Laut Anklage sollten die Eheleute sollen das Jobcenter um 170.000 Euro betrogen haben, davon blieb im Urteil nicht viel übrig.
SozialbetrugGericht fällt Urteil im Prozess gegen Mitglieder einer Leverkusener Großfamilie
Unzufrieden waren die Eheleute, Mitglieder eines Zweigs einer stadtbekannten Leverkusener Großfamilie, am Ende der Urteilsverkündung am Freitag (24. Mai) nicht. Für vier Jahre soll der Mann aus Wiesdorf ins Gefängnis umziehen. Man muss sagen: wieder. Denn bis kurz nach Neujahr 2024 saß der 45-Jährige noch ein – in der Schweiz.
Hat jemand noch (Bewährungs-) Strafen auf der Liste, so wie der Leverkusener, dann werden sie kombiniert. Die vier Jahre enthalten ein Jahr und zwei Monate Rest-Haftstrafe aus früheren Fällen, die er gemeinsam mit Verwandten in Hamburg und in der Schweiz begangen hatte: Teppichbetrug im Wesentlichen, das Teppichgewerbe ist ihm seit der Jugend bekannt.
Leverkusener Großfamilie steht wegen Sozialbetrug vor Gericht
Zurzeit befindet sich der Mann in Freiheit, aber auf Bewährung. Rein mathematisch betrachtet, soll der Mann für seinen neu abgeurteilten dreisten Sozialbetrug gegen das Leverkusener Jobcenter nur noch zwei Jahre und zehn Monate zusätzlich sitzen. Und von denen werden ihm auch noch zwei Monate erlassen – wegen der langen Verfahrensdauer. Die Frau bekommt elf Monate auf Bewährung, sie muss nicht in Haft.
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Den Schaden für das Jobcenter durch das Ehepaar hatte die Staatsanwaltschaft ursprünglich mit fast 170.000 Euro beziffert. Übrig bleiben jetzt: 23.134,46 Euro. Die müssen die Eheleute zurückzahlen, einen Teil davon hat der Staat schon in Form von drei Rolex-Uhren und Schmuck eingezogen. Die Wertgegenstände fand die Polizei bei einer Razzia in der Wohnung des Paars, für die das Sozialamt die Miete zahlte.
Ein Bündel Bargeld, 29.000 Euro, das die Polizei bei der Razzia aus einem Sofa geschnitten hatte, kann jedoch nicht ans Leverkusener Sozialamt überwiesen werden. Das Geld erhalten die Opfer zurück, die es bei einem Betrug verloren haben, erklärte der Anwalt der Frau.
Höhe der Beute aus Betrugstaten hätte beim Jobcenter angegeben werden müssen
Die Strafkammer mit der Vorsitzenden Richterin Sabine Grobecker musste viel rechnen in dem Verfahren. Was sie in der Urteilsbegründung „ein komplexes Mosaik des Zusammenlebens“ nannte, sind die vielen, im Nachhinein verwirrenden Wechsel der dokumentierten Wohnsituation des früher zudem nur nach Roma-Sitte verheirateten Paars. Zu welchen Zeiten lebten die beiden in einer Bedarfsgemeinschaft, wann nicht?
Unmöglich ist es, im Nachhinein festzustellen, ob diese Wechsel nur pro forma geschahen, damit die Stütze weitergezahlt wurde. Wann wie viel Beute im Haus war, wann also das Sozialgeld zu Unrecht bezogen wurde, ist ebenfalls entscheidend fürs Urteil. So absurd das klingt: Die Höhe der Beute hätten die Eheleute beim Jobcenter melden müssen, weil sie dadurch nicht mehr bezugsberechtigt waren. Geldbündel waren nämlich durchaus oft vorhanden, das Jobcenter lieferte offenbar das „Grundgehalt“.
Bekannt sind dem Gericht ein paar Taten, bei denen viel Geld abfiel. Dokumentiert ist: Der Beuteanteil des Mannes aus einem Teppichbetrug in Hamburg waren 26.000 Euro. Nach den Betrügereien in der Schweiz fielen ihm 17.000 Schweizer Franken Anteil zu. Der Sozialgeldempfänger konnte jedenfalls 29.000 Euro für einen sportlichen Mercedes lockermachen. Übrigens floss die Stütze auch sofort wieder, nachdem die Polizei Geld bei einer Razzia beschlagnahmt hatte, denn dann war man ja plötzlich mittellos.
Die Richterin bewertete das Verhalten des Paars in der Urteilsbegründung kühl und machte aus moralischer Perspektive dazu keine Bemerkung. Beiden bescheinigte sie aber eine erhebliche kriminelle Energie zulasten der Allgemeinheit. Seine Frau, die dem größeren Zweig der Großfamilie angehört, kann weiter auf Geld vom Jobcenter hoffen.
Nach Schluss der Verhandlung standen die Angeklagten mit einem Integrationshelfer noch an der Kaffeebude vorm Justizzentrum. Der eben Verurteilte sagte, er hoffe jetzt, dass er wieder in den offenen Vollzug komme, da sei er schonmal gewesen. Dann machten sie sich nach Leverkusen auf: Nicht mit der Straßenbahn, sondern mit einem älteren Mercedes-Kombi, abgestellt auf einem Behindertenparkplatz.