Bergisch Gladbach – Greta sei Dank: Das Thema Nachhaltigkeit bekommt derzeit Aufwind. Man kann gewiss über die Form der Schülerproteste streiten, doch die Bewegung „Fridays for Future“ hat die Sinne geschärft und ein Projekt in Erinnerung gerufen, das in der öffentlichen Wahrnehmung ein bisschen eingeschlafen zu sein schien: Bergisch Gladbach ist Fairtrade-Stadt – und auch sonst tut sich was.
Im Jahr 2012 ist die Kreisstadt erstmals zertifiziert worden vom international operierenden Kölner Verein TransFair, dem es um die Nachhaltigkeit der Handelsprodukte geht – vom Lebensmittel bis zum Kleidungsstück. Entscheidend ist, ob das Produkt unter menschenwürdigen und umweltschonenden Bedingungen hergestellt wurde. Das gilt weltweit.Seitdem hat sich die Fairtrade-Bewegung überall ausgebreitet, selbst in Supermärkten stehen Waren mit dem prägnanten Siegel im Regal.
Doch was macht die Zertifizierung von Städten aus? „Das spielt sich auf vielen Ebenen ab,“ sagt Tanja Franken, die im Büro des Bürgermeisters für die Koordination der Kampagne „fairliebt in Bergisch Gladbach“ zuständig ist. „Zum einen verwendet die Stadt in ihren Behörden möglichst faire Produkte wie zum Beispiel Kaffee und Schokolade.“ Ein Einkaufsführer listet 50 Geschäfte auf, die faire Produkte anbieten oder mit ihnen arbeiten und auch an einem Logo an der Eingangstür ihres Ladenlokals oder Büros zu erkennen sind. Vom Eine-Welt-Laden über den Bestatter bis zur Fairtrade-Kita (die Awo-Kita Margaretenhöhe wurde für ein Projekt zur Kinderarbeit und -armut ausgezeichnet): Teilnehmer gibt es mittlerweile aus allen möglichen Bereichen der Gesellschaft. „Die Kirchengemeinden sind auch sehr aktiv,“ lobt Tanja Franken.
Fairtrade-Frühstücke und andere Projekte
Besonders freut sie aber: „Nach dem Berufskolleg wird demnächst mit dem Albertus-Magnus-Gymnasium die erste Schule aufgenommen.“ Mit Aktionen und der korrekten Bestückung der Cafeteria haben die Schüler und Lehrer sehr aktiv darauf hingearbeitet. Eine Steuerungsgruppe versucht im Auftrag der Stadt, das Thema in der Öffentlichkeit zu halten, mit Infoständen auf dem Markt, Fairtrade-Frühstück (das nächste am 15. Mai) und anderen Aktionen. „Wir spüren Aufwind,“ sagt die Vorsitzende Renate Beisenherz-Gallas. „Aber das Echo könnte noch größer werden.“ Beisenherz-Gallas sieht „auf lokaler Ebene noch Handlungsbedarf“.
Das könnte Sie auch interessieren:
So friste zum Beispiel der Eine-Welt-Laden im Gebäude der Stadtbücherei am Forumpark ein Nischendasein. „Woanders sieht sowas sehr viel schicker und repräsentativer aus.“ In Gladbach fehle leider die finanzielle Unterstützung, beklagt die Aktivistin, lobt aber den neuen Einkaufsführer – und „dass wir gerade bei den jungen Leuten auf große Resonanz stoßen. Als wir auf dem Gladbacher Wochenmarkt Ostereier aus fair gehandelter Schokolade verteilt haben, sagten viele zu uns: Ja, die kaufen wir jetzt auch“. Von einer spektakulären Aktion, die richtig Aufmerksamkeit erregt, träumt Renate Beisenherz-Gallas. „Zum Beispiel eine Petition an die Firma Lindt schicken. Die produzieren so viel Schokolade, aber sie könnten viel mehr auf diesem Gebiet tun,“ findet sie.
In Schildgen ist das ökumenische Begegnungscafé „Himmel & Ääd“ eingestiegen. „Unsere Produkte sind so weit wie möglich fair gehandelt,“ sagt der Vereinsvorsitzende Achim Rieks. Zusammen mit den Schildgener Kirchengemeinden Andreas und Herz-Jesu ist die Initiativgruppe „FairSuchen – Schildgen“ gegründet worden. Jeden Monat steht ein neues Thema auf der Agenda, von der bienenfreundlichen Wiese bis zum Einsammeln alter Handys. Im Café, der Herz-Jesu-Kirche, dem Gemeindebüro der Andreaskirche, der St. Konrad-Kirche in Hand sowie der Clemens-Kirche in Paffrath sind Sammelboxen eingerichtet. Die Rohstoffe werden recycelt, benutzbare Geräte zur Wiederverwendung gegeben. Der Erlös geht an Missio und Brot für die Welt.
Neu gegründet ist auch das Forum für Nachhaltigkeit in Bergisch Gladbach (siehe Interview), mit dem Unternehmensberater Christian Gollmer das Thema in der Region verankern möchte. Zusammen mit dem Kulturbüro der Stadt hat er gerade eine Ausschreibung für einen urbanen Kunstpreis auf den Weg gebracht. Prämiert werden soll eine Arbeit, die den Begriff Nachhaltigkeit aufgreift.Eine Neugründung von Stadt und NRW-Ministerium ist auch die Werkstatt für Nachhaltigkeit „Weltretter“. Im Atelier KLKS (Dechant-Müller-Str. 12) können Jugendliche von zwölf bis 16 Jahren kostenfrei mitmachen.