FC-Sportchef Christian Keller blickt auf das Team und den neuen Trainer, die Saison, seinen „Schattenkader“ und das Wiedersehen mit Steffen Baumgart.
1. FC Köln im TrainingslagerChristian Keller über Schattenkader, Gerhard Struber und Marvin Schwäbe
Christian Keller wirkt in diesen Tagen in Bad Waltersdorf gelöster als noch vor einigen Wochen. Das ist auch kein Wunder, schließlich stand insbesondere der Sport-Geschäftsführer des 1. FC Köln nach dem erneuten Bundesliga-Abstieg massiv in der Kritik und gehörig unter Druck. Jetzt hat sich der Rauch sichtlich verzogen – auch weil dem Sportchef trotz der Transfersperre einige vielversprechende Personalentscheidungen gelangen. Im Trainingslager in der Steiermark bezog der 45-Jährige Stellung zu den wichtigsten Themen rund um den Zweitligisten. Christian Keller über:
Die Stimmung nach dem Abstieg und in der Vorbereitung: „Meine persönliche Stimmungslage ist nicht super. Die wird erst wieder richtig gut, wenn wir wieder in einer anderen Liga spielen. Der Zusammenhalt innerhalb der Mannschaft war und ist groß. Den Jungs bedeutet es viel, für den FC zu spielen. Sie konnten es in der letzten Saison oft nur nicht in Leistung umsetzen. Ich hoffe, dass sie durch die Erlebnisse und Erfahrungen nun noch entschlossener sind und im Reifeprozess einen Schritt nach vorne machen. Die Stimmung ist wieder besser. Es ist eine deutlich andere Energie im Training. Es hatte zuvor nicht mehr geknistert, der letzte Punch war nicht mehr da. Ich nehme die Mannschaft hier im Trainingslager anders wahr als im März in Spanien. Die Spieler müssen durch das neue Trainerteam wieder mehr aus ihrer Komfortzone rauskommen.“
Gerhard Struber „enorm angetan“ von Strahlkraft des 1. FC Köln
Den neuen Trainer Gerhard Struber: „Gerhard ist jetzt schon verliebt ins Geißbockheim und erlebt hautnah, wie viele Menschen der FC in seinen Bann zieht. Das ganze Trainerteam ist von der enormen Strahlkraft extrem angetan. Deswegen fühlen sie sich auch sehr wohl. Ich würde alle als persönlich angekommen beschreiben.“
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Das Niveau der Zweiten Liga: „Es ist eine sehr attraktive Liga mit vielen Traditionsvereinen. Es sind neun Gründungsmitglieder der Bundesliga dabei. Das hat eine gewisse Aussagekraft. Die Liga ist ausgeglichen, die Leistungsunterschiede sind nicht so groß wie in der Bundesliga.“
Die Finanzen des Klubs: „Wir haben in 2023/24 wirtschaftlich ein gutes Ergebnis erzielt, aber die daraus resultierende Liquidität fließt primär in die Tilgung von Verbindlichkeiten. Im August zahlen wir die Fananleihe aus 2016 zurück. Das sind knapp sieben Millionen Euro. Auch die Landesbürgschaft tilgen wir mit über fünf Millionen Euro. Damit wäre ein Jahresergebnis in niedrig achtstelliger Höhe auch schon wieder aufgebraucht. Es ist trotzdem so, dass wir im Januar handlungsfähig auf dem Transfermarkt sind. Wir können keinen Transfer für 25 Millionen Euro tätigen. Für Zweitliga-Verhältnisse sind wir aber gut aufgestellt.“
Christian Keller zu Transfersperre: Der 1. FC Köln baut schon einen Schattenkader auf
Die Winter-Transferperiode, in der der FC erstmals nach dem Auslaufen der Transfersperre wieder Spieler registrieren darf: „Die Winter-Transferperiode ist schon vorbereitet. Ich vermute aber, dass am 3. September ein gewisser Anteil unseres aktuellen Schattenkaders nicht mehr verfügbar sein wird. Wir hinterlegen bei den Agenturen, dass wir Spieler interessant finden und sie im Winter gegebenenfalls ansprechen würden. Vielleicht machen auch einige unserer Spieler jetzt den entscheidenden Schritt nach vorne. Wir werden uns erst verbindlich um Personalien bemühen, wenn die Sommer-Transferperiode beendet ist.“
