Bei einer Informationsveranstaltung konnten Fachleute den Bürgern die Sorge vor einem erneuten Hochwasser nicht nehmen. Die wichtigste Frage blieb unbeantwortet.
FlutkatastropheBlessemer fürchten, dass der Ort beim nächsten Hochwasser wieder absäuft
Die äußerlichen Spuren der Flutkatastrophe in Blessem werden immer weniger. Die Häuser an der Radmacherstraße sind fast komplett wieder aufgebaut, die Reithalle des Veltenhofs steht längst wieder, selbst aus dem Krater ist mittlerweile eine Mulde geworden. Doch die Spuren in der Psyche der Betroffenen hat die Zeit nicht verwischt.
Erftstadt: Bürger leben in Angst
Viele Blessemer haben Angst, dass noch einmal ein Hochwasser ihren Ort verwüsten könnte – Angst, die ihnen die Fachleute beim Informationsabend nicht nehmen konnten. Stadtverwaltung und Bürgerforum hatten eingeladen ins Pfarrzentrum St. Michael.
Dass es voll werden würde im Saal war früh zu merken. Diejenigen, die einen Stuhl ergattert hatten, rückten zusammen. An den Wänden wurden Bierbänke aufgestellt. Doch immer noch standen die Besucherinnen und Besucher bis weit in den Vorraum. Schließlich wich man in die benachbarte Kirche aus.
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Erftstadt: Entwässerung wird erneuert
Vertreter der Rheinischen Baustoffwerke (RBS) erläuterten den Stand der Arbeiten an den Böschungen und die Sicherungsmaßnahmen. RBS hat die Kiesgrube betrieben, die im Juli 2021 unter dem Druck des Hochwassers eingestürzt war. Damals waren mehrere Häuser und ein großes Stück der Radmacherstraße in den Fluten versunken.
Derzeit schützen Wälle die Erosionsfläche vor einem eventuellen neuen Hochwasser. In der Mulde sind zwei Becken zu sehen. Wie Martin Bresser vom Ingenieurbüro Fischer Teamplan erläuterte, ist eines ein Versickerungsbecken und eines ein Auffangbecken für Mischwasser. Denn die Entwässerung des Ortes Blessem muss erneuert werden.
Unter anderem wird ein unterirdisches Rückhaltebecken gebaut mit einem Fassungsvermögen von 2000 Kubikmetern. Bresser rechnet mit einer Bauzeit von 60 Wochen, Baubeginn soll in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres sein. Noch länger wird es dauern, bis der Krater endgültig verfüllt ist.
Im April 2023, beim Beginn, sei man von drei Jahren ausgegangen, sagte Daniel Hermes, Abteilungsleiter bei der Stadt Erftstadt. Mittlerweile gehe man davon aus, dass es anderthalb Jahre länger dauern werde. Die Dimensionen sind in der Tat gewaltig: 320.000 Kubikmeter Füllboden werden eingebracht und mit 70.000 Kubikmetern Löß und Lehmboden abgedeckt.
Erftstadt: Wichtigste Frage blieb unbeantwortet
Das Füllmaterial müsse unbelastet sein, und genau daran mangele es zurzeit. Noch viel, sehr viel länger wird es dauern, bis der See, der in der Sekundäraue entstehen soll, denn endlich zum Baden einlädt: Das werde so ungefähr 2070 der Fall sein, prognostizierte Claudia Schumacher, Leiterin Planung und Vermessung bei RBS. Die Sekundäraue soll das Wasser der Erft auffangen, wenn sie noch einmal ihr Bett verlässt.
Das Problem, das den Zuhörern und Zuhörerinnen aber am meisten auf den Nägeln brannte, lösten all diese Pläne nicht. Denn im Ernstfall komme das Hochwasser aus Richtung Süden, da rette die Sekundäraue nördlich des Ortes nichts. Die drängende Frage des Abends war: Was wird getan, damit ein Hochwasser der Erft erst gar nicht in Blessem ankommen, sondern schon vorher aufgefangen würde?
Konkret beantworten konnte diese Frage an dem Abend keiner. Dirk Schulz, Technischer Beigeordneter in Erftstadt, verwies auf das städtische Hochwasserkonzept, das gerade erstellt werde. Das Problem, so Schulz: „Wir können nicht einfach einen Hochwasserschutz bauen, sondern müssen belegen, dass dadurch kein anderer geschädigt wird.“ Deshalb gebe es ja die Hochwasserschutzkooperation Erft, in der die Kreise, Kommunen und der Erftverband ihre Pläne miteinander abstimmten.
Zufriedengestellt waren die Blessemer am Ende des Abends nicht. Karl Berger, Vorsitzender des Bürgerforums Blessem, fasste resigniert zusammen, was wohl viele dachten: „Wenn das nächste Hochwasser kommt, säuft Blessem wieder ab.“