Burscheid – „Die Corona-Pandemie bestimmt nun schon seit anderthalb Jahren im großen Ausmaß unser Leben. Und als ob das noch nicht reicht, hat uns im Juli dieses Jahres eine Flutkatastrophe im wahrsten Sinne des Wortes überrollt“, beginnt Helga Lagotzky am Donnerstag im Burscheider Stadtrat ihre Rede. Die Kämmerin hat den Haushaltsentwurf für das Jahr 2022 mitgebracht. Bei der Einbringung stellt sie klar: Eine schwarze Null kann sie im kommenden Jahr nicht vorlegen. Vielmehr wird ein Millionenverlust erwartet.
„Auch wenn die Stadt Burscheid im Vergleich zu anderen Städten vergleichsweise glimpflich davon gekommen ist“, sagt Lagotzky, „so fordern doch beide Ereignisse flexibles Handeln, auch was die Bereitstellung der erforderlichen finanziellen Mittel betrifft.“
Minus von 1,3 Millionen Euro erwartet
Während die Kämmerin für den Jahresabschluss 2021 mit einem Überschuss rechnet, prognostiziert sie für 2022 ein Defizit in Höhe von gut 1,3 Millionen Euro. Erträgen von 38,97 Millionen Euro stehen Aufwendungen von 40,28 Millionen Euro gegenüber.
Ursache für das Minus sei auch die hohe Steuerkraft der Stadt, die dazu führe, dass Burscheid 2022 keine Schlüsselzuweisung – ein Unterstützungszahlung des Landes für finanzschwache Kommunen – erhalte. 2020 hatte die Stadt über diesen Schlüssel knapp 1,7 Millionen Euro erhalten, für 2021 wurde zuletzt mit 3,6 Millionen Euro gerechnet. Die „extrem gute Entwicklung der Gewerbesteuer in den vergangenen Jahren“, so Lagotzky, wirke sich hingegen positiv aus.
Die größten Einnahmen
Die Einkommensteuer-Umlage bildet 2022 mit erwarteten 11,4 Millionen Euro die größte Einnahmequelle der Stadt – rund 555.000 Euro mehr als im laufenden Jahr. Die Gewerbesteuer-Einnahmen sollen sich auf knapp 5,6 Millionen Euro belaufen, was ebenfalls ein Plus von 600.000 Euro bedeuten würde. Die Grundsteuer B ist mit 3,4 Millionen Euro 2022 die drittgrößte Einnahmequelle für Burscheid und bewegt sich nur leicht über dem Vorjahresniveau.
Die größten Ausgaben
Die Kreisumlage soll 2022 netto 13,82 Millionen Euro betragen – und bildet damit die mit Abstand größte Ausgabe Burscheids. Sie wäre damit vier Millionen Euro geringer als im laufenden Jahr – was aber vor allem daraus resultiert, dass in den Jahren 2019 und 2020 rund 9,7 Millionen Euro Rücklagen für die erhöhte Kreisumlage gebildet wurden, die nun aufgelöst werden können.
Die Stadtverwaltung zu unterhalten, ist ebenfalls teuer: Für das Personal fallen 5,4, für Sach- und Dienstleistungen 5,2 Millionen Euro an. Die Personalkosten steigen um 5,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr, vor allem weil Beamte der Technischen Werke nach Umwandlung der Anstalt des öffentlichen Rechts in einen Eigenbetrieb übernommen werden. Die Umwandlung ist am Donnerstag vom Rat einstimmig beschlossen worden.
Belastungen durch Corona-Pandemie
Die Netto-Haushaltsbelastungen durch die Corona-Pandemie belaufen sich zum 30. September 2021 auf 350.000 Euro. Für 2022 können sie hingegen nicht genau beziffert werden, wird bei Lagotzkys Rede deutlich. Die finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie – die vor allem zu geminderten Gewerbesteuererträgen geführt hat – sei bei der Haushaltsplanung für 2022 zumindest noch spürbar und belaste die Finanzplanungen auch bis 2024.
„Dabei wird die Bewertung zunehmend schwieriger, welche Beträge tatsächlich corona-bedingt verursacht werden“, sagt Lagotzky. Sprich: Es ist zunehmend unklar, ob Mindererträge aus betrieblichen Gründen unabhängig von der Wirtschaftskrise entstanden sind – oder eine Folge der Pandemie darstellen.
Fest stehe hingegen, so die Kämmerin: „Weitere finanzielle Unterstützung durch Bund und Land sind nach der derzeitigen Gesetzeslage nicht zu erwarten.“
Belastungen durch das Juli-Hochwasser
Die Schätzung der in Burscheid entstandenen Schäden durch das Hochwasser im Juli belaufe sich auf rund 2,6 Millionen Euro. Das Bauministerium in NRW habe die Berichte zur Schadenserfassung bereits erhalten. Im Idealfall wird der komplette Betrag laut Förderrichtlinie vom Land übernommen, doch für jede einzelne Maßnahme wird zu prüfen sein, ob Schäden tatsächlich bei der Flut entstanden sind und nicht zuvor schon bestanden.