Das Kapitänsamt und die Führung der Mannschaft: „Die Verletzung von Florian Kainz (der bisherige FC-Kapitän, d. Red.) hat keine Auswirkung auf das Kapitänsamt. Der Trainer wird seine Entscheidung unabhängig davon treffen. Ich gebe meine Meinung ab, entscheiden wird es aber der Trainer. Für die Mannschaft ist es wichtig, dass sie mehr Selbstregulierung bekommt. Dazu kommt es, wenn die mannschaftsinterne Führung ausgeprägter ist. Es ist relevant, dass sich die Führungsstruktur innerhalb der Mannschaft verändert. Wir wollen auch den jüngeren Spielern die Möglichkeit bieten, einen Schritt nach vorne zu gehen und mehr Verantwortung zu übernehmen.“
Die Kadergröße: „Wir haben eine sehr junge Mannschaft. Nicht jeder junge Spieler ist schon so weit, dass er uns in der 2. Liga helfen kann. Deshalb wird der ein oder andere seine weitere Entwicklung zunächst in der U21 finden, um Spielzeiten zu erhalten. Es wird auch ein, zwei Spieler geben, bei denen wir über ein Leihkonstrukt nachdenken. Diese Spieler sind bereits informiert.“ (Anmerkung der Redaktion: Es dürfte sich um Stürmer Maximilian Schmid und Mittelfeldspieler Jacob Christensen handeln).
Christian Keller zu Marvin Schwäbe: „Jonas Urbig ist die Nummer eins“
Stammtorhüter Marvin Schwäbe, der als wechselwillig gilt, aber noch keinen neuen Verein gefunden hat: „Wir würden mit Marvin natürlich in die neue Saison gehen. Marvin ist unser Spieler und hat Vertrag. Er trainiert und verhält sich sehr professionell. Seine Herangehensweise ist vollkommen legitim. Er hat zweieinhalb gute Jahre gehabt und es sich erarbeitet, Bundesliga-Spieler zu sein. Doch der Torwart-Transfermarkt ist kein einfacher. Wenn er keine für ihn gangbare Wechseloption findet, dann bleibt er bei uns und wir haben einen guten Torwart mehr. Wir haben die Entscheidung getroffen, dass Jonas Urbig die Nummer eins ist. Jonas kann und wird sich aber nicht in die Hängematte legen. Es gilt immer das Leistungsprinzip.“
Mittelfeldspieler Dejan Ljubicic: „Ich sehe Dejo wieder öfter lachen. Im letzten Jahr habe ich ihn nicht mit so viel Freude Fußball spielen gesehen, wie man das von ihm kannte. Aus privaten Gründen hatte er keine einfache Zeit und wurde dann auch körperlich durch viele Infekte immer wieder zurückgeworfen. Ich freue mich, dass es Dejo jetzt wieder besser geht und er deutlich aufgeräumter ist. Dejo kann ein absoluter Unterschiedsspieler für uns sein. Ich gehe davon aus, dass Dejo beim FC bleiben und eine sehr gute Saison für uns spielen wird.“
Mark Uth, der verletzungsbedingt fast zwei Jahre kaum gespielt hat: „Wenn Mark gesund ist, müssen wir über seine Qualität nicht reden. Als Typ ist er für die Mannschaft sehr wichtig, weil er eine gewisse menschliche Reife mitbringt und sich zu hundert Prozent mit dem FC identifiziert. Ich erhoffe mir, dass er verletzungsfrei durch die Saison kommt. Wenn Mark auf dem Platz steht, haben wir eine andere Qualität.“
Das Wiedersehen am ersten Spieltag mit Ex-Coach Steffen Baumgart, der den HSV trainiert: „Sportlich spielt es keine Rolle. Menschlich freuen sich alle, wenn Steffen zurückkommt. Es wird sicher Umarmungen geben.“