- Für Lukas Podolski ist die Saison in der Türkei vorzeitig beendet, der Ex-Nationalspieler hat sich eine schwere Oberschenkelverletzung zugezogen.
- Doch ans Aufhören denkt der Weltmeister von 2014 noch lange nicht.
- Im Interview spricht der mittlerweile 35-Jährige über seine Zukunft, die Probleme des 1. FC Köln und sein Leben in der Corona-Krise.
Köln – Herr Podolski, ist für Sie die Saison in der türkischen Liga nach der Verletzung gelaufen?
Ja, ich gehe da kein Risiko mehr ein. Ich habe mir im Punktspiel gegen Tabellenführer Başakşehir eine schwere Verletzung im hinteren Oberschenkel zugezogen. Äußert unglücklich, da ich alleine auf das Tor des Gegners zugelaufen bin. Genau in dem Moment, als ich passen wollte, hat es hinten in der Muskulatur geknallt. Das muss ich jetzt auskurieren.
Drei Spieltage vor Saisonende ist Antalyaspor Zehnter mit sieben Punkten Vorsprung auf den Abstiegsplatz. Sind Sie gerettet?
Wir haben den Klassenerhalt im Prinzip geschafft, unser Torverhältnis ist quasi noch ein weiterer Punkt. Nach oben ging nichts mehr, weil wir in der Hinrunde zu viele Punkte liegen gelassen hatten. In der Rückrunde waren wir immerhin die drittbeste Mannschaft der Liga. Ich bin seit Januar im Klub, sportlich lief es gut. Ich denke, ich konnte den Verein auch ein bisschen aufrütteln und nach vorne pushen. Das sind genau die Aufgaben, die ich geil finde. Meine Familie fühlt sich zudem an der türkischen Riviera pudelwohl. Das hat schon was von einem Paradies. Mein Fazit bisher: Ich habe mit dem Wechsel alles richtig gemacht.
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Ihr Vertrag läuft noch bis zum 30. Juni 2021. Gedenken Sie, diesen zu erfüllen?
Ja. Ich habe großen Spaß und bin körperlich auch mit 35 topfit. Ich traue mir absolut zu, noch ein paar Jahre zu spielen. Ich brauche diesen sportlichen Kampf, das Training, die Teamkollegen, die Reisen, die Möglichkeit, mit den Jungs zu lachen. Genau darauf habe ich Bock.
Wie gehen Sie mit den Einschränkungen in der Corona-Krise um?
In Antalya selbst gab es nicht so viele Fälle wie in anderen Teilen des Landes. Aber natürlich war auch dort zeitweise alles geschlossen. Man muss sich einfach an die Vorschriften halten, das ist ja auch nicht zu viel verlangt. Spiele ohne Fans sind natürlich Mist, aber vielleicht ändert sich das ja bald wieder. Das Hygienekonzept der türkischen Liga ist bisher ganz gut aufgegangen und hat sich sicherlich an dem der Bundesliga orientiert. Viele Teamkollegen und auch die Vereinsvertreter haben mich auch gefragt, wie das in Deutschland so funktioniert. Die Bundesliga war da ja Vorreiter. Sie hat dadurch sicherlich noch mal enorm an Stellenwert dazu gewonnen, weil sie ja für längere Zeit die einzige große Liga war, in der überhaupt gespielt wurde. Die Fußballwelt hat zu der Zeit nur auf die Bundesliga geschaut – so ähnlich wie das in England über Weihnachten der Fall ist.
Ihr Ex-Klub Bayern München ist zum achten Mal in Serie Meister geworden. Kommt Langeweile auf?
Da darf man doch den Bayern keinen Vorwurf machen, sie machen doch nichts Illegales. Und sie treffen fast immer die richtigen Entscheidungen. Dass die Bosse Hansi Flick als Cheftrainer installiert haben, war Gold wert. Er hat die Mannschaft wieder zusammengeführt. Natürlich ist der Meisterkampf in anderen Ligen spannender, ich habe das ja selbst als Spieler in England, Italien und der Türkei erlebt. Aber ich glaube nicht, dass sich an der Vormachtstellung der Bayern viel ändern wird. Viele andere Klubs heulen immer nur rum. Und wenn die Bayern mal eine Schwäche zeigen, wie in der vergangenen Saison, da nutzen das Vereine wie Dortmund nicht aus und verlieren dann zu Hause das direkte Duell.
