Auch diese Woche gibt es vor dem Duell mit Leverkusen einiges aufzuarbeiten: Von Vertragsverlängerungen bis zum Geißbockheim.
1. FC Köln Kolumne „Dauerkarte“Ein Sieg gegen Bayer wäre exakt die Sensation, die der FC braucht
Wir haben uns diese Woche mit Toni Schumacher zum Interview getroffen, es gab gleich mehrfachen Anlass: Einerseits wird er am Montag 70 Jahre alt, da kann man mal ein wenig schwelgen. Außerdem war Schumacher einmal Torwarttrainer bei Bayer 04 Leverkusen, am Sonntag Gegner des 1. FC Köln in Müngersdorf, auch deswegen war er ein guter Gesprächspartner. Hinzu kommt, dass er unter anderem in dem Jahr in Leverkusen wirkte, in dem die Werkself, die man damals noch nicht so nennen sollte, in drei Wettbewerben unter die besten zwei kam, jedoch keinen davon gewann.
Keine Anzeichen von Leverkusener Schwäche
Ein jüngerer Kollege schrieb neulich über die Werkself und merkte in seinem Text an, dass in diesem Jahr absolut nichts darauf hindeute, dass Bayer 04 wie damals Titel in Serie verspielen könnte. Und ich sagte: Nun, hat es damals auch nicht, im Gegenteil, darum geht es ja gerade.Aber warten wir es ab, derzeit sieht es danach aus, als könnte sich Bayer 04 eine Niederlage gegen den FC leisten und trotzdem Meister werden. Acht Punkte – eine in diesen Tagen magische Zahl. Denn acht Punkte sind nicht nur der Leverkusener Vorsprung auf die Bayern. Acht Punkte liegt auch der FC hinter dem rettenden 15. Tabellenplatz. Allerdings sind die Mechaniken im Keller andere. Ein paar Siege – und schon kann der Abstand ziemlich schnell deutlich kleiner werden, weil grundsätzlich wenig gepunktet wird im Tiefgeschoss der Tabelle.
Ich schreibe grundsätzlich, denn ein paar Mannschaften, die ich grundsätzlich als einholbar kategorisiert hatte, punkten im neuen Jahr beunruhigend gut. Bochum ist Achter der Rückrundentabelle, Augsburg Siebter, Union Berlin Fünfter – Bremen gar Dritter. Da hilft es wenig, dass der FC unter Timo Schultz auf einem soliden 13. Platz der Rückrundentabelle steht. Im Ergebnis ist der Rest vorerst außer Reichweite – und Mainz scheint ebenfalls in Form zu kommen. Allerdings steht der FC auf dem Relegationsplatz, was ja schon mal was ist. Es kann den Kölnern also grundsätzlich herzlich egal sein, wie gut die Mainzer spielen – sie dürfen bloß nicht deutlich mehr Punkte holen als der FC. Und das direkte Duell im April in Mainz sollte Köln nach Möglichkeit ebenfalls gewinnen.
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Relegation als Ziel
Die Relegation ist ein schwierig zu erreichendes, aber realistisches Saisonziel. Die Mannschaft wirkt willig und gut organisiert, allerdings offensiv viel zu harmlos. Das ist ein Leitmotiv eines Absteigers: Wer keine Tore schießt, weiß nach dem ersten Gegentreffer, dass er mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr gewinnen wird. Das nimmt jeder Mannschaft das Selbstverständnis, und aus der resultierenden Mutlosigkeit ergeben sich dann Offensiv-Auftritte wie zuletzt.
Über das alles haben wir mit Toni Schumacher gesprochen, der einen ziemlich aufgeräumten Eindruck machte – anders als im Sommer 2019, als seine Zeit als FC-Vizepräsident ihrem Ende entgegentrieb und er schwer angefasst wirkte. Damals trafen wir uns mit ihm und Markus Ritterbach in einer Loge des Stadions, es war ein heißer Tag. Und Toni Schumacher wirkte außer sich vor Zorn und Trauer. Selten sei ihm etwas so nahe gegangen wie diese Zeit, sagte er uns in dieser Woche. Aber das hat er überwunden. Wenngleich Toni Schumacher auch mit 70 noch Toni Schumacher ist. Als wir Kinder waren, hat mein älterer Bruder immer im Garten unserer Großeltern hervorragende Toni-Schumacher-Imitationen für mich gegeben. In unserem gemeinsamen Kinderzimmer hing ein riesiges Schumacherposter an der Wand, es zeigte den mächtigen Torwart im legendären Adidas-Trikot mit den Schattenstreifen, das uns so faszinierte. Der Doublesieger, Europameister und Vizeweltmeister war ein Held für uns. Ein Figur von unbeschreiblicher Größe.
Der legendäre Keeper ist in Wahrheit nur 1,86 Meter groß, doch in meiner Kindheit schien er den kompletten Strafraum auszufüllen. Doch selbst dieser Mann, der das raubtierhafte Verteidigen seines Strafraums zur Kunstform erhob, scheint mittlerweile milde zu werden. Allerdings auf Schumacher-Niveau.
