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Leverkusener KonzernWas für Bayer beim Glyphosat-Poker der EU auf dem Spiel steht

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Blick auf den Chempark in Leverkusen: Für Chemiekonzern Bayer kämpft für das Pflanzenmittel Monsanto. (Symbolbild)

Blick auf den Chempark in Leverkusen: Für Chemiekonzern Bayer kämpft für das Pflanzenmittel Monsanto. (Symbolbild)

Bayer spricht von einem vielversprechenden Mittel, das auf den Markt kommen könnte. Doch noch ist der Konzern auf die Glyphosat-Umsätze angewiesen.

Bayer kämpft seit Jahren leidenschaftlich um Glyphosat und betont nimmermüde, dass eine Studie nach der anderen – es sind Hunderte – ergeben hat, dass das Pflanzengift ohne Sorge um die Gesundheit eingesetzt werden kann. Doch der Erfolg bleibt bislang aus. Am vergangenen Freitag erhielt ein Vorschlag der EU-Kommission zur Verlängerung der Zulassung im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel nicht die notwendigen Stimmen.

Mit Deutschland und Frankreich ist nicht zu rechnen

18 von 27 Ländern stimmten zwar für die erneute Zulassung, nur drei dagegen, und sechs Länder enthielten sich. Doch ist für eine Zustimmung zum Kommissionsvorschlag nicht nur die Mehrheit der Länder notwendig – die zustimmenden Staaten müssen auch mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Zusammen knapp 34 Prozent leben in Deutschland und Frankreich – und beide Länder enthielten sich.

Für Bayer stehen Milliarden auf dem Spiel

Für Bayer stehen gewaltige Summen auf dem Spiel. „Was Umsatzzahlen angeht, so trägt der Wirkstoff Glyphosat zum Großteil unserer Umsätze im Bereich Herbizide bei“, sagt ein Sprecher des Leverkusener Konzerns auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Mit Herbiziden – Pflanzengiften also, Bayer bevorzugt den Fachbegriff Pflanzenschutzmittel – erlöste das Dax-Unternehmen im vergangenen Jahr rund 8,3 Milliarden Euro. Mehr als 16 Prozent des Konzernumsatzes machten sie aus, eine von Bayer nicht näher bezifferte Mehrheit davon entfiel auf Glyphosat-haltige Mittel wie Roundup.

Bei Anlegern haben die Leverkusener auch wegen dieser Unsicherheit einen schweren Stand. Als am Freitag die Nicht-Entscheidung bekannt wurde, rutschte die Aktie weiter ab: Nur noch gut 43 Euro war sie wert. Bloß im Herbst 2020, inmitten von Corona-Wehen, war das Papier in den vergangenen zehn Jahren niedriger notiert. Bayer fällt dazu wenig mehr ein, als seit der Monsanto-Übernahme vor fünf Jahren zu beteuern, der Aktienkurs spiegele nicht den Wert des Unternehmens wider, den es potenziell habe. Von Notierungen aus der Glanzzeit 2015, als eine Aktie für mehr als 140 Euro gehandelt wurde, ist Bayer gefühlt Lichtjahre entfernt. Investoren bringen angesichts der schwachen Position immer wieder eine Übernahme oder die Aufspaltung in einen Gesundheits- und einen Landwirtschaftskonzern ins Spiel.

Behälter mit Roundup, ein glyphosathaltiges Unkrautvernichtungsmittel von Monsanto, stehen in einem Regal in einem Baumarkt.

Behälter mit Roundup, ein glyphosathaltiges Unkrautvernichtungsmittel von Monsanto, stehen in einem Regal in einem Baumarkt.

„Glyphosat wird weiterhin eine wichtige Rolle in der Landwirtschaft und in der Produktpalette von Bayer spielen“, sagt der Sprecher. „Gleichzeitig investieren wir mehrere Milliarden Euro in zusätzliche Methoden zur Unkrautbekämpfung.“ Diese Investitionen in Forschung und Entwicklung zielten darauf ab, „das Verständnis von Resistenzmechanismen zu verbessern, neue Wirkungsweisen zu entdecken und zu entwickeln, maßgeschneiderte integrierte Lösungen zur Unkrautbekämpfung weiter voranzutreiben sowie präzisere Empfehlungen durch digitale Landwirtschaft bereitzustellen“.

Protest gegen Bayer und Monsanto in Leverkusen

Protest gegen Bayer und Monsanto (Archivbild)

Kurzfristige Erfolge der in Monheim ansässigen Crop-Science-Sparte sind dabei allerdings nicht zu erwarten, mittelfristige aber durchaus: „In unserer Forschungspipeline befindet sich ein vielversprechender Herbizidwirkstoff, der bis Ende dieses Jahrzehnts in den Markt gelangen soll“, sagt der Sprecher. Es sei seit über drei Jahrzehnten der erste chemische Wirkstoff mit einem neuen Wirkmechanismus für die Unkrautbekämpfung. „Es handelt sich hierbei um ein potenzielles Breitbandherbizid, das gegen die wichtigsten resistenten Gräser wirkt und für den Einsatz in großen Ackerkulturen und in Gemüse geeignet ist“, führt der Sprecher aus. Einen Namen hat der neue Wirkstoff noch nicht.

In der ersten Novemberhälfte trifft sich der EU-Ausschuss wieder – und stimmt erneut über die Zukunft von Glyphosat ab. Wird weder eine qualifizierte Mehrheit erreicht noch eine Ablehnung, darf die EU-Kommission nach eigenem Gutdünken entscheiden. „Eine Entscheidung über die Verlängerung der Zulassung von Glyphosat muss bis zum 14. Dezember 2023 getroffen werden, da die derzeitige Zulassung am 15. Dezember 2023 ausläuft“, reagierte sie nüchtern auf die ergebnislose Abstimmung in der vergangenen Woche.