Köln – Ab 1. August wird Imke Wübbenhorst (32) neue Co-Trainerin „Analyse“ beim Drittligisten FC Viktoria Köln. Im Interview äußert sich die Fußballlehrerin über ihre Zeit in Jungenmannschaften, Vorbehalte des männlichen Geschlechts in einer männerdominierten Sportart und ihre Ziele mit der Viktoria.
Frau Wübbenhorst, Sie haben bis zum 16. Lebensjahr in Jungenmannschaften gespielt, da es in Ihrer Heimat Ostfriesland keine Mädchen-Teams gab. Konnten Sie mithalten?
Imke Wübbenhorst: Es gab auf jeden Fall physische Defizite. Bezogen auf die körperliche Präsenz hätten sich einige Jungs aber eine Scheibe von mir abschneiden können. Denn neben der reinen Kraft zählt im Fußball auch der Wille.
War es nicht eigenartig, als Jugendliche gemeinsam mit jungen Männern zu spielen? Gerade in der einsetzenden Pubertät?
Probleme gab es innerhalb meiner Mannschaft nie. Der einzige Unterschied zu den Jungs war, dass ich meist umgezogen zum Spiel kam und später zuhause duschte.
Was sind für Sie die wesentlichen Unterschiede zwischen Männer- und Frauenfußball? Wenn es überhaupt welche gibt...
Auf dem Platz gibt es taktisch und technisch keine Unterschiede. Lediglich die Dynamik ist aufgrund der genetischen Prädisposition eine andere. Einige lachen, wenn eine Torhüterin einen hohen Ball nicht hält. Sie bedenken aber nicht, dass sie in der Regel 20 Zentimeter kleiner als ihr männlicher Kollege ist und nicht die gleiche Sprungkraft besitzt. Der Maßstab muss einfach ein anderer sein.
Im Dezember 2018 haben Sie den Trainerposten der Männermannschaft des BV Cloppenburg in der Oberliga Niedersachsen übernommen. Sie erweckten dadurch eine große mediale Aufmerksamkeit. Hatten Sie Verständnis dafür?
Leider ja. Ich wurde im Fußball sozialisiert und kenne die weit verbreiteten Meinungen dazu. Fußball in Deutschland wird mit männlichen Attributen assoziiert. Bei mir war das nicht anders. Denn auch für meinen Vater ist noch klar, dass Mädchen mit Puppen und Jungs mit Bällen spielen. (lacht).
Zur Person
Imke Wübbenhorst wurde am 10. Dezember 1988 in Aurich geboren. Ihre Fußball-Karriere begann beim SV Wallinghausen. Da es in der Region keine Mädchenmannschaften gab, spielte sie bis zu ihrem 16. Lebensjahr in Jungenmannschaften. Über die Station SuS Timmel landete sie im Sommer 2005 beim Bundesligisten Hamburger SV. Zur Saison 2011/12 wechselte sie zum Zweitligisten BV Cloppenburg, mit dem sie in die Bundesliga aufstieg. Von Juli bis Oktober 2015 stand sie beim spanischen Pokalsieger von 2015 Sporting Huelva unter Vertrag, im Anschluss kehrte sie zum BV Cloppenburg zurück.
Mit der U-19-Nationalteam wurde die heutige Lehrerin für Sport und Biologie 2006 und 2007 Europameisterin. Als spielende Co-Trainerin des Zweitligisten BV Cloppenburg startete sie ihre zweite Karriere an der Seitenlinie. Anschließend erregte sie mit ihrem Engagement beim Oberligisten BV Cloppenburg große Aufmerksamkeit, weil erstmals eine Frau eine deutsche Männermannschaft auf diesem Niveau trainierte. Nach ihrer Ausbildung zur Fußball-Lehrerin wurde sie im April 2020 Trainerin des Regionalligisten Sportfreunden Lotte, wo sie Mitte Dezember aufgrund sportlicher Erfolglosigkeit entlassen wurde. Nun wird sie Co-Trainerin des Drittligisten FC Viktoria Köln. (mbu)
Wird man als Frau im Männer dominierten Fußball auch manchmal zur Einzelkämpferin?
Natürlich treffe ich auf Männer, die mir im ersten Moment skeptisch gegenübertreten. Die Jungs, die wirklich in einen Diskurs mit mir gehen, kann ich dann aber schnell davon überzeugen, dass ich genauso akribisch bin, wie jeder Mann. Wer mir keine Chance gibt, macht mich verrückt.
Im April 2020 machten Sie einen weiteren Karrieresprung: Sie übernahmen den Regionalligisten SF Lotte. Wie verlief damals die erste Begegnung mit den Fußballern der Sportfreunde?
Alle Spieler hatten auslaufende Verträge, sodass sie sich bewusst bei der Unterschrift für mich als Trainerin entschieden haben. Es kam zu keiner Zeit zu Themen in Bezug auf mein Geschlecht, es ging nur um Fußball.
Sie sind im Oktober 2019 für den Fußballspruch des Jahres ausgezeichnet worden („Ich bin Profi. Ich stelle nach Schwanzlänge auf“). Würden Sie diese Aussage in dieser Form noch einmal tätigen?
Klares Ja! Dazu muss man aber erzählen, wie es zu der Aussage gekommen ist. Jede Frau, die in einer männerdominierten Fußballwelt arbeiten will, wird früher oder später mit unangemessenen Aussagen konfrontiert. Bei mir kam immer wieder die Frage auf, ob ich zu den Spielern in die Kabine gehe, um einen Blick auf ihre Körper zu werfen. Das ist natürlich Quatsch. Aber die Fragerei hörte einfach nicht auf. Das führte dann irgendwann zu jener Aussage.
Ab 1. August treten Sie bei der Viktoria das Amt der Co-Trainerin „Analyse“ an. Wo sehen Sie den Schwerpunkt Ihrer Arbeit und was ist für den FC Viktoria in der neuen Saison möglich?
Neben der stetigen Verbesserung unseres eigenen Spiels, gehört es zu meinen Aufgaben, den Gegner zu analysieren und mit Olaf Janßen und dem Trainerteam Matchpläne zu diskutieren. Neben dieser rein analytischen Tätigkeit werde ich aber auch im Trainings- und Spielbetrieb auf dem Platz aktiv sein.
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Glauben Sie, dass das Amt des Co-Trainers in der Dritten Liga das Ende der Fahnenstange ist oder streben Sie in der Zukunft womöglich auch die Positionen der Cheftrainerin im Profibereich an?
Zunächst einmal freue ich mich sehr auf die Zusammenarbeit mit Olaf Janßen. Für mich ist es nicht wichtig, welche Rolle ich letztlich in einem Team bekleide, solange mir die Arbeit Spaß macht und meine Arbeit wertgeschätzt wird.