Sie heißt Ausländerrechtliche Beratungskommission. Das Gremium soll künftig einen ganzheitlichen Blick auf Migrantenschicksale werfen helfen.
MigrantenKommission soll in Leverkusen künftig Integration fördern helfen
Jüngst, im Fall des Dachdeckerazubi Sekou Sidibe, den die Stadt in sein Herkunftsland abschieben wollte, kam im Lauf des Monats September auch die Härtefallkommission des Landes NRW ins Spiel. Zu einem guten Ende für den jungen Mann aus Guinea: Die Stadt Leverkusen folgte der Empfehlung der Kommission und sprach für Sidibe eine auf drei Monate befristete Duldung aus, so dass dieser nach wochenlanger, behördlich verordneter Zwangspause endlich seine Ausbildung fortsetzen konnte.
Die Kompetenz dieser Härtefallkommission liegt in einer ganzheitlichen Betrachtungsweise eines Migranten oder einer Migrantin. Und genau diese Kompetenz bündelt die Stadt jetzt kommunal in der „Ausländerrechtlichen Beratungskommission“ (ABK). Ziel des Gremiums, das sich am 27. Juni konstituiert hat, ist, den jeweiligen Migranten vor dem Hintergrund seines rechtlichen Status, in seinen Bemühungen um Integration, seinem schulischen oder beruflichen Engagement, seinem ehrenamtlichen Einsatz oder auch Vereinsaktivitäten zu würdigen und Empfehlungen für die Ausländerbehörde auszusprechen.
Die Arbeit der ABK geht damit weit über den vom Ausländer- und Aufenthaltsrecht bestimmten Blickwinkel einer Ordnungsbehörde wie dem Ausländeramt hinaus. Das erläuterten am Dienstag unter anderem Thomas Holtzmann und Sozialdezernent Alexander Lünenbach. Holtzmann ist Geschäftsführer des Diakonischen Werks Leverkusen, aber seit Ende Juni eben auch Vorsitzender der ABK.
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Neben ihm sind weitere Vertreter der freien Wohlfahrtspflege von Caritas und Awo sowie auch des für Leverkusen zuständigen Kölner Flüchtlingsrats Mitglieder der ABK, dazu Vertreter der politischen Parteien und Gruppierungen, die auch im Integrationsrat tätig sind und schließlich Mitarbeitende der städtischen Fachverwaltungen für Ausländerwesen und Integration. Holtzmann sagte, er sei froh und dankbar, „dass das hier möglich ist“. Unabhängig vom rechtlichen Status des jeweiligen Migranten werde über dessen Potenzial und Bleibeperspektive beraten. Auch Lünenbach betonte: „Integration hat einen hohen Stellenwert in der Stadt.“
Die ABK fußt letztlich auf dem Ende 2017 vom Rat beschlossenen kommunalen Integrationskonzept. 2020 wurde in der Folge dann aus Kreisen der in der Integration Aktiven die Einrichtung der Kommission angeregt, die in anderen Städten bereits Standard ist. Warum es dann noch vier Jahre gedauert hat, bis sich die Beratungskommission gegründet hat, erläuterte Lünenbach neben pandemiebedingten Verzögerungen mit der umfangreichen Vorbereitungsarbeit für das Gremium.
Leverkusen: Einzelfälle werden besprochen
Zweimal im Jahr soll es regulär tagen, außerordentliche Sitzungen sind möglich. Alle Mitglieder können Einzelfälle in den Sitzungen vortragen. Die erste reguläre Sitzung soll noch im November erfolgen. Claus-Ulrich Prölß vom Kölner Flüchtlingsrat, der auch für Leverkusen zuständig ist, betonte: „Die Sitzungen der ABK sind nicht-öffentlich, die unterschiedlichen Blickwinkel kommen so ganz anders zusammen.“
Aber unabhängig von der Arbeit der neuen Kommission wird es natürlich auch weiter Rückführungen von Migranten in ihre Herkunftsländer geben. Darauf angesprochen, dass die Zahlen in diesem Jahr verglichen mit 2023 kräftig gestiegen sind, betonte Oliver Gäcke, Fachbereichsleiter Bürger und Integration in der Stadtverwaltung und zugleich Geschäftsführer der ABK, die Abschiebezahlen lägen jetzt in etwa ein Viertel so hoch wie vor der Pandemie. Auch der Schwerpunkt der Länder, in die abgeschoben wird, habe sich geändert. Vor der Coronapandemie habe es viele Rückführungen in Westbalkan-Länder gegeben sowie Überstellungen auf Basis des Dublin-Verfahrens. Aktuell werden vermehrt Menschen in nordafrikanische Länder, nach Armenien und Georgien abgeschoben.
Göcke wies wie Prölß auch darauf hin, dass die ABK über die Beratung von Einzelfällen hinaus auch bestimmte Regeln für Verwaltungshandeln wie etwa eine Richtlinie zur Beachtung des Kindeswohls, wenn etwa ganze Familien abgeschoben werden, empfehlen kann. Eine solche Richtlinie gibt es bereits in Köln. „Natürlich gehen auch wir mit einem bestimmten Wertesystem an eine anstehende Rückführung heran. Aber da können wir uns im Sinne von ,best practice' etwas vom Nachbarn im Süden abgucken.“
Oberbürgermeister Uwe Richrath hatte zur Vorstellung der neuen Beratungskommission einleitend gesagt: „Leverkusen ist eine Stadt der Offenheit, Vielfalt und Rechtsstaatlichkeit. Es geht bei dem Thema um Menschen und Familien, aber immer im gesetzlichen Rahmen.“ Prölß ergänzte das mit Blick auf die ABK: „Es geht darum, mehr Integration in Leverkusen zu ermöglichen.“