Köln – Seit Ausbruch der Corona-Krise in Deutschland Mitte März haben Fluggesellschaften hierzulande Tausende Flüge gestrichen. Unzählige Flugpassagiere mussten ihre Reisepläne verschieben oder ganz aufgeben. Für gestrichene Flüge erhalten Fluggäste den vollen Flugpreis zurück.
Freiwillig können sie stattdessen aber auch einen Fluggutschein für den entgangenen Flug akzeptieren. Einen Vorstoß der Bundesregierung von Anfang April, die Gutscheinlösung verpflichtend statt freiwillig zu machen und so den Fluggesellschaften Liquidität zu erhalten, wies die EU-Verkehrskommissarin Adina Valean Anfang Mai zurück. Es bleibt bei der EU-Fluggastrechteverordnung, der zufolge Passagiere Fluggutscheine akzeptieren können, aber nicht müssen, wenn der betreffende Flug von der Airline selbst storniert wurde.
Doch wie sieht die Situation aktuell beim Thema Flugpreiserstattungen aus? Von Eurowings, der Billigfluggesellschaft der Deutschen Lufthansa AG, ist zu hören, dass die Mitarbeiter dort nach wie vor mit einer großen Zahl an Erstattungs- und Umbuchungsanfragen zu tun haben. „Wir sind nach wie vor in einem Krisenmodus“, sagte Eurowings-Sprecher Florian Gränzdörffer auf Anfrage. Es gebe weiterhin einen Berg an Passagierforderungen abzuarbeiten.
Die Airline habe aber die Personalkapazitäten für die Bearbeitung von Rückerstattungen aufgestockt. „Erstattungen werden Tag für Tag ausgezahlt – und zwar in einem nie gekannten Ausmaß. Bereits im Juni haben wir zweistellige Millionenbeträge an Kunden rücküberwiesen“, so Gränzdörffer.
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Ziel sei es, „in den nächsten sechs Wochen die Ansprüche der Kunden, die am längsten auf die Rückzahlung warten, weitgehend abzuarbeiten“. Genauere Zahlen wollte Eurowings mit Verweis auf den Wettbewerb mit anderen Airlines nicht nennen.
90 Prozent der Flüge gestrichen
Vor Beginn der Corona-Krise habe Eurowings täglich etwa 70.000 Passagiere geflogen. Die Corona-Pandemie habe dazu geführt, dass über Monate hinweg 90 Prozent der Flüge gestrichen worden seien.Mittlerweile stellen die Eurowings-Verantwortlichen fest, dass das Angebot eines Fluggutscheins zunehmend beliebt bei Fluggästen wird, deren Flug ausgefallen ist.
Dieses Angebot wird auf Seiten von Verbraucherschützern allerdings durchaus kritisch betrachtet. In vielen Fällen gehe es den Fluggesellschaften mit solchen Angeboten darum, von ihrer eigentlichen Pflicht abzulenken: der Pflicht, den Passagieren den Flugpreis zu erstatten, wenn die Fluggesellschaft den Flug selbst gestrichen hat.
Eigentlich gilt eine Sieben-Tages-Frist
„In der EU-Fluggastrechteverordnung steht sogar drin, dass das innerhalb von sieben Tagen zu geschehen hat“, sagt dazu Beate Wagner, Referentin für Reiserecht bei der Verbraucherzentrale NRW. Tatsächlich, so der Eindruck von ihr und ihren Kollegen, die Kontakt mit verärgerten Flugpassagieren haben, dauert es oft Wochen und Monate, bis die Erstattung beim Kunden der Fluggesellschaft ankomme.
Zahlen erhebt die Verbraucherzentrale NRW zwar nicht. Aber: „Zwischenzeitlich war der Reisebereich der am stärksten nachgefragte bei den Anfragen von Verbrauchern an uns“, so Wagner.
Ein Problem ist aus ihrer Sicht, dass viele Flugreisende ihre Rechte nicht gut kennen. „Das Bewusstsein der Verbraucher für ihre Rechte ist nicht besonders ausgeprägt, fürchte ich.“
So sei vielen verhinderten Flugreisenden nicht klar, dass ihnen gegenüber die den Flug ausführende Luftfahrtgesellschaft der Erstattungsschuldner sei und nicht eine der vielen Internet-Plattformen, über die sie ihren Flug gebucht eventuell gebucht haben. Soll heißen: Nicht Opodo, nicht billigfluege.de oder skyscanner.de und auch nicht das Reisebüro, wo sie den Flug unter Umständen gebucht haben, muss ihnen das Geld zurückzahlen, sondern die jeweilige Airline.
Kontaktaufnahme oft schwierig
Aber die Probleme an ihr Geld zu kommen, beginnen für viele Fluggäste bereits damit, dass es schwierig sei, mit Fluggesellschaften in Kontakt zu treten, so Wagner. „Man muss auf den Internet-Seiten der Fluggesellschaften mitunter verwirrende Pfade zurücklegen, um überhaupt auf das Thema Flugpreis-Erstattung zu kommen.“
Ihr Rat an Flugreisende, deren Flug von der Airline gestrichen wurde: „Bleiben Sie hartnäckig, lassen Sie sich nicht abwimmmeln. Im Zweifel solle auch der Klageweg in Erwägung gezogen werden. Auch die Verbraucherzentrale NRW ist in diesem Frühjahr bereits juristisch gegen Fluggesellschaften vorgegangen und hat sie abgemahnt, darunter auch Eurowings. Die Verbraucherzentrale bietet Verbrauchern mit der Flugärger-App ein Selbsthilfe-Tool, um ihre Rechte geltend zu machen.
Aus Sicht der in Düsseldorf ansässigen Airline Eurowings hat die zunehmende Beliebtheit ihrer Fluggutscheine dagegen auch mit dem wieder zunehmenden Angebot an Flügen zu tun. Im Juli verdreifache man die Zahl der Flüge gegenüber dem Juni, so Eurowings-Sprecher Gränzdörffer.
Die Nachfrage nach Flugzielen in Italien, Kroatien und Griechenland steige. Beliebtestes Flugziel der Eurowings-Passagiere sei Mallorca, das Eurowings wieder von 16 deutschen Flughäfen anfliege.
Im Laufe des Sommers werde Eurowings vier Fünftel der in anderen Sommern angebotenen Flugziele anbieten. Allerdings bewegt sich das Eurowings-Geschäft weiter auf niedrigem Niveau. Im Juli sollen 35 Flugzeuge für Eurowings in der Luft sein. Zum Vergleich: Im April 2019 flogen 140 Flugzeuge für Eurowings. „Wenn es gut läuft, erreichen wir über den gesamten Sommer 2020 40 Prozent unserer normalen Kapazität“, schätzt Gränzdörffer.