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Bunter und kreativer ProtestSo demonstrierten die Teilnehmer im Rhein-Sieg-Kreis

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Organisator Theofilos freute sich riesig über den Erfolg in Siegburg.

Rhein-Sieg-Kreis – Auch in vier Kommunen des Rhein-Sieg-Kreises gingen Kinder, Jugendliche und Erwachsene unter dem Motto „Fridays for Future“ auf die Straße. Ein Überblick.

Siegburg

Mal eben die Teilnehmerzahl der bisher größten Demonstration der „Fridays for Future“ Rhein-Sieg (FFF) verdoppelt – Organisator Theofilos freute sich riesig über den Erfolg in Siegburg. Rund 1000 Menschen hatten sich vor dem Stadtmuseum versammelt und zogen über den Marktplatz in die Fußgängerzone. „Burn capitalism not Amazonas“ stand auf dem großen Transparent, das dem langen Zug vorangetragen wurde. Zuvor hatten bei der Auftaktkundgebung mehrere Redner Statements abgegeben. „Die Uhr tickt, und wir wissen nicht, wann sie stehen bleiben wird“, sagte ein Vertreter von FFF, der scharfe Kapitalismuskritik übte. Merle hatte ein Klimalied geschrieben, ein klares Bekenntnis zur Natur, das sie selbst sang, auf die Melodie von „Was sollen wir trinken?“ von den Bots. Da kamen wohl bei vielen Erinnerungen an friedensbewegte Zeiten hoch. Denn unter den Teilnehmern waren viele Erwachsene, Eltern, Mitglieder von Initiativen, Lehrer oder einfach nur Sympathisanten der jungen Menschen. Unter ihnen auch Günter Kretschmann. Der 78-Jährige reckte ein selbst gemaltes Schild in die Höhe: „Großeltern für Kinder und Enkel“.

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Demonstranten in Siegburg stellten sich tot, um die Klimakrise zu veranschaulichen.

Die Kinderhäuser Murkel waren mit 43 Kindern gekommen. Auch sie sprachen über die Lautsprecheranlage an die Menge: „Ich bin ein Kind und habe Rechte“, das wurde kräftig beklatscht. Gerd Bücher von den Naturfreunden Troisdorf machte den Klimaschutz lokal begreifbar und erzählte von deren Aktionen zum Schutz des Spicher Waldes. Christian Strücker aus Hennef hatte seine Anwaltskanzlei geschlossen und seinen Mitarbeitern freigestellt, auf die Demo zu gehen. Er selbst kam mit dem Waldkindergarten aus Geistingen. Die größte Kreativität aber brachten die Schüler ein mit ihren Transparenten. „Hör auf zu nehmen, fang an zu geben!“ etwa oder „Diese Plakat ist genauso Scheiße wie der Klimawandel“, ebenso plakativ wie klar.

Während des Demonstrationszuges gab es immer wieder Die-Ins, selbst die „Alten“ legten sich auf die Straße. „We’re unstoppable, another world is possible“ skandierten sie am Goldenen Eck. Faszinierend war, wie Theofilos und Philipp, die unterwegs für richtig Stimmung sorgten, die Demonstranten dazu brachten, in Höhe des Krankenhauses Ruhe zu halten.

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In Siegburg hat man mal eben die Teilnehmerzahl der bisher größten Demonstration der „Fridays for Future“ Rhein-Sieg (FFF) verdoppelt.

Nach einer Zwischenkundgebung an der Ringstraße und auf dem Europaplatz ging es zum Marktplatz zurück, mit vielen weiteren Reden. Hubert Damm von Attac zollte den Jungen seinen Respekt und sagte: „Selbst die Leithammel der CSU positionieren sich als Klimaretter.“ Er machte aber auch klar: „Wir haben mächtige Gegner, den Druck, den ihr aufbaut, der darf nicht nachlassen.“ (rvg)

