Gummersbach – Im Sommer beendeten Tobias Schröter (28) und Malte Meinhardt (25) im besten Handballalter ihre Profikarriere beim VfL Gummersbach. Wie sich das Leben für sie geändert hat, darüber sprach Andrea Knitter mit den beiden Außenspielern.
Profisportler haben einen anderen Tagesablauf als die meisten Berufstätigen, mit Trainingseinheiten, die am Vormittag beginnen oder am späten Nachmittag, dazu Reisen zu Auswärtsspielen. Mussten Sie sich erst wieder daran gewöhnen, morgens früh aufzustehen?
Tobias Schröter: Nein, von den Zeiten her hat sich bei mir kaum etwas geändert. Ich bin auch schon als Profi in der Ersten Bundesliga früh aufgestanden und habe im Büro im Betrieb meines Vaters gearbeitet. Anders ist, dass ich jetzt auch auf dem Dach stehe und meinem Beruf als Dachdecker nachgehe. Das konnte ich als Handballprofi nicht tun.
Wie sieht heute Ihr Tagesablauf aus?
Schröter: Wie bei vielen anderen Selbstständigen auch. Als Junior-Chef bin ich gegen 6 Uhr im Betrieb und bereite alles vor, damit die Mitarbeiter loslegen können. Wie gesagt, das frühe Aufstehen bin ich gewohnt. Ich habe nur nach langen Auswärtsfahrten morgens länger regeneriert.
Wie ist das bei Ihnen, Herr Meinhardt?
Malte Meinhardt: Bei mir ist es etwas anders als bei Pepe, denn ich war nur in der vergangenen Saison Vollprofi. Vorher liefen meine Ausbildung zum Industriekaufmann und der Handballsport parallel. Es war nicht immer einfach, beides unter einen Hut zu bringen. Nach meinem Abschluss war ich unter VfL-Trainer Gudjon Valur Sigurdsson ein Jahr lang Vollprofi. Anders als bei Pepe lief mein Vertrag aus und wurde nicht verlängert.
Waren Sie nicht auf den Geschmack gekommen, Handball weiter als Beruf auszuüben?
Meinhardt: Ich habe schon geschaut, welche Möglichkeiten ich habe. Da ich mich durch meine Freundin, meine Familie und Freunde aber an Nordrhein-Westfalen gebunden fühle, hat es nicht funktioniert. Weit weg wollte ich nicht gehen.
Fiel Ihnen die Entscheidung nicht schwer, nachdem Sie es in den Profibereich geschafft und auf sich aufmerksam gemacht hatten?
Meinhardt: Als klar war, dass mein Vertrag beim VfL nicht verlängert würde, war es schon schade, denn es war genau das, was ich machen wollte, seitdem ich ein kleiner Junge war. Meine Karriere war ja zuvor eine Berg- und Talfahrt. Mit 18 Jahren wurde mir beim VfL gesagt, dass es nicht für die Dritte Liga reicht. Ich habe dann drei Jahre beim TV Strombach in der Oberliga gespielt und bin anschließend zurück zum VfL, wo ich in der Zweiten Liga Fuß gefasst habe. Ich gehörte zum Kader der ersten Mannschaft, in einem Verein, in dem ich immer sein wollte. Es war eine coole Sache und ich hätte es auch gerne weitergemacht.
Welche Gedanken gingen Ihnen durch den Kopf als klar war, dass es nicht weitergehen würde?
Meinhardt: Im Sommer ist mir klar geworden, dass die Zeit im Profihandball begrenzt ist, und ich habe mir Gedanken zum Berufseinstieg gemacht. Heute habe ich andere Ziele, stehe auf eigenen Beinen und spiele Handball beim HC Gelpe/Strombach nur noch zum Spaß.
Bei Ihnen, Herr Schröter, war es anders. Den Schlussstrich nach neun Jahren unter die Profikarriere zu setzen, war ein ganz bewusster Entschluss, oder?
Schröter: Es war alles so geplant. Ich hatte noch ein Jahr Vertrag beim VfL und habe meine Kündigungsoption gezogen. Ich hatte mich schon vor zwei oder drei Jahren mit meinem Vater hingesetzt und habe das mit ihm geplant. Er ist 60 Jahre alt und kann mir nun helfen, die Firma weiterzuführen. In ein paar Jahren ist das vielleicht nicht mehr so. Ich bin ihm sehr dankbar, dass er es mir möglich gemacht hat, Profi zu werden, jetzt war der ideale Zeitpunkt, um als Geschäftsführer einzusteigen.
War es für Sie immer klar, Dachdecker zu werden?
Schröter: Ja, ich habe ja direkt nach dem Abitur meine Lehre gemacht. Ich wollte immer was im Handwerk machen, das liegt mir einfach.
Seit Saisonende sind es zwar erst fünf Monate, aber an was denken Sie besonders gerne in Ihrer Profikarriere zurück?
Meinhardt: Dass man so viele tolle Leute kennengelernt hat. So durfte ich unter Goggi trainieren, an dessen Hand ich einst als Einlaufkind in die Halle kam. Ich denke gerne an Mitspieler wie Raul Santos, mit dem ich die Position geteilt habe, an Tin Kontrec oder Alexander Becker. Aber ich denke auch daran, wie lange ich mit Fynn Herzig, Jonas Stüber oder Lasse Hasenforther zusammen gespielt habe. Ich habe auf dieser Reise Leute kennengelernt, mit denen mich eine Freundschaft verbindet, die über den Sport hinausgeht. Ich bin einfach froh über die Zeit und die Erfahrungen, die ich gesammelt habe.
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Schröter: Das geht mir ganz genau so. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass Alexander Becker, der heute bei Eintracht Hagen spielt, und Hannes Volk, der in der Geschäftsstelle des VfL arbeitet, im April meine Trauzeugen sind, wenn ich meine Verlobte Steffi heirate.
Herr Schröter, Sie waren beim letzten Heimspiel des VfL gegen Aue Co-Kommentator von Maik Thiele. Wie ist das für Sie beide, ein Spiel des VfL zu sehen?
Schröter: Ich muss sagen, ich bin vorher schon ein bisschen hibbelig. Ich gucke das Spiel und freue mich, wenn ich die Mannschaft sehen und damit auch meine Freunde.
Meinhardt: Als ich jetzt gegen Essen in der fast ausverkauften Halle war, war ich schon ein bisschen wehmütig. Eine solche Stimmung ist mir als Spieler durch Corona leider verwehrt geblieben. Aber ich gehe gerne in die Halle und würde das nicht tun, wenn ich dem VfL etwas nachtragen würde.
Sie spielen beide beim HC Gelpe/Strombach, dem Tabellenführer der Nordrheinliga, der Vierten Liga. Können Sie sich ein Leben ohne Handball eigentlich vorstellen?
Schröter: Im Moment noch nicht. Ich war aber auch sehr überrascht von der Nordrheinliga, was sie für eine Qualität hat. Die Leistungsdichte ist sehr hoch und ich bin immer wieder erstaunt, wem man alles begegnet, den man noch aus der Bundesliga kennt. So treten wir im Dezember beim OSC Rheinhausen an, wo Matthias Puhle im Tor steht, mit dem wir im vergangenen Jahr noch beim VfL zusammengespielt haben.
Meinhardt: Beim HC spiele ich jetzt auch mit vielen zusammen, mit denen ich schon in früheren Jahren angetreten bin. Ich könnte nicht von einem Tag auf den anderen sagen, jetzt höre ich auf. Mit Gelpe/Strombach haben wir eine gute Lösung gefunden. Es ist ein toller Verein und es macht Spaß.