Angeblich sind nur noch drei Kandidaten im Rennen, darunter ein noch ziemlich unbekannter 32-Jähriger.
Baumgart-Nachfolge1. FC Köln zum Auftakt noch ohne neuen Trainer – ausführlicher Auswahlprozess
Vor zehn Tagen hat sich der 1. FC Köln von seinem populären Trainer Steffen Baumgart getrennt, an Tag zwölf wird der Klub noch keinen Nachfolger präsentieren können. Der FC gab am Silvester-Tag bekannt, dass André Pawlak das erste Training (Dienstag, 14 Uhr) des abstiegsgefährdeten Bundesligisten im neuen Jahr leiten wird. Der 52-Jährige wird zu diesem auch erstmals Jaka Cuber Potocnik begrüßen, auch wenn der 18-jährige Stürmer nach dem Cas-Urteil noch bis Mitte März gesperrt ist.
Pawlak ist seit 2017 am Geißbockheim tätig, erst bei der U17, dann bei der U21. Als Interimstrainer finalisierte der gebürtige Gelsenkirchener 2019 die Bundesliga-Rückkehr des FC. Danach wurde er dauerhafter Assistent der Kölner Cheftrainer: Erst arbeitete er mit Achim Beierlorzer, dann mit Markus Gisdol und schließlich am erfolgreichsten mit Baumgart zusammen.
Sport-Geschäftsführer Christian Keller stellt eine Art Vertrauensfrage
Pawlak besitzt die benötigte Fußballlehrer-Lizenz (Uefa-Pro-Level-Lizenz), ist damit im Gegensatz zu den bisherigen weiteren Assistenten René Wagner und Kevin McKenna befugt, die Profis auch in der Bundesliga zu coachen. Ob Wagner und McKenna dem Trainerteam erhalten bleiben, dazu äußerte sich der FC noch nicht.
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Baumgart hatte Wagner 2021 mit ans Geißbockheim gebracht. „Wenn jeder Weihnachten gefeiert hat, will ich von jedem wissen, ob er am 2. Januar, wenn es hier wieder losgeht, mit voller Überzeugung hinter dieser Aufgabe und hinter diesem Klub steht“, hatte Sport-Geschäftsführer Christian Keller eine Art Vertrauensfrage gestellt und bescheinigte dem Trainerteam einen „exzellenten Job.“ Es seien „Fachmänner, die auch eine hohe Identifikation“ mit dem FC aufwiesen. Zu dieser Mannschaft gehört auch Torwarttrainer Uwe Gospodarek.
1. FC Köln: Keller will sich äußern – ausführlicher Auswahlprozess
Vor dem Trainingsstart am Dienstag will sich der Sportchef unter anderem zum Stand der Trainersuche äußern.
Keller hatte in einer denkwürdigen Pressekonferenz von Geschäftsführung und Vorstand schon am 22. Dezember davon gesprochen, dass ihm bereits Trainer „wie Sand am Meer“ angeboten worden seien. Nach dem in jeder Hinsicht schwarzen Donnerstag zuvor mit dem Verlust des einstigen Erfolgstrainers Baumgart und der bestätigten Transfersperre bis Januar 2025 hatte Keller trotzdem eine neue Zeitrechnung ausgerufen. Nicht die Apokalypse sei über den FC hineingebrochen, vielmehr blickte der umstrittene Sportchef an „Tag eins“ der neuen Zeitrechnung zuversichtlich in die Zukunft.
Dass der 1. FC Köln noch keinen Cheftrainer präsentieren kann, das lässt sich begründen. Ganz sicher nicht nur mit den Feiertagen, sondern vielmehr mit der Art und Weise, wie Keller für gewöhnlich Führungspersonal sucht. Der 45-Jährige, der nach der Trennung von Baumgart und wegen des Cas-Urteils selbst enorm unter Druck geraten ist, ist Anhänger eines ausführlichen Auswahlprozesses.
Der Sportchef skizzierte das Profil des neuen Coaches: „Wir haben eine klare Spielidee, die wir implementiert haben. Wir müssen einen Trainer finden, der zur Spielidee passt.“ Dieser müsse auch junge Spieler einbauen und entwickeln. „Wenn es uns nicht gelingen sollte, das Soll-Profil zu erfüllen, könnte die andere Option möglich sein“, sagte Keller und meinte damit einen „Feuerwehrmann“, der in der Rückserie den Abstieg vermeiden soll und dann seine Mission als beendet sähe.
Retter Funkel spielt in Überlegungen Kellers keine Rolle
Friedhelm Funkel, der den FC 2021 in höchster Not schon einmal vor dem Abstieg gerettet hatte, würde die Aufgabe übernehmen und sich zutrauen, doch der Trainer-Veteran spielt in den Überlegungen von Keller offenbar keine Rolle. Funkel kann sich auch sehr gut seinen damaligen Assistenten Pawlak als Cheftrainer vorstellen: „André ist ein Fachmann, kennt die Mannschaft aus dem Effeff, spricht die Sprache der Fußballer und hat eine hohe Akzeptanz im Verein und im Umfeld. Er bräuchte null Eingewöhnungszeit. Kurzum: Andre ist ein hervorragender Trainer, dem ich den schwierigen Job absolut zutraue“, sagte Funkel dieser Zeitung. Die Kölner Mannschaft ist Vorletzter, punktgleich mit Schlusslicht Darmstadt und hat in 16 Spielen nur mickrige zehn Tore erzielt. Doch verstärkt werden darf sie im ab dem 1. Januar geöffneten Transferfenster nicht.
