Der 1. FC Köln spielt zum Bundesliga-Auftakt in Wolfsburg.
Beim VfL hat sich Yannick Gerhardt zur Stammkraft entwickelt – 2016 war er für insgesamt 15 Millionen Euro vom FC nach Wolfsburg gewechselt.
Wie geht es ihm nach anfänglichen Schwierigkeiten in Wolfsburg?
Ein Gespräch.
Köln – Er hat in Wolfsburg durchaus sein sportliches und privates Glück gefunden, aber so ganz kann Yannick Gerhardt Köln, seine alte Heimat, dann nicht loslassen. Der Mittelfeldspieler des VfL nennt weiter in Müngersdorf eine kleine Wohnung sein Eigen. 500 Meter sind es von dort nur zum Kölner Stadion.
Die Wohnung sei ein guter Anlaufpunkt, wenn er mal in der Stadt sei, auch wenn das heute nicht mehr so oft der Fall ist. „Aber ich hatte schließlich eine wunderbare Zeit in Köln und habe hier ja noch einige Freunde“, sagt der ehemalige Jugendspieler und Profi des 1. FC Köln im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
1. FC Köln am Samstag in Wolfsburg
Timo Horn, Jonas Hector, Anthony Modeste und Thomas Kessler zählen sicherlich zu diesen Freunden. Zu ihnen pflege er auch nach dem Abschied aus Köln regelmäßigen Kontakt. Drei Jahre ist dieser nun schon her. Wird Gerhardt am Samstag im Heimspiel (15.30 Uhr/Sky) gegen seinen Ex-Klub eingesetzt – und danach sieht es aus – dann hätte der 25-Jährige erstmals mehr Punktspiele für seinen neuen Verein absolviert als für den alten. 74 Mal kam Gerhardt für den 1. FC Köln in der 1. und 2. Bundesliga zum Einsatz, 74 Partien absolvierte er bisher auch für die „Wölfe“ im Oberhaus.
2016 hatte Gerhardt den 1. FC Köln nach 13 Jahren verlassen. Es war kein einfacher Abschied, nicht für ihn und nicht für den Klub. „Das war für Yannick schon sehr emotional. Der FC hat ihm lange Zeit vieles, wenn nicht fast alles bedeutet“, erinnert sich die FC-Legende Stephan Engels, der nicht nur seit Jahren sein Berater, sondern auch so etwas wie sein väterlicher Freund ist. Dieser Abschied wurde dem FC aber mit rund 15 Millionen Euro versüßt. Zu der Ablöse von rund 13 Millionen Euro kam ein Bonus, weil Gerhardt Ende November 2016 in der A-Nationalmannschaft debütierte. Sogar noch vor dieser Saison floss Geld zum FC, da sich der gebürtige Würselener mit Wolfsburg für den Europapokal qualifiziert hatte.
Yannick Gerhardt mit starker Vorbereitung
Gerhardt ist in der VW-Stadt aber nicht nur zum Top-Verdiener, sondern auch zu einem gestandenen Bundesliga-Profi geworden. Die ersten beiden Spielzeiten mit dem überraschenden Kampf um den Klassenerhalt und seinen Turbulenzen seien natürlich nicht immer einfach gewesen. Aber spätestens in der vergangenen Saison mit 33 Pflichtspielen in Liga und Pokal wurde der Mittelfeldakteur zu einer arrivierten Kraft. Zuletzt spielte er eine starke Vorbereitung, traf im Test gegen Nizza doppelt, beim knappen Pokalsieg in Halle einmal und verdrängte in der Zentrale bisher starke Konkurrenten wie Neuzugang Xaver Schlager und Elvis Rexhbecaj. „Es läuft bisher gut. Ich freue mich auch, dass ich torgefährlicher bin. Daran hatte ich gearbeitet, das hatte ich mir vorgenommen“, sagt Gerhardt, der aber auch von sich behauptet, als Person gereift zu sein. „Ich wollte und musste mal von Zuhause weg. Ich habe ein neues Umfeld kennengelernt, bin reifer und selbstständiger geworden. Und Wolfsburg hat viel mehr Lebensqualität, als die meisten wohl denken. Da werden dann oft Vorurteile bedient“, sagt Gerhardt.
Engels bestätigt diesen Reifeprozess in der Fremde: „Yannick ist kein Lautsprecher, sondern einer, der genau zuhört, alles überprüft und abwägen kann. Der Wechsel tat ihm gut, auch für seine Persönlichkeit.“ Und Gerhardt fügt das an, was vielleicht nicht alle in Köln gerne hören werden: „Nein, den Wechsel nach Wolfsburg habe ich auf keinen Fall bereut.“ Als Jugendspieler zähle man im eigenen Verein halt nicht so viel. Bestätigt wird diese Aussage durch die Statistik: Nach Timo Horn (2011/12) und Jonas Hector (2012/13) war Gerhardt ab der Saison 2013/14 das letzte FC-Talent, das es aus der U19 oder U21 dauerhaft zum Stammspieler im Kölner Profi-Team schaffte.
Vertrag bis 2021 beim VfL Wolfsburg
Bis 2021 steht Gerhardt noch in Wolfsburg unter Vertrag. Er könne sich auch vorstellen, über diesen Zeitpunkt hinaus zu bleiben, aktuelle gebe es diesbezüglich aber keine Gespräche. Erst einmal zähle nur die neue Saison. „Und in der wollen wir noch besser abschneiden als in der letzten und im Europapokal eine gute Rolle spielen“, sagt Gerhardt selbstbewusst. Eine Rückkehr in die Nationalmannschaft sei nach seiner langen Abstinenz vorerst kein Thema. „Ich kann das schon realistisch einschätzen, das ist derzeit zu weit weg.“
Etwas, was er dagegen genauer verfolgt, ist die Entwicklung in Köln. „Ich habe mich sehr gefreut, dass der FC in die Bundesliga zurückgekehrt ist. Da gehört er einfach hin. Ich denke, die Kölner werden uns einen harten Kampf liefern und haben eine absolut bundesligatauglich Mannschaft“, sagt Gerhardt. Nur am Samstag, da müsse dies der FC nicht unbedingt beweisen. Gleichwohl: „Wir haben eine starkes Team, sind selbstbewusst und haben uns viel vorgenommen. Von Anfang an.“