Much

„Wir sind hier, wir sind laut, weil Ihr uns die Zukunft klaut“, schallte es auch durch Much, wo sich rund 500 Schülerinnen am Klimaprotest beteiligten. Mit einem mehr als deutlichen Zeichen: Am Morgen waren Gesamtschüler ausgeschwärmt und hatten Müll eingesammelt, den sie vor das Rathaus trugen. Jede Menge Plastik war dabei, aber auch Autoreifen, ein Auspuffrohr oder Verpackungsmüll. Teilweise hätten die Jugendlichen „ihren eigenen Kram“ aufgesammelt, berichtete ein Lehrer: an den Wegen zum nahen Supermarkt oder zum Imbiss nämlich. Eine glatte 6 vergaben die Schüler auf einem Transparent der Politik in Sachen Klima-, Tier- und Umweltschutz; Hausaufgaben hätten sie aber auch selbst zu erledigen, machte Jonathan Schmitt klar, Schülersprecher der Q1 in der Gesamtschule. „Wir können auch selber was tun“, rief er seinen Mitschülern zu: Fahrrad und Bus zu fahren statt Auto sei ein Schritt.

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„Großen Respekt“ zollte Bürgermeister Norbert Büscher dem Einsatz der jungen Leute. „Skandalös“ nannte er die in kurzer Zeit gesammelte Müllmenge, aber „man muss auch selber was tun“, rief er auf. Alle wollten saubere Energie, aber bitte keine Windräder oder Stromtrassen. Und während die Gemeinde viel Geld für Schulbusverkehr ausgebe, seien immer noch viele Mama- oder Papa-Taxis vor den Schulen zu sehen. (dk)

Windeck

„Mehr Bäume, weniger Autos“ hatte der neun Jahre alte Tom in Schladern auf sein Plakat gemalt. Zusammen mit Michel (10) und Liam (11) und vielen weiteren Grundschulkindern stand er hinter dem Gleis 2 am Bahnhof auf einer Wiese. „Rettet die Welt“, forderten die Kinder unter anderem.

Gegen aus ihrer Sicht zu schleppendes Handeln der Politiker mit dem Thema protestierten in Windeck-Schladern mehrere Hundert Kinder und Jugendliche.

Eingeladen hatte an der Oberen Sieg die Grünenpolitikerin Lisa Anschütz. Sie hatte auch ihren Parteifreund, den Biobauer und Journalisten Bernward Geier, als Redner mitgebracht. Der griff das Motto der Windecker Demo auf: „Fünf vor zwölf“. Noch sei Zeit zum Umsteuern, und die sei auch nötig.

Zusammen mit den Kindern, von denen viele Eltern und Großeltern mitgebracht hatten, sammelte Geier Ideen, wie das Rad noch rumzudrehen sei. Zu Fuß gehen und radeln statt Auto fahren, weniger fliegen und schon gar nicht mit Kreuzfahrtschiffen um die Welt fahren, zählten die Kinder auf und ernteten Applaus. (sp)

Neunkirchen-Seelscheid

„Je mehr, desto besser“, hatte Paula Krüger gehofft. Dass insgesamt etwa 500 Schülerinnen und Schüler zur Klimademo kamen, war für die Initiatorin aus der Klasse 10 der Gesamtschule „ein Traum“. Zu viele waren es für den Rathausvorplatz, so dass die Kundgebung auf der Buswendeschleife an der Schule stattfand.

Gegen den Klimawandel protestierten in Neunkirchen-Seelscheid mehrere Hundert Kinder und Jugendliche.

Nicht nur in den großen Städten, sondern auch in den kleinen Orten müsse etwas geschehen, appellierte Paula Krüger an ihre Zuhörer. Wichtig sei, jetzt anzufangen. „Viele kleine Leute, die in vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun, können das Gesicht der Welt verändern“, stand denn auch passend auf einem großen Transparent. Auch die Gemeinde müsse sich engagieren, forderten die Veranstalter der Kundgebung. „Von der Gemeinde kam bisher nichts bis auf ein paar Blümchen.“

Eine Kritik, die Bürgermeisterin Nicole Sander nicht auf sich sitzen lassen wollte, die das Engagement der Jugendlichen lobte. Eine Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED-Technik habe schon begonnen, aber: „Man kann nicht über Nacht Klimaschutz machen.“ (dk)