Die Beziehung von Jacqueline E. zum Angeklagten war sehr schnell toxisch, sagt ihre enge Vertraute.
Mordprozess am Kölner LandgerichtFreundin warnte: „Fahr nicht allein nach Leverkusen“
„Das war eine toxische Sache. Der hat sie kontrolliert und gestalkt.“ Samantha R. Ist die beste Freundin des Rheindorfer Mordopfers. Die beiden Frauen kannten sich seit gut zehn Jahren, waren Nachbarinnen. „Wir haben über alles geredet“, sagt sie im Kölner Landgericht. Auch diese Vernehmung ist heikel. Unter anderem, weil die beiden Freundinnen sich massenhaft Audio-Nachrichten geschickt haben. Das bedeutet: Immer wieder ertönt die Stimme von Jacqueline E. aus dem Handy der Freundin. Das ist diesmal vor allem der Schwester des Opfers zu viel. Sie geht zwischendurch raus an diesem Freitagnachmittag, Luft schnappen.
Auch Samantha kann eine Pause gebrauchen. Alexander Fühling gewährt sie ihr ungefragt nach den Geschehnissen kurz zuvor: Der Vorsitzende Richter der 21. Großen Strafkammer hatte, konfrontiert mit der Abschiedsnachricht der anderen guten Freundin des Opfers, den psychiatrischen Gutachter im Prozess gebeten, mit der Frau zu reden. Ihr wird nun eine Vernehmungspause bis Montag gegönnt. Versehen mit der Adresse einer Psychologin verlässt sie den Gerichtssaal vorerst. „Sie brauchen Hilfe“ hatte Fühling der alleinerziehenden Frau mit auf den Weg gegeben.
Die totale Überwachung
Angst gemacht hat Ali L. (Name geändert) Samantha R. nicht. Aber dass der neue Partner ihrer Freundin krankhaft eifersüchtig war, glaubt sie in jedem Fall. Im vorigen Spätsommer habe er sogar sein Handy mit dem von Jacqueline E. gekoppelt. „Deshalb hat sie immer alles sofort gelöscht“, erinnert sich die Freundin an diese Phase. Im April sei der Mann mit türkischen Wurzeln im Leben von Jacqueline E. aufgetaucht, berichtet die Zeugin. Die beiden hätten sich über eine App kennengelernt. Schnell habe sie geschwärmt von dem Neuen, „die war einfach schwer verliebt“.
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Getroffen habe sie den Mann fast immer im Hotel – schließlich wohnt er in Rheindorf mit seiner Mutter in einer Wohnung. Und die, das weiß man inzwischen, ist streng gläubig, hätte die Beziehung mit einer Deutschen, die noch dazu zwei Kinder aus einer anderen Beziehung hat, sicher nicht geduldet. Weil Ali L. offenbar keiner Beschäftigung nachging, habe Jacqueline auch die Hotelrechnungen bezahlt, berichtet ihre Freundin. Recht schnell habe es extreme Aufs und Abs in der Beziehung gegeben, bestätigt sie die Wahrnehmung der anderen Freundin. Deshalb sei Jacqueline zunächst auch nicht glücklich mit der Schwangerschaft gewesen. Dann wieder war von Heirat die Rede. Jacqueline E. habe auf keinen Fall gewollt, dass auch dieses Kind wieder keinen Vater hat.
Es wird „Blut fließen“, hieß es schon früher
Was niemand in aller Konsequenz ahnte: Ali L. wollte auf keinen Fall Vater sein. Dass die Offenbarung der Schwangerschaft sein Motiv war, Jacqueline E. am 27. Oktober 2023 mit mindestens zehn Messerstichen zu töten, ergibt sich aus den Ermittlungen.
An diesen 27. Oktober kann sich auch Samantha R. noch im Detail erinnern. Es sei ihr nicht wirklich klar gewesen, dass ihre Freundin allein nach Rheindorf wollte, um die Familie L. mit ihrer Schwangerschaft zu konfrontieren. Denn schon vorher war in Nachrichten davon die Rede gewesen, dass „Blut fließen wird“. Immer wieder habe Ali L. auch zugeschlagen, heißt es.
Die Konsequenz aus dieser offenbar gefährlichen Konstellation sei die Aufforderung an die Freundin gewesen: „Fahr nicht allein nach Leverkusen.“ Am Abend des 27. Oktober machte sich Jacqueline trotzdem auf den Weg. „Hätte ich gewusst, dass sie da hin fährt, ich hätte das verhindert“, sagt Samantha R. Dass sie es nicht getan hat, nimmt die junge Frau extrem mit.