Borussia Dortmund spielt in Leverkusen ultra-defensiv. Laut Trainer Edin Terzic ist das alternativlos gegen die Werkself
Terzic erklärt AngsthasenfußballDarum hat die Bundesliga Angst vor Bayer Leverkusen
Borussia Dortmund ist Vizemeister, führt seine Champions-League-Gruppe mit Paris St. Germain, Newcastle United und der AC Mailand als Erster an und trägt in sich das Selbstverständnis, auch in dieser Saison wieder um die Meisterschaft mitspielen zu wollen. Das alles steht allerdings in krassem Widerspruch zur Darbietung am Sonntag. Beim 1:1 in Leverkusen spielte der BVB so, als ginge es für ihn um den Klassenerhalt.
Die Elf von Trainer Edin Terzic bunkerte sich im eigenen Strafraum ein, spielte viele lange Bälle ins Nichts. Keinerlei Mut mit dem Ball am Fuß, keinerlei Kombinationsfußball mit dem vorhandenen, hochqualifizierten Personal. Der Vortrag erinnerte an den Auftritt von Darmstadt 98 in der Bay-Arena. Dass ein Top-Team seinen eigenen Stil dermaßen verrät, sagt allerdings dann doch weniger über Borussia Dortmund aus, als vielmehr über die Stärke von Bayer Leverkusen: Die Bundesliga hat mittlerweile nicht mehr nur Respekt vor der Werkself, sie hat sogar Angst.
„Xabi uns sein Team machen hervorragende Arbeit, das muss man neidlos anerkennen. In den vergangenen Wochen und Monaten haben sich viele Mannschaften überlegt, wie man gegen Leverkusen spielen kann, um das, was sie gerne machen, zu verhindern“, fing Terzic seine Erklärung an, warum er sich für diesen ultra-defensiven taktischen Ansatz entschieden hatte. Er und sein Trainerstab hätten die Mannschaft vor der Partie daran erinnert, „dass wir es in den beiden vergangenen Spielen geschafft haben, sieben Tore zu erzielen. “
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Borussia Dortmund will keine Tore kriegen
Die vergangenen Spiele gegen Leverkusen seien zudem sehr torreich und sehr spektakulär gewesen. „Wir wollten es daher etwas anders angehen: Es sollten nicht die Zahl der Tore, die man erzielt, über den Sieg entscheiden, sondern die Zahl der Tore, die man schluckt. “ Der Plan: Ein oder zwei Tore erzielen und das sollte dann ausreichen, aus Leverkusen etwas mitzunehmen.
Wie gemalt für diesen Ansatz war die frühe Führung durch Julian Ryerson nach nicht mal fünf Minuten. Danach hieß es: Alle Mann hinten rein. „Am Ende hat es nicht ganz für den Sieg gereicht“, sagte Terzic, ehe er die Angst vor Bayer 04 in Worte fasste, „aber es gibt Kompromisse, die man eingehen muss, wenn man gegen eine Mannschaft spielt, die so dominant, so riskant, so schnell, so physisch stark, so kreativ ist. Diesen Kompromiss sind wir eingegangen – und zwar sehr leidenschaftlich.“
In der Tat: Die Dortmunder verteidigten mit Herz, angeführt von einem Mats Hummels in Top-Form. Auch die zahlreich mitgereisten Borussia-Anhänger gaben sich zumindest an diesem Winter-Nachmittag mit dem Destruktivfußball zufrieden, bejubelten sogar lautstark den ersten Eckball nach mehr als einer Stunde Spielzeit. Leverkusen hingegen hatte viel den Ball, ließ ihn geschmeidig durch die Reihen zirkulieren, verlagerte die Seiten, fand über außen immer wieder Tiefe. Aber die Werkself zeigte auch Unvermögen in den letzten Aktionen im und um den Strafraum herum. „Wir haben Leverkusen in Räume gebracht, die Dominanz, aber keine Gefahr gebracht hat, das hat uns heute gut gefallen“, analysierte Terzic.
656 zu 314 Pässe für Leverkusen
Einen Angriff konnten die Dortmunder dann aber rund zehn Minuten vor dem Abpfiff doch nicht verteidigen, so dass Victor Boniface den mehr als verdienten Ausgleich erzielte. Am Ende hatte Leverkusen doppelt so viel Pässe (656) gespielt wie Dortmund (314), war mehr gelaufen, hatte genau so viele Zweikämpfe gewonnen und hatte 17 Mal mehr auf Tor geschossen. „Die Spieler hatten das Gefühl, dass wir genug gemacht haben, um zu gewinnen“, sagte Bayer-Coach Xabi Alonso. „Aber wir haben in der Kabine gesprochen. Die Mannschaft ist voll überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“
Kein Wunder. Das 1:1 war schließlich das 20. Pflichtspiel in dieser Saison ohne Niederlage. Der Vorsprung auf Dortmund bleibt bei zehn Punkten. Die Tabellenführung könnte zwar verlorengehen, falls Bayern München sein Nachholspiel gegen Union Berlin gewinnen sollte, doch das lässt die Leverkusener kalt. „Das interessiert uns nicht. Wir können ja nicht vor zwei Wochen sagen, die Tabellensituation hat noch keine Relevanz und jetzt hat sie plötzlich eine“, sagte Bayer-Sportgeschäftsführer Simon Rolfes.
Für Alonso hatte die Partie gegen den BVB Lehrstundencharakter. Schließlich werden sicher noch andere Teams mit einer ähnlichen Defensivtaktik aufwarten. „Der frühe Rückstand war eine gute Übung für uns, ruhig zu bleiben, nicht die Kontrolle zu verlieren. Es war ein guter Unterricht“, sagte der Coach.
So defensiv Terzic seine Mannschaft einstellte, so aggressiv stichelte er danach: „Zehn Punkte sind ein großer Abstand. Aber es ist noch so viel, was auf uns zukommt. Leverkusen hat im Januar eine sehr spannende Phase vor sich mit dem Afrika-Cup.“ Dann muss Bayer 04 bis zu fünf Spieler abstellen, während die Bundesliga läuft. Die Anspielung Terzics ist der Versuch, ein gefestigtes Bayer Leverkusen aus der Ruhe zu bringen. Auch das darf durchaus als Zeichen der Angst gewertet werden.