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Zeit für Bewerbung drängtBewirbt sich Deutschland für Olympia 2040? So sehen die Pläne aus

Lesezeit 5 Minuten
Yemisi Ogunleye hält nach ihrem Gold-Erfolg bei Olympia eine Deutschland-Fahne in die Luft.

Können deutsche Sportlerinnen, wie hier Yemisi Ogunleye, im Jahr 2040 Goldmedaillen bei Heim-Spielen feiern?

Nach den Olympischen Spielen in Paris gibt es auch in Deutschland Pläne für eine Olympia-Bewerbung. Doch die Konkurrenz scheint groß. So ist der Stand.

Ein Ortstermin in Thomas Bachs Hauptquartier soll den Machern einer deutschen Olympia-Bewerbung jetzt schnell auf die Sprünge helfen. Wenn Olympia nach den magischen Spielen von Paris und der Tour über Los Angeles 2028 und Brisbane 2032 das nächste Mal in Europa Station macht, will der Deutsche Olympische Sportbund der Ausrichter sein.

„Wir werden nach den Spielen mit dem IOC in Lausanne sprechen und natürlich die Tipps und die Ratschläge abholen, wie wir das am besten gestalten“, kündigte DOSB-Präsident Thomas Weikert den nächsten Schritt zu einer deutschen Kandidatur an.

Diese Länder könnten sich für 2036 und 2040 für Olympia bewerben

Viel Zeit bleibt Deutschland nicht mehr. Während der spektakulären Tage von Paris brachten sich mehrere potenzielle Bewerber für 2036 und 2040 in Stellung. Eine zweistellige Zahl an Interessenten zählt IOC-Chef Bach bereits. Die Türkei mit Istanbul, Indien, Katar, Saudi-Arabien und Indonesien treten derzeit am offensivsten auf. Konkretere Pläne gibt es auch in Madrid, Budapest, London sowie in Polen und Italien.

Alles zum Thema Hendrik Wüst

Dagegen beobachtet Bach in seiner Heimat nur „erste scheue Bemühungen, sich wieder um das Thema zu kümmern“, wie er Eurosport sagte. Es seien „noch ein paar mehr grundsätzliche Fragen“ zu klären, ehe der DOSB sich Chancen ausrechnen könne.

Deutschland setzt auf Olympische Spiele 2040 – 50 Jahre nach der Wiedervereinigung

Dass der 70 Jahre alte IOC-Präsident im kommenden Jahr seinen Posten räumen will, sehen die deutschen Olympia-Planer nicht als Nachteil. „Für uns bedeutet das, dass wir uns völlig frei bewerben können“, sagte DOSB-Chef Weikert dem ZDF. Der Aufstieg des Deutschen Bach an die IOC-Spitze schien in der Vergangenheit eher ein Hindernis für die Olympia-Träume in seinem Heimatland.

Zum Abschied der Olympischen Spiele in Paris gab es ein großes Feuerwerk.

Zum Abschied der Olympischen Spiele in Paris gab es ein großes Feuerwerk.

Nun hoffen Sport und Politik, mit dem leuchtenden Vorbild Paris neue Begeisterung für ein Olympia-Projekt wecken zu können. Er hoffe, „dass das ein bisschen ansteckend ist“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei einem Besuch in Frankreichs Hauptstadt, die mit ihren Sommerspielen neue Maßstäbe setzte.

Nach längerem Zögern hatte die Bundesregierung eine gemeinsame Absichtserklärung für eine deutsche Bewerbung unterzeichnet und finanzielle Unterstützung zugesichert. Dabei bevorzugt die Ampel-Koalition klar eine Bewerbung um die Sommerspiele 2040. Das wäre 50 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung.

Olympia 2040: Diese Städte und Regionen dürfen sich Hoffnungen machen

Doch lässt sich der Erfolg von Paris so einfach kopieren? „Wir wissen, dass wir das so in dieser Weise in Deutschland nicht machen können und auch nicht machen wollen“, sagte Weikert. Weil im Rahmen der IOC-Richtlinien möglichst nur bereits vorhandene Wettkampfstätten genutzt werden sollen, müsse das deutsche Konzept auf mehrere Standorte setzen. „Es wird auf jeden Fall dezentral werden“, sagte der DOSB-Chef.

Berlin dürfte gesetzt sein, dazu haben Hamburg, München, Leipzig und die Rhein-Ruhr-Region sich zu einer möglichen Bewerbung bekannt. Am 7. Dezember will der DOSB bei seiner Mitgliederversammlung in Saarbrücken den weiteren Kurs beschließen. Eine außerordentliche Mitgliederversammlung könnte im ersten Halbjahr 2025 die Bewerbung endgültig auf den Weg bringen.

