Erzieherinnen in städtischen Kitas werden aktuell besser bezahlt als bei freien Trägern. Das wird wohl auch so bleiben, trotz bestehender Zusagen.
Gehaltserhöhung für ErzieherinnenStadt Leverkusen will Zusage an Kitaträger zurücknehmen
Als die CDU ihren Antrag zur Haushaltskonsolidierung nachträglich auf die Tagesordnung des Kinder- und Jugendhilfeausschusses bringen will, explodiert Axel Zens. In dem Vorschlag geht es unter anderem darum, dass künftig Kitas von Investoren gebaut und von freien Träger betrieben werden sollen. „Kein Träger wird einen Vertrag mit irgendeinem Investor unterschreiben, wenn er nicht weiß, was er dafür kriegt“, poltert der Vorsitzende des AWO-Kreisverbandes Leverkusen. Und bringt ein Thema aufs Tableau, das überhaupt nicht auf der Tagesordnung steht: Die Stadtverwaltung will offenbar den Ratsbeschluss zurücknehmen lassen, in dem den freien Trägern die Kostenübernahme für die Gehaltsangleichung an städtische Erzieherinnen zugesichert wird.
Rückblick: Im Februar 2024 hatte die Stadt verkündet, die städtischen Erzieherinnen wegen erhöhter Belastung von der Tarifgruppe 8a auf 8b hochzustufen. Für die Mitarbeitenden bedeute das eine Gehaltserhöhung je nach Status von bis zu 200 Euro im Monat - und das rückwirkend bis ins Jahr 2022.
Leverkusener Stadtrat beschließt Kostenübernahme
Daraufhin haben die Wohlfahrtsverbände einen Brandbrief verfasst, in dem sie ankündigen, dass sie die Erhöhung aus eigenen Mitteln nicht mitgehen können und Personalabwanderung, Insolvenz und Kitaschließung drohen, sollte die Stadt die Ungleichbehandlung nicht ausgleichen. Der Stadtrat hat dann am 1. Juli beschlossen, dass die Stadt die Mehrkosten für die Höhergruppierung bei den freien Trägern übernimmt, in Zukunft und rückwirkend für das laufende Kitajahr.
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Das Geld sei noch nicht geflossen, sagt Axel Zens. Dezernent Marc Adomat macht keinen Hehl daraus, dass es auch nicht kommen wird: „Wir werden das in der aktuellen Haushaltssituation nicht weiter verfolgen, das ist eine freiwillige Leistung, die aktuell so nicht leistbar ist.“ Der Beschluss müsse natürlich noch vom Rat zurückgenommen werden.
Für die vier Awo-Kitas in der Stadt beziffert Zens die Mehrkosten auf rund 170.000 Euro pro Jahr, würde er die Höhergruppierung auf eigene Kosten vornehmen – ohne künftige Tariferhöhungen. „So viel Geld kann man gar nicht auf der hohen Kante haben.“ Also müsse er seinen Mitarbeitern beibringen, dass sie in der aktuellen Gehaltsgruppe bleiben werden. „Und natürlich fragen mich die Leute danach und drohen damit, zu gehen, wenn sie das Geld nicht bekommen.“ Neues Personal zu gewinnen, sei fast unmöglich. „Bei der Caritas sind zuletzt nach Bewerbungsgesprächen sechs Interessenten wieder abgesprungen, weil wir nicht entsprechend zahlen können“, weiß er zu berichten.
Hinter der Entscheidung, die Tarifanpassung für städtische Erzieherinnen ohne vorherige Absprache mit den freien Trägern durchgezogen zu haben, stehe Adomat weiterhin. „Ich habe das damals für meine Mitarbeiterinnen gemacht, weil es tarifrechtlich möglich war.“ Dass die Betreuungssituation in Leverkusen durch das Ungleichgewicht noch tiefer in die Krise rutschen könnte, glaubt er nicht: „Geld ist nicht immer das einzige Argument, es geht ja auch darum, ob die Mitarbeiter sich wohlfühlen.“ Gehaltsunterschiede gebe es auch schon im Vergleich mit Nachbarkommunen.
Stadt will Trägeranteil einfrieren
Das sehen die freien Träger anders, zumal sie sich auch abseits der Tariferhöhung um die Finanzierung sorgen. Aktuell bekommen die meisten freien Träger eine Übernahme des Trägeranteils von 103 Prozent von der Stadt für Betriebskosten und Verwaltung. Diesen will die Stadt weiter zahlen, die jeweils aktuell gezahlten Beträge aber für die nächsten zehn Jahre einfrieren. „Damit erreichen wir eine Kosten- und Planungssicherheit für die Stadt und die Träger“, erklärt Stefan Hebbel, Vorsitzender des Kinder- und Jugendhilfeausschusses und der CDU-Fraktion. „Damit würde jede Tariferhöhung zulasten der Träger gehen, das haben wir als Wohlfahrtsgemeinschaft klar abgelehnt“, entgegnet Zens.
„Wir müssen sparen und die freien Träger müssen existieren“, sagt Hebbel, nur so könne die Kitalandschaft bestehen. Dafür müsste nun ein „Gesamtpaket geschnürt werden“. Eine „Gesamtlösung zur Kitafinanzierung im Rahmen der städtischen Möglichkeiten“ fordert auch SPD-Fraktionsvorsitzende Milanie Kreutz. Dafür müssten aber auch Land und Bund sich finanziell mehr engagieren und die freien Träger nachweisen, dass der erhöhter Förderbedarf in ihren Einrichtungen gegeben ist, der die Tarifstufe 8b rechtfertigt. Valeska Hansen, frisch nominierte FDP-Bürgermeisterkandidatin, hält es für „schwierig, solche getroffenen Aussagen zurückzunehmen. Wir können da nicht in Konkurrenz treten.“
Ein Gesamtkonzept fordert auch Zens, und zwar bis spätestens zur Sondersitzung des Kinder- und Jugendhilfeausschuss am 24. Februar. „Ich erwarte von der Politik Klarheit, Wahrheit und Haltung“, sagt Zens am Tag nach dem Ausbruch im Ausschuss. All das habe er sowohl in dieser Sitzung, als auch in dem Gebaren der letzten Wochen, vermisst.
Elternbefragung zur Kinderbetreuung
Die Sondersitzung, bei der das Betreuungsangebot für das kommende Kitajahr 2025/26 beschlossen werden soll, wird am 24. Februar stattfinden. Das hat Dezernent Marc Adomat im Kinder- und Jugendhilfeausschuss verkündet, der normalerweise in seiner ersten Sitzung des Jahres das Platzangebot an Kindertagesstätten verabschiedet. Danach können die jeweiligen Kitaleitungen die genehmigten Plätze in der jeweiligen Stundenzahl unter den Anmeldungen vergeben.
Der Grund für die Verzögerung sei, dass die Stadt einen Fragebogen an die Eltern von aktuellen und künftigen Kindern im Kitaalter aufgelegt hat, um den tatsächlichen Bedarf, vor allem in Bezug auf die Betreuungszeit abzufragen. Dieser sei in dieser Woche in verschiedenen Sprachen gedruckt worden und werde nun an die Eltern verteilt, die 14 Tagen Zeit für die Beantwortung haben. Die Ergebnisse sollen dann noch in die Planungen einfließen. „Wir wollen uns die Möglichkeit offen halten, das Angebot noch daran anzupassen“, erklärt Adomat.