Die finanziellen Belastungen können sich je nach Kommune erheblich unterscheiden. Wo Eltern besonders tief in die Tasche greifen müssen.
Kritik an „Flickenteppich“So hoch sind die Kitagebühren in den Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis
Zahlreiche Fächer in den Fluren der Kindertagesstätten im Rhein-Sieg-Kreis werden in den kommenden Wochen ihre Besitzer wechseln. Mit dem Start ins neue Kita-Jahr beginnt für viele kleine Kinder ein neuer Lebensabschnitt. Während sich für die Eltern einerseits neue Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Job und Familie auftun, kommen auf sie andererseits auch neue finanzielle Belastungen zu. Die können sich je nach Wohnort allerdings erheblich unterscheiden.
In Sankt Augustin wurden die Gebühren erst vor wenigen Wochen angehoben. Beschlossen wurde, dass die Beiträge bei den Unterdreijährigen sozialgestaffelt um 30 Prozent, 40 Prozent sowie 50 Prozent steigen und bei den Über-Dreijährigen um fünf beziehungsweise zehn Prozent sozialgestaffelt. „Dieser Schritt fällt uns nicht leicht, da uns eine nachhaltige, soziale Familienpolitik am Herzen liegt“, sagte Denis Waldästel (SDP), Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses im Stadtrat. Was bleibt, ist die Beitragsfreiheit für Eltern mit einem Jahreseinkommen bis 44.384. Die großzügige Einkommensgrenze war vor zwei Jahren in der Kommunalpolitik gefeiert und zum Start des Kitajahres 2022 eingeführt worden.
Vergleiche zwischen den einzelnen Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis sind schwierig
Die Zahl ist ein Flicken in dem kunterbunten Teppich, der sich auftut, wenn man die Sankt Augustiner Gebühren mit denen anderer Kommunen im Kreis vergleichen will. Im Kreis wie in ganz NRW herrscht eine verwirrende Vielfalt, die immer wieder in der Kritik steht. Die derzeitige Regelung führe dazu, „dass Kommunen je nach Finanzstärke der Bürgerschaft als auch der Kommune selbst unterschiedlich hohe Elternbeiträge erheben“, schreibt Antonius Nolden für die Kreisverwaltung. Besonders deutlich werde dies dort, wo auf engem Raum unterschiedliche Jugendämter für die Erhebung der Elternbeiträge zuständig seien, wie im Rhein-Sieg-Kreis. „Dass dies bei Eltern häufig zu Unverständnis oder einem Gefühl der Ungerechtigkeit führt, ist uns bewusst.“
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Ein Blick in einige Kommunen zeigt, wie groß die Spanne ist und wie schwierig Vergleiche sind: Denn nicht nur Beitragshöhen, auch die Eingruppierungen nach dem Bruttoeinkommen der Beitragszahler sind nicht einheitlich. Die Kreisstadt Siegburg hat acht Gruppen von 0 bis 7 gebildet, wobei die erste Gruppe bis 25.000 Euro reicht und beitragsfrei ist. Bei einem Einkommen von 50.000 Euro werden 144 Euro fällig. In der höchsten Gruppe mit einem Einkommen ab 100.000 Euro müssen für 45 wöchentliche Stunden U3-Betreuung 472 Euro pro Monat bezahlt werden. Zum Vergleich: in Hennef gibt es 20 Beitragsstufen, die sich von einem Elterneinkommen unter 15.000 Euro bis zu einem Einkommen über 110.000 Euro gliedern. In Troisdorf sind es zehn, in Sankt Augustin zwölf.
Besonders fein gestaffelt ist das System in Bad Honnef, das insgesamt 24 Gruppen umfasst. In der Gruppe mit 100.001 bis 105.000 Euro Bruttoeinkommen müssen Eltern 525 Euro bis 583 Euro überweisen. Es folgen elf weitere Gruppen, die letzte, nach oben offene, beginnt bei 140.001 Euro. Wer in dieser Kategorie ein U-3-Kind 45 Stunden pro Woche betreut wissen will, zahlt dafür 1076 Euro im Monat. Beitragsfreiheit gilt bis 30.000 Euro Bruttoeinkommen.
Bund der Steuerzahler fordert transparente und gerechte Gebührenstruktur
Ein Schema für Kommunen ohne eigenes Jugendamt hat der Rhein-Sieg-Kreis entwickelt, also für Alfter, Eitorf, Much, Neunkirchen-Seelscheid, Swisttal, Ruppichteroth, Wachtberg und Windeck. Für Eltern, die ihre Kinder in einer Kita oder bei einer Tagesmutter in einer dieser Kommunen betreuen lassen, wird dies ab diesem Kitajahr spürbar preiswerter. Kernpunkt der neuen Satzung ist, dass Familien mit einem Bruttojahreseinkommen von bis zu 36.500 Euro keine Beiträge zahlen.
Bislang lag die Grenze dafür bei einem Jahreseinkommen in Höhe von 24.542 Euro. Außerdem wird die Zahl der Beitragsstufen erhöht, von bislang sieben auf künftig neun. Die Staffelung endete bisher bei einem Jahreseinkommen von mehr als 85.891 Euro. Vom Sommer an gelten dann weitere Stufen für Familien mit einem Jahreseinkommen von bis zu 100.000 Euro, bis zu 120.000 Euro, bis zu 140.000 Euro und mit mehr als 140.000 Euro Jahreseinkommen.
„Eltern wollen eine transparente und gerechte Gebührenstruktur – es muss durchschaubar und vorhersehbar sein“, sagt Harald Schledorn, Gebührenreferent beim Bund der Steuerzahler in NRW. „Gleichmacherei“ sei dabei aber nicht unbedingt das richtige Rezept. Die kommunale Selbstverwaltung sei ein hohes Gut, die finanzielle Ausstattung der Kommunen unterschiedlich. Dennoch sei jeder Stadt- und Gemeinderat gefragt, die richtigen Prioritäten zu setzen, um die Eltern möglichst wenig zu belasten. „Kindererziehung hat an erster Stelle zu stehen“, fordert Schledorn. Und: „Die Kassen sind nicht leer, man muss das Geld nur richtig ausgeben.“