Der 1. FC Köln hat die Spielzeit als 14. beendet. Wie beurteilen Sie die Saison Ihres Ex-Vereins?
Klassenerhalt geschafft – nicht mehr. In den Spielen nach der Corona-Pause hat sich der FC wie ein Absteiger präsentiert. Im Winter hatten es Markus Gisdol und Horst Heldt geschafft, die Mannschaft aus der Scheiße zu holen. Diese Phase zuvor ähnelte nämlich sehr der aus der Abstiegssaison unter Peter Stöger. Doch die letzten Spiele des FC – und so ehrlich sollte man sein – die waren nichts mehr.
Machen diese Spiele auch nur wenig Hoffnung für die neue Saison?
Das ist schwierig für mich zu beurteilen, denn dafür bin ich nicht eng genug dran. Aber als Fan sage ich: Zuletzt habe ich in der Mannschaft keinen Zusammenhalt, keinen Fight und keinen Spirit gesehen. Man ließ sich gehen, die Stimmung war dementsprechend trostlos. Ich bin auch gespannt, was zur neuen Saison passiert. Und es muss ja was passieren. Vor Corona hatte die Mannschaft ja gezeigt, wie es gehen kann. Da muss sie wieder hinkommen. Ich traue Heldt und Gisdol zu, dass sie den Absturz vernünftig analysieren, die richtigen Schlüsse ziehen und das Team wieder in die Spur bringen.
Podolskis Halle
Am 18. Juli öffnet das „Strassenkicker Base“auf dem Carlswerk-Gelände in Mülheim. Mit der multifunktionalen Fußballhalle in der Heimat Köln hat sich Lukas Podolski für Gesamtkosten von rund vier Millionen Euro einen „lang ersehnten Traum“ erfüllt. Auf rund 5100 Quadratmetern kann auf sieben Plätzen – darunter fünf Kunstrasenplätze und zwei Multifunktionsplätze für Futsal, Basketball und Rollstuhlsport, Panna Cage und E-Gaming Are – täglich bis 24 Uhr gespielt werden. Zudem gibt es Räume für Events und eine Sportsbar. Die Plätze sind ab sofort online über www.strassenkickerbase.de/booking/ buchbar. (LW)
Das neue Präsidium hat schon oft davon gesprochen, Sie in Zukunft in den Klub einzubinden. Wie ist der Stand?
Ich hatte ein Gespräch mit den Verantwortlichen im Januar, danach gab es keinen Kontakt mehr. Aber das ist auch nicht schlimm, der FC hatte vor allem durch Corona und den Abstiegskampf wirklich andere Sorgen. Ich spiele jetzt erst einmal für Antalya bis 2021, möglicherweise verlängere ich noch einmal oder stelle mich sogar einer ganz anderen Herausforderung. Und dann schaue ich, was mir der FC anbieten kann. Ich will aber nicht nur einfach im Verein untergebracht werden, damit ich irgendeine Aufgabe bekomme und sich alles beruhigt. Darauf habe ich keinen Bock. Wir sollten gemeinsam ein Konzept machen. Die Aufgabe muss schon eine sinnvolle sein. Eine, bei der ich dem Verein auch helfen kann. Entweder passt es dann – oder eben nicht. Am Ende bin ich auch nicht mit dem FC verheiratet, es gibt auch andere spannende Aufgaben.
In Köln sind Sie seit einigen Jahren als Unternehmer tätig. Zuletzt hatten Sie nach dem Vorfall in Ihrem Eisladen am Heumarkt die Zustände in der Stadt als „nicht haltbar“ kritisiert.
Es ging mir nicht alleine um die Eisdiele. Dort sind Drogenabhängige unterwegs, und die Stadt schaut zu. Am Freitag war ich da und das Bild war dasselbe. In den Gassen geben sich Junkies die Spritze, unsere Kunden werden bepöbelt. Das ist ein Problem. Und die Stadt redet sich das Problem schön. Köln ist eine tolle Stadt, aber es gibt auch Plätze, die in einem katastrophalen Zustand sind. Dort muss man einfach konsequenter durchgreifen.