Diese Pläne hat das Land NRW für Olympia 2040

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst hatte sich Ende Juli bereits für Olympische Spiele in Nordrhein-Westfalen starkgemacht. „Wir sind bereit, Teil einer deutschen Olympia-Bewerbung zu sein, wenn das gewünscht ist“, sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und IOC-Präsident Thomas Bach unterhalten am sich NRW-Abend im Deutschen Haus.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und IOC-Präsident Thomas Bach unterhalten am sich NRW-Abend im Deutschen Haus.

Das Land sei sportbegeistert. Zudem wäre es ein Vorteil, dass nicht massiv neu gebaut werden müsste. „95 Prozent der Wettkampfstätten sind schon da – das ist auch ein Beitrag zur Nachhaltigkeit“, sagte der Ministerpräsident vor wenigen Tagen, als er die deutschen Sportlerinnen und Sportler im Deutschen Haus in Paris besuchte.

Scheitert die Olympia-Bewerbung am Votum der Bevölkerung?

„In NRW wären die Leute einfach stolz wie Bolle, wenn sie Teil von Olympia wären“, sagte Hendrik Wüst. NRW wäre ein guter Gastgeber, das habe man beispielsweise bei der Handball-EM und bei der Fußball-EM gezeigt. „Ich glaube, die Stimmung für Olympia ist generell besser als vor einigen Jahren – in Nordrhein-Westfalen ist sie jedenfalls gut.“

Und dennoch: Entscheidende Hürde ist das Votum der Bevölkerung in den dann ausgewählten Kandidatenregionen. Zuletzt waren die Projekte für Winterspiele 2022 in München und Sommerspiele 2024 am Nein einer Mehrheit an der Wahlurne gescheitert. Tief sitzt bei vielen Deutschen die Ablehnung gegenüber mächtigen Sportorganisationen wie dem IOC. Hinzu kommt die Sorge vor explodierenden Kosten.

Deutschland und das schlechte Abschneiden bei Olympia

Es könnte jedoch noch ein weiteres Argument für eine deutsche Olympia-Bewerbung geben: Wenn es nach Befürwortern geht, könnten Olympische Spiele im eigenen Land dem anhaltenden Negativtrend bei der olympischen Medaillenausbeute entgegenwirken.

Das deutsche Team beendet die Spiele in Paris zwar unter den besten zehn Nationen im Medaillenspiegel, verschlechterte sich aber im Vergleich zu Tokio 2021 erneut. Mit 12 Goldmedaillen, 13 Silbermedaillen sowie 8 Bronzemedaillen landete das Team des Deutschen Olympischen Bundes (DOSB) auf Rang 10.

Damit wurde das Minimalziel zwar erreicht. Doch die Ausbeute war nicht nur geringer als 2021 in Tokio mit 37 Medaillen, sondern auch schlechter als bei allen anderen Sommerspielen seit der Wiedervereinigung. Auch Platz zehn im Nationenranking ist noch etwas schlechter als vor drei Jahren in Japan, als Deutschland Platz neun belegte. Bei den Sommerspielen 2008, 2012 und 2016 hatte das deutsche Team noch jeweils zu den besten sechs Nationen gezählt.

Friedrich Merz: „Dann macht auch eine deutsche Olympia-Bewerbung wenig Sinn“

CDU-Chef Friedrich Merz sieht deshalb ohnehin dringlichere Aufgaben für die Sportpolitiker. „Wenn aber die Unterstützung des Breitensports und die Qualität des Schulsports weiter so nachlassen, wie wir dies in den vergangenen Jahren sehen, dann macht auch eine deutsche Olympia-Bewerbung wenig Sinn“, sagte Merz.

IOC-Präsident Thomas Bach bei der Abschiedsfeier in Paris.

IOC-Präsident Thomas Bach bei der Abschiedsfeier in Paris.

Dass Olympische Spiele jedoch auch beflügelnd sein können, zeigten zuletzt die Gastgeber Großbritannien (2012), Japan (2021) und jetzt auch Frankreich, die motiviert von ihren Spielen zu sportlichen Höhenflügen mit neuen Athletengenerationen ansetzten.

Und so äußerte der scheidende IOC-Präsident Thomas Bach vor seiner Abreise aus Paris noch einen Wunsch für Deutschland: „Ich würde mich riesig freuen, wenn bei uns zu Hause dieser olympische Funke auch überspringen würde.“ (ve mit dpa)