In Manfort geriet die Abholung eines Autos komplett aus den Fugen. Der Angeklagte ging in Berufung.
Zoff in der WerkstattLeverkusener nach Schlägerei mit Kunden fast rehabilitiert
Es war gut für den Angeklagten, dass die beiden Kontrahenten so bockig waren. Vater und Sohn wollten vor dem Landgericht nicht noch einmal erzählen, wie sie die üble Schlägerei vor einer Manforter Autowerkstatt erlebt hatten. Dort waren vor nunmehr viereinhalb Jahren Brechstange und Besenstiel benutzt worden, und es ab auch nicht ganz kleine Verletzungen auf beiden Seiten. Im Detail konnte das aber nicht aufgearbeitet werden. Was dem Angeklagten eher nützte.
Der Grund für „den Basar“, wie eine Zeugin das am Dienstag bezeichnete: Ein Audi war nicht durch den Tüv gekommen. Als die Besitzerin den Wagen abholen wollte, verlangte zunächst ein Mechaniker, dass die Tüv-Gebühr von 120 Euro sofort bezahlt wird. Die Kundin sah das nicht ein, verlangte den Autoschlüssel und eine Rechnung. Als sie damit nicht durchkam, rief sie ihren Mann an. Der schnappte sich zusätzlich den Vater und brach nach Leverkusen auf.
Wer hat angefangen? Das war nicht herauszubekommen
Dort ging es dann schnell körperlich zur Sache. Bis dahin glichen sich die Aussagen jener Zeugen, die etwas sagen wollten. Wer aber angefangen hatte, wer besonders aggressiv zur Sache ging – das wurde sehr unterschiedlich dargestellt. Vor reichlich einem halben Jahr wurde der Werkstattbesitzer, ein 55 Jahre alter Mann mit serbischen Wurzeln, vor dem Opladener Amtsgericht wegen gefährlicher Körperverletzung zu einem halben Jahr Gefängnis auf Bewährung und eine Geldbuße von 1000 Euro verurteilt.
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Aber damit konnte er nicht leben, ging in Berufung. „Ich bin seit 2001 selbstständig. Ich treibe mein Geld nicht mit der Brechstange ein“, sagte der Werkstattbesitzer zu seiner Motivation. Aus seiner Sicht ging die Aggression von Vater und Sohn der Audi-Besitzerin aus: beides Serben muslimischen Glaubens, die noch nicht lange in Deutschland sind. Die Drohung des Jüngeren, ein Messer aus dem Auto zu holen, habe den Streit in Wahrheit erst eskalieren lassen, so seine Darstellung. Deshalb die Brechstange, deshalb der Besenstiel, den sich sein Bruder gegriffen hatte, wie er einräumte. „Immer wieder haben wir hier Probleme mit den Leuten, immer mit den Messern“, beklagte sich der Angeklagte über seine Landsleute. Das könne nicht sein. Sein Ziel: ein Freispruch.
Die Freundin sah den Angeklagten mit der Brechstange
Für Dorothea Pfitzner, die der 6. kleinen Strafkammer am Kölner Landgericht vorsitzt, war es nach einem weiteren halben Jahr nicht einfacher, das tatsächliche Geschehen zu rekonstruieren. Erst recht nicht, nachdem die beiden mutmaßlichen Opfer beschlossen hatten, nichts mehr zu sagen. Nur die Audi-Besitzerin hatte sich vorige Woche geäußert, das Gebaren der Werkstatt-Crew als von vornherein aggressiv beschrieben und behauptet, dass sie in Manfort schon häufiger Werkstattrechnungen im Nachhinein überwiesen habe. Umso unverständlicher fand sie, dass es an jenem Tag nur gegen Cash gehen sollte.
Am Dienstag stützte eine 31 Jahre alte Leverkusenerin diese Darstellung. Sie hatte ihre Freundin nach Manfort gefahren, auch von der Schlägerei ein bisschen mitbekommen. Der Angeklagte sei, die Brechstange schwingend, auf Vater und Bruder ihrer Freundin losgegangen, so beschrieb sie es den Richterinnen.
Ein früherer Mechaniker und ein Kunde stellten die Situation anders dar. Der Kunde hatte sich sogar noch in das Handgemenge eingemischt, nachdem der Bruder des Angeklagten zu Boden gegangen und vom Mann der Kundin mit Fußtritten traktiert worden sei. Er habe den Mann zu Boden gedrückt und so in Schach gehalten, bis die Polizei eintraf.
Mit Blick auf die widersprüchlichen Angaben machte Richterin Pfitzner den Vorschlag, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen. Und in einem Punkt stimmte sie dem Angeklagten ausdrücklich zu: „Sie mussten das Auto nicht herausgeben.“
Der Vorschlag war zwar nicht, was sich der Werkstattbesitzer vorgestellt hatte. Aber es rehabilitiert ihn in gewisser Weise. Der unbescholtene Mann bekommt keinen Eintrag ins Strafregister. Bei der Geldbuße zeigte sich Pfitzner ebenfalls verhandlungsbereit. Sie wurde gegenüber dem Opladener Urteil um 100 auf 900 Euro verringert und kann in sechs Raten überwiesen werden. Nutznießer ist der „Kältegang“ in Leverkusen.