Am Donnerstag hatten wir noch einen interessanten Tag im Büro. Wir arbeiteten gerade die Geschichte ab, dass der 1. FC Köln offenbar in der Aufarbeitung der Affäre um Jaka Potocnik keine größeren Konsequenzen mehr ziehen wird. Denn Geschäftsführer Philipp Türoff, der damals seine Unterschrift unter den fatalen Vertrag setzte, liegt sogar ein neues Vertragsangebot vor. Mich überraschte vor allem, dass Türoff auch schon wieder mehr als zwei Jahre beim FC ist. Offenbar gefällt es ihm am Geißbockheim, und der Vorstand ist zufrieden mit Türoffs Arbeit. Der womöglich verantwortlich war am Tag von Potocniks Verpflichtung. Aber wenig Schuld am Ausgang der Geschichte trägt.
Vorstand und Türoff wollen verlängern
Gleichzeitig mussten wir ein Thema vorziehen, das wir seit Wochen beobachten, das nun aber Tempo aufgenommen hat. Denn offenbar ist die Alternative Marsdorf für den FC vom Tisch. Nach den Jahren des Stillstands beim Thema Geißbockheim-Ausbau hatte die Stadt einen Umzug nach Marsdorf als mögliches Szenario skizziert. Der FC hatte sich sogar auf intensive Verhandlungen eingelassen. Rund 60 Millionen Euro wollte der Verein für Aufbauten und Platzanlagen am Geißbockheim haben, damit die Stadt dort eine Bezirkssportanlage baue.
Die Stadt wiederum war bereit, mit viel Ächzen 30 Millionen zu bieten und später noch einmal um 20 Prozent mehr. Doch das war zu wenig für die FC-Pläne, und ich habe mich ohnehin oft gefragt, wo das Geld überhaupt herkommen soll. Denn welcher Geldgeber investiert schon in einen Fußball-Campus, mit dem kein Business zu betreiben ist?Die Stadt hätte dem FC nicht einfach jeden Preis zahlen können, wenngleich nach den Schwierigkeiten um den zunächst genehmigten und dann doch blockierten Ausbau im Grüngürtel der FC den Eindruck hatte, man schulde dem Klub etwas. Doch auch das ist nur grundsätzlich ein Argument. Tatsächlich gibt es Beschränkungen durch das EU-Beihilferecht, nach denen die Stadt nur sehr begrenzt in der Lage gewesen wäre, dem FC seine Wünsche zu erfüllen. Zumal die Stadt grundsätzlich sehen muss, wo im Haushalt sich die Millionen besorgen lassen, mit denen der 1. FC Köln auf dem Acker in Marsdorf eine neue Heimat bekommen soll. Nennenswerte freie Mittel gibt es ja eher nicht, gibt ja eine ganze Menge Dinge in Köln, die getan werden müssen und Geld kosten. Von den Schulen bis zur Verkehrswende.
Marsdorf rückt in weite Ferne
Zuletzt hatten sich auch noch die Fans eingeschaltet und Marsdorf mit etwas übergroßen, aber doch sehr klaren Worten ausgeschlossen. „Nicht mit uns“, lautete die Botschaft, und sowohl Verein als auch die Parteien des Kölner Ratsbündnisses hätten sich wohl auf anstrengende Zeiten gefasst machen müssen. Wie es nun weitergeht, in diesen Tagen gab es wieder Gespräche der als Südkurve e.V. organisierten Fans mit der Politik, ist völlig offen. Angesichts der Kräfteverhältnisse im Stadtrat halte ich es für ausgeschlossen, dass die Kölner nun doch noch ihre Pachterweiterung erhalten, um den Ausbau angehen zu können. Man wird wohl die Kommunalwahl im Jahr 2025 abwarten – doch auch da kann ich mir aus heutiger Sicht kaum vorstellen, dass es eine Mehrheit geben wird, die dem FC das Bauen im Grüngürtel ermöglicht. Am Ende wird es darum gehen, Kompromisse zu schließen. Aber zunächst einmal haben wir Wähler und Wählerinnen das Wort.
Am Sonntag steht das Duell mit dem womöglich kommenden Meister aus Leverkusen an. Es wäre jedoch nicht das erste Mal, dass der 1. FC Köln den Gästen von der anderen Rheinseite eine Titelchance verdirbt, Toni Polster lässt grüßen. Doch reist Leverkusen mit großem Vorsprung und unglaublicher Qualität an.
Ein Kölner Sieg wäre exakt die Sensation, die ein Verein im Existenzkampf braucht, um die Wende zu schaffen. Und Bayer 04 wäre anschließend womöglich gerade stark genug angepiekst, um den Rest der Saison konzentriert zu Ende zu bringen. Immerhin spielen Darmstadt (gegen Augsburg) und Mainz (gegen Borussia Mönchengladbach) bereits am Samstag. Der FC wird am Sonntag also wissen, wie dringend Punkte hermüssen. Entweder sehr dringend, superdringend oder unendlich dringend. Wir werden sehen.