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Überfall auf der DönhoffstraßeDie Leverkusener Kiosk-Räuber brauchten nur eine Minute

Lesezeit 4 Minuten
Ein Rettungswagen und eine Rettungsdecke auf der Dönhoffstraße.

Als das Opfer des Überfalls sich nicht mehr an dem Fluchtwagen halten konnte, prallte es auf der Dönhoffstraße gegen einen Smart.

Seine DNA ist auf einer Sturmhaube und einem Kapuzenpullover. Trotzdem streitet der Angeklagte alles ab.

Ein bisschen Kleingeld in der Schublade und ein 20-Euro-Schein vor dem Geldschrank: Mehr war nicht übrig im Kiosk an der Dönhoffstraße 7, nachdem die Räuber verschwunden waren. Mit rund 20.000 Euro Beute. Denn in dem Laden werden weltweite Bargeld-Transfers abgewickelt.

Kaum mehr als eine Minute hatten sie für den Überfall gebraucht, der am 27. Dezember 2019 die Straße in Atem hielt. Ein Mann aus dem Kiosk hatte sich an den silbernen Opel Vectra Kombi gehängt – das kümmerte die beiden Täter kein bisschen: Der Fahrer beschleunigte immer weiter, bis sich der Mann aus dem Kiosk nach nicht mal 100 Metern, auf Höhe der Montanusstraße, nicht mehr am Griff der Fahrertür halten konnte und gegen einen Smart prallte, der ihm entgegenkam. Dabei wurde er schwer verletzt: Die Fotos zeigen ein übel zugeschwollenes Auge; außerdem trägt er eine Halskrause.

Die Täter flohen zu Fuß über die Moskauer Straße

Die Räuber kamen aber auch nicht sehr viel weiter: An der Einmündung der Moskauer Straße prallte das Auto gegen einen Poller, sie ließen es stehen und flohen zu Fuß weiter. Unterwegs stopfte noch einer einen schwarzen Hoodie in einen Mülleimer, hatte ein Passant beobachtet. Eine Sturmhaube vergaß er im Auto. Auf beiden Kleidungsstücken fand die Kriminalpolizei DNA von Dejan C. (Name geändert). Das hat den heute 25 Jahre alten Mann mit montenegrinischen Wurzeln auf die Anklagebank gebracht.

Aber: Schon bei seiner ersten Vernehmung bei der Polizei hatte er behauptet, mit der Sache nichts zu tun zu haben. Den Opel habe er zwar kurz vor Weihnachten von einem Bekannten in Köln erworben – aber direkt weiterverkauft. An einen gewissen „Marco“. Doch der ist unauffindbar. Seine DNA am Hoodie erklärte Dejan C. von Anfang an so: Den habe er übergestreift, als er den Wagen von innen saubergemacht habe. Den schwarzen Kapuzenpulli, Größe XL, habe er im Kofferraum des Wagens gefunden. Zu seinen Spuren an der Sturmhaube, die laut Fotos bei dem Überfall getragen wurde, sagt Dejan C. auch vor Gericht nichts.

Der Autoverkäufer hat den Hoodie nie gesehen

Die Hoodie-Frage kann auch am Montag vor der 17. Großen Strafkammer des Kölner Landgerichts nicht aufgeklärt werden. Der Mann, der Dejan C. das Auto kurz vor Weihnachten 2019 verkaufte, trägt „so etwas nicht“, sagt er. Auch die Größe komme nicht hin. „M, manchmal S“ trage er, berichtet der 61 Jahre alte Serbe.

Auch er war nach dem Raubüberfall in Wiesdorf ins Visier der Polizei geraten, musste eine Speichelprobe abgeben. Die war aber ohne Befund – der Chef einer Baufirma fiel aus allen Wolken: „Warum hast Du das mit meinem Auto gemacht“, habe er den ihm lose bekannten Dejan C. gefragt – und selbstverständlich keine Antwort bekommen. Dass der Fluchtwagen tatsächlich der ein paar Tage zuvor verkaufte war, ergab sich übrigens nur aus der grünen Umweltplakette an der Windschutzscheibe: Die Nummernschilder waren vor dem Überfall von einem anderen Kölner Auto gestohlen worden.

Fotos zeigen zwei maskierte und wohl bewaffnete Männer

Was genau am Freitag, 27. Dezember 2019, zwischen 11.40 und 11.41 Uhr in dem Kiosk geschah, kann man nur noch auf ein paar Fotos sehen: Das Video vom Raubüberfall ist verschwunden. Die Bilder zeigen, wie zwei maskierte Männer – einer trägt einen Hoodie – in den Laden stürmen. Mindestens ihre Armhaltung zeigt, dass sie Waffen tragen. Die benutzen sie nicht: Eine Ladung Pfefferspray reicht, um den Mann hinter der Theke außer Gefecht zu setzen. Es ist ein Mann aus Indien, der nur einen Bekannten besuchen wollte und von ihm gebeten worden war, kurz auf den Laden aufzupassen, während er sich etwas zu essen besorgt. Tragischerweise wird er in dieser kurzen Zeit überwältigt, der Kiosk ausgeraubt.

Wegen der DNA kann die Kripo die beiden Handys von Dejan C. auslesen und bekommt auch einen Durchsuchungsbeschluss. Gefunden wird nichts – auf einem der Telefone ist aber ein SMS-Chat mit dem unauffindbaren „Marco“: Der beklagt sich einen Tag nach dem Überfall über den Opel. Die Bremsen seien kaputt, er will das Auto zurückgeben.

Ergibt das alles einen Sinn? Kaum: Am 28. Dezember hat die Polizei den Opel längst sichergestellt. Allerdings ist die Beweislage mit Ausnahme der DNA eher dünn: Das Überfallopfer konnte damals den Verdächtigen Dejan C. auf einem Foto nicht wiedererkennen, inzwischen ist er in Indien und für die Richter nicht greifbar. Einen Suchauftrag habe das Oberlandesgericht gestoppt, berichtete Harald Helmes, der Vorsitzende Richter der 17. Großen Strafkammer: Das hätte viel zu lange gedauert, in Indien.