Gemeinsamer Ausschuss muss Trainer-Personalie absegnen
Eine Trainer-Entscheidung müsste vorher noch durch den wichtigen Gemeinsamen Ausschusses des Vereins abgesegnet werden. Nach § 25.4 der Satzung sind „Maßnahmen und Geschäfte von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung auf der Ebene wesentlicher Beteiligungsgesellschaften“, gemeint ist die KGaA, zustimmungspflichtig. Und dazu zählt die Einstellung eines Cheftrainers der Profis.
Zahlreiche Trainer-Namen wurden bereits in der Öffentlichkeit diskutiert: Thomas Reis, Stefan Kuntz, André Breitenreiter, Florian Kohfeldt, Bo Svensson, Heiko Herrlich, Enrico Maaßen oder die in Österreich tätigen Christian Ilzer (Sturm Graz) und Michael Wimmer (Austria Wien, zuvor VfB Stuttgart). Zu vielen hatte der FC aber offenbar keinen Kontakt und diesen auch nicht gesucht, womöglich zaubert Keller einen noch überhaupt nicht gehandelten Trainer am Ende aus dem Hut.
FC soll mit Matthias Kohler schon konkrete Gespräche geführt haben
Jetzt sind allerdings angeblich nur noch drei Kandidaten in der engeren Auswahl: der Däne Bo Henriksen vom FC Zürich, nach Informationen der „Kölnischen Rundschau “ der Schweizer Thomas Stamm vom SC Freiburg II und laut „Sky“ der derzeit vereinslose Matthias Kohler. Mit dem erst 32-jährigen Kohler soll es laut „Sky“ in den vergangenen Tagen bereits konkrete Gespräche gegeben haben. Sollte sich der FC für ihn entscheiden, wäre das eine höchst überraschende und sehr mutige Wahl. Denn der Trainer ist noch ziemlich unbekannt.
Bis Anfang Dezember hatte Kohler den niederländischen Erstligisten FC Volendam trainiert. Der 32-Jährige war von seinem Posten zurückgetreten, nachdem der Verein von einem Streit zwischen dem Aufsichtsrat und seinem Management erschüttert worden war. In 14 Spielen mit Volendam holte der Coach zuvor nur zwei Siege (bei zwei Unentschieden und zehn Niederlagen). Zuvor war der Fußballlehrer beim FC Basel als Trainer der U21 und U18. 2019 war er für den slowakischen Erstligisten AS Trencin (knapp vier Monate als Coach) und 2014/15 als Jugendtrainer für Ajax Amsterdam tätig. Kohler stammt aus Obermettingen, der kleine Ort aus Baden-Württemberg ist nur rund 40 Kilometer von Gutmadingen entfernt, dem Heimatort von FC-Sportchef Keller. Kohler war selbst kein Profi, in der Jugend spielte er für den SC Freiburg. Zwei Kreuzbandrisse verhinderten wohl mehr.
Stamm und Henriksen sind offenbar die weiteren Kandidaten
Stamm und Henriksen sind offenbar die weiteren Kandidaten Stamm hatte in der vergangenen Saison beim SC Freiburg Erfolg, die Zweitvertretung führte der 40-Jährige mit erfrischendem Fußball sensationell zur Vizemeisterschaft in der 3. Liga. Der Schweizer wurde schon mehrmals mit anderen Klubs in Verbindung gebracht, gilt aber auch als möglicher Nachfolger von Christian Streich, sollte die Klub-Ikone das Traineramt beim Sport-Club mal abgeben wollen. In dieser Saison hat Stamm nach einem personellen Umbruch aber mit Widrigkeiten zu kämpfen, der SC Freiburg II ist abgeschlagener Drittliga-Letzter.
Henriksen ist mit 48 Jahren schon deutlich erfahrener als beispielsweise Kohler. Der Däne kam im Oktober 2022 vom FC Midtjylland zum FC Zürich und löste den bisherigen Coach Franco Foda ab. Der Traditionsklub war damals in einer großen Krise und Tabellenletzter, Henriksen führte den FCZ doch noch zum Klassenerhalt. Derzeit steht er mit dem Meister von 2022 auf Platz drei. Der frühere Stürmer setzt auf hohes Angriffspressing, bevorzugt in der 3:4:3-Grundordnung. Henriksen steht noch bis zum 30. Juni 2024 in Zürich unter Vertrag.
„Wir können jetzt auch mal Dinge angehen, die man in einer normalen Situation vielleicht nicht angegangen wäre. Vielleicht muss jetzt der Mut erzwungen werden, auch mal Spieler rein zuschmeißen, bei denen man normalerweise vielleicht gesagt hätte, sie sind nicht so weit. Vielleicht muss man es jetzt einfach mal machen“, hatte Christian Keller zuletzt gesagt, der allerdings auch weiß: Der 1. FC Köln muss vorerst mit aller Macht versuchen, irgendwie noch den Klassenerhalt zu schaffen.
Das ist gewiss eine ungemein schwierige, aber nicht komplett unlösbare Aufgabe. Sie muss allerdings gelingen, andernfalls hätten die Kölner und Keller im kommenden Sommer noch ganz andere Probleme. Oder um es mit Funkels Worten ausdrücken: „Man muss es so klar sagen: Es geht jetzt um das Überleben.“