung habe aber ganz klar entschieden: Es werde 2025 nicht an den Veranstaltungen und nicht an den Vermittlern gespart.
„Wir haben einen Bildungsauftrag, und diesem Auftrag werden wir auch weiterhin nachkommen“, sagte Vorwig. Denn wäre das Programm nicht gut, kämen weniger Leute, was die Einnahmen senke, umschrieb Vorwig eine sich in den Schwanz beißende Katze.
Gespart werden solle da, wo es die Besucher am wenigsten merken: an Papier-Publikationen, an zusätzlichen Sonderausstellungen und am Media-Guide. Das digitale Führungsangebot sei fast fertig entwickelt, aber nun fehle es an Geld für WLAN-Punkte, die über das Gelände verteilt werden sollen.
Vielleicht könnten eine Förderung oder ein Sponsor noch helfen, ansonsten müsse die für 2025 geplante Einführung verschoben werden. Das sei bitter, „so fünf Meter vor dem Ziel“, so der Museumschef bei der Pressekonferenz.