Angehörige spürten dem Leid der Inhaftierten des NS-Terrors nach. Besucher kamen unter anderem aus San Francisco oder den Niederlanden.
Tag der offenen TürErschütternde Einblicke in der Gedenkstätte des LVR in Pulheim-Brauweiler
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Francie Nouveland kam mit ihrer Familie aus dem niederländischen Tilburg, um von Markus Thulin Details über die Inhaftierung ihres Onkels Frans zu erfahren.
Copyright: Elke Petrasch-Brucher
„Horrible“, sagt Ellen beim Blick in die winzigen vergitterten Arrestzellen. „Schrecklich.“ Mit Schwester Joan ist sie aus San Francisco angereist. Ihr Großvater Paul Cappel war hier einst inhaftiert, das lässt beide nicht mehr los. Ein Anwalt jüdischen Glaubens, ein stolzer Mann und ein Deutscher durch und durch. „Er war Patriot“, sagt Ellen und zeigt ein Foto des Eisernen Kreuzes, das ihm verliehen wurde.
Das ist eines der Schicksale von fast 1800 Gefangenen, denen wir hier in der Gedenkstätte nachspüren. Wahrscheinlich sind es noch viele mehr.
Nach monatelanger Haft im Konzentrationslager Brauweiler wurde er nach Dachau deportiert. Er überlebte, musste Deutschland aber verlassen. 1940 kam er mit dem Schiff nach Amerika und baute sich ein neues Leben auf. Von Deutschland sprach er nie wieder.
„Das ist eines der Schicksale von fast 1800 Gefangenen, denen wir hier in der Gedenkstätte nachspüren“, sagt Markus Thulin, wissenschaftlicher Referent für Gedenkstätten-Pädagogik. „Wahrscheinlich sind es noch viele mehr.“
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„Ab nach Brauweiler“ war schon um 1900 ein gefürchteter Satz
„Ab nach Brauweiler“ war schon um 1900 ein gefürchteter Satz. Zunächst wurden hier Kleinkriminelle nach verbüßter Haftstrafe eingeliefert. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde die Arbeitsanstalt zum Konzentrationslager. Viele Häftlinge erlitten Folter, wurden isoliert und später nach Dachau oder Buchenwald deportiert.
Im Keller des früheren Frauenhauses sind das Grauen und die Angst greifbar
Im Keller des früheren Frauenhauses der erst 1969 aufgelösten Arbeitsanstalt sind das Grauen und die Angst beinahe greifbar. Was mögen sie gedacht haben, wie viele Tage, Wochen, Monate mussten sie hier in den winzigen, dunklen und feuchten Zellen verbringen?
Mädel, lass den Kopf nicht hängen. Es geht alles vorüber.
Erschütternde Antworten geben 2022 entdeckte Inschriften an den Wänden, die verzweifelte Inhaftierte von 1910 bis 1964 hinein ritzten. „Es geht alles vorüber“, steht da und: „Mädel, lass den Kopf nicht hängen.“ An einer Zellenwand ist unter Putz ein ganzes Gedicht verborgen. „Einsame Nächte hinter Eisengitter, Bunkernächte, wie seid ihr bitter … Bald bist du frei, dann freust du dich sehr.“
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: "Es geht alles vorbei" - Die von den verzweifelten Inhaftierten in die Wände geritzten Schriften wurden erst vor zwei Jahren entdeckt.
Copyright: Elke Petrasch-Brucher
Francine Nouveland aus dem niederländischen Tilburg liest die Zeilen erschüttert. Sie ist mit ihrer Familie auf den Spuren ihres Onkels Frans. Er war in Brauweiler inhaftiert, weil er angeblich mit einer Widerstandsgruppe sympathisiert hatte. Von hier aus wurde er nach Buchenwald deportiert und 1945 kurz vor Kriegsende im Zwangsarbeitslager Ohrdruf nahe dem KZ Buchenwald erschossen. „In unserer Familie wurde nie darüber gesprochen“, sagt Francine Nouveland. „Das bewegt mich sehr.“
Im Gedenkraum sind die Namen von 1746 Inhaftierten zu lesen
Nebenan im „Gedenkraum“ sind die Namen von 1746 Inhaftierten zu hören, ihr Onkel Frans ist einer von ihnen. Gedenkstätten-Pädagoge Markus Thulin hofft: „Es gibt den Opfern etwas von ihrer Würde zurück.“
Die Gedenkstätte Brauweiler des LVR im roten Backsteingebäude am Parkplatz des LVR neben der Abtei, Ehrenfriedstraße 19, ist dienstags bis sonntags von 9 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Die Wechselausstellung der Klasse 10c des Brauweiler Abtei-Gymnasiums zu den Themen Ausgrenzung und Mobbing ist in den ehemaligen Waschräumen der Gedenkstätte bis Ende des Jahres zu besichtigen.