Die Mittelstandsvereinigung attackiert den Bundeskanzler. Und glaubt, dass Karl Lauterbach sich nicht durchsetzen kann.
EnergieLeverkusens CDU ruft nach billigem Industriestrom
Der Chemiegipfel vorige Woche hat nicht das Ergebnis gebracht, das sich Covestro-Chef und VCI-Präsident Markus Steilemann oder IGBCE-Chef Michael Vassiliadis gewünscht hatten. Dass die Chemie-Industrie billigeren Strom braucht, um international nicht ins Hintertreffen zu geraten, glauben zwar auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Karl Lauterbach (SPD). Aber diese Notwendigkeit sieht Bundeskanzler Olaf Scholz immer noch nicht so ganz.
Diese Zögerlichkeit bietet jetzt der CDU-Mittelstandsvereinigung (MIT) in Leverkusen Munition für einen scharfen Angriff – auf die gesamte Ampel-Koalition, in der auch die FDP grundsätzlich gegen einen Vorzugspreis für Strom-Großverbraucher ist. Am Montag zeigte Leverkusens MIT-Vorsitzender Peter Seven „völliges Unverständnis“, dass der Gipfel im Kanzleramt kein konkretes Ergebnis gebracht hat. Industrie- wie auch Gewerkschaftsvertreter hätten doch vorher „klargemacht, dass aufgrund der hohen Energiepreise die Zukunft der gesamten Chemiebranche in Deutschland auf dem Spiel steht“. Davon sei Leverkusen als zentraler Standort ganz besonders betroffen.
Lauterbachs Autorität steht in Frage
Seven sieht das Nicht-Ergebnis auch als Versäumnis des Sozialdemokraten Lauterbach an. Der scheine „am Kabinettstisch nicht ernst genommen zu werden oder aber, er setzt sich nicht für die Chemiebranche und deren Mitarbeitende ein“. Dabei hätten er und die Leverkusener SPD sich noch vor zwei Wochen mit lokalen Wirtschaftsvertretern getroffen. Da habe die Branche „erneut ihre akuten Probleme artikuliert. Auf keines davon hat es auf dem Chemiegipfel im Kanzleramt Antworten gegeben.“ Der Bundeskanzler gehe wohl wiederum davon aus, „dass ein Aussitzen das Problem schon lösen wird“.
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Mit Blick auf die alarmierenden Töne, die neben Covestro-Chef Steilemann auch sein Kollege bei Lanxess, Matthias Zachert, sowie Gewerkschafter anschlagen, sei Scholz’ Verhalten „nicht nur fahrlässig, sondern schädigt bewusst den Wirtschaftsstandort Deutschland und Leverkusen“. Seven erinnert an den Schließungsplan für zwei Lanxess-Anlagen im Werk Uerdingen.
Schädlich für den Standort Leverkusen
„Wenn hochbezahlte Arbeitsplätze in der Chemie wegfallen, schadet das nicht nur den betroffenen Beschäftigten, sondern auch der Stadt Leverkusen im Hinblick auf ihre Finanzlage sowie der lokalen Wirtschaft“, unterstreicht Seven. Die Regierung müsse endlich alles tun, um den Strompreis für Großverbraucher zu senken.
Er verstehe daher auch nicht, dass ein Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die Stromsteuer auf das europarechtliche Minimum zu senken, von der Regierung abgelehnt wurde. „Dies hätte nicht nur die Industrie, sondern ebenso das Handwerk sowie die Verbraucher entlastet“, so Seven, der selbst einen Handwerksbetrieb führt.
Aus seiner Sicht wäre der Brückenstrompreis für Großverbraucher nur vorausschauend, „damit der Staat nicht in zehn Jahren mit teuren Subventionen, analog zur Chipindustrie, diese versucht zurück ins Land zu holen“. Greift der Staat zu einer solchen – erwünschten – Subvention „muss aber auch eine Benachteiligung des Handwerks ausgeschlossen werden“, so Seven. Ein Beispiel: Der niedrigere Preis für industrielle Großbäcker würde kleine Handwerksbäckereien massiv benachteiligen.