Der Kofferhersteller hat einen Laden auf der Ehrenstraße bezogen – und versucht so, die Schwäche der Warenhäuser auszugleichen.
Kölner KoffermarkeSamsonite leidet unter den Pleiten im Handel
Dirk Schmidinger sitzt an diesem Abend auf einem Plastikhocker und blickt durch seinen Laden. Der Deutschlandchef des Kölner Kofferherstellers Samsonite hat gerade die neue Filiale auf der Ehrenstraße bezogen und erwartet an diesem Abend Lokalprominenz: Judoka Anna-Maria Wagner, Boxer Nelvie Tiafack und Hockeyspieler Jean Danneberg. Auch Influencer sind geladen, immer wieder schauen Kunden vorbei und bedienen sich an den Häppchen. Es ist ein Versuch, Begehrlichkeiten bei einer Zielgruppe zu wecken, die laut Statistik schon drei bis vier Gepäckstücke besitzt – und trotzdem etwas bei Schmidinger kaufen soll. In den Regalen sehen Hartschalenkoffer, Trolleys, Taschen und Rucksäcke in allen Formen und Farben.
Reisegepäck ist längst zum Lifestyle-Accessoire geworden. Im Jahr 2023 hat die Koffer- und Taschenbranche hierzulande rund 3,9 Milliarden Euro umgesetzt. Bei Samsonite müssen Kunden für einen klassischen Hartschalen-Rollkoffer rund 500 Euro hinlegen, bei Rimowa sind es knapp unter 1000 Euro. Vor zehn Jahren waren die beiden Kölner Firmen noch direkte Konkurrenten mit ähnlichem Preisniveau. Doch seit der französische Luxuskonzern LVMH die Kölner Traditionsmarke Rimowa im Jahr 2016 übernommen hat, kämpfen Rimowa und Samsonite nicht mehr um dieselben Kunden. Das zeigt sich allein schon an der Lage in der Stadt: Rimowa verkauft seine ikonischen Rillenkoffer in der Nähe des Wallrafplatzes in Nachbarschaft zu Bulgari und Michael Kors. Samsonite hat seit Ende Oktober auf der konsumigeren Ehrenstraße ein neues Zuhause gefunden.
Samsonite-Büro zieht ins Gerling-Quartier
Während Rimowa quasi zum Kölner Inventar gehört – das Unternehmen wurde 1898 hier gegründet – ist Samsonite zugezogen. Die Marke stammt ursprünglich aus den USA, kam in den 1970er Jahren erst nach Belgien, dann in die Lederwarenstadt Offenbach. „Ein Geschäftsführer in den 1980er Jahren kam aus Köln, der hat das Büro dann hierhin verlegt“, sagt Schmidinger. Zunächst führte Samsonite die Geschäfte vom Hohenzollernring aus, Mitte der 2000er-Jahre zog das Unternehmen in das Colonius Carré nach Ehrenfeld. Im kommenden Jahr packen die rund 40 Mitarbeiter erneut ihre Sachen und ziehen um ins Gerling-Quartier in den Klapperhof.
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Samsonite verkauft seine Koffer in 120 Ländern, Deutschland ist der sechststärkste Markt. Rund 100 Millionen Euro Umsatz macht die Marke hier, noch wichtiger sind nur Nordamerika, Japan, China, Indien und Südkorea. In Deutschland kommt Samsonite eigenen Angaben zufolge auf einen Marktanteil von 15 Prozent, wobei der Großteil des Marktes von Eigen- und No-Name-Marken dominiert wird. „Im klassischen Kauf- und Warenhausbereich schätze ich unseren Marktanteil auf 25 Prozent, im Fachhandel eher noch höher“, sagt Schmidinger.
Galeria-Insolvenz setzte Samsonite zu
Doch Warenhäuser und Fachhandel schwächeln und sorgen für Umsatzrückgänge. In Europa und in Deutschland liege der Umsatz knapp unter dem des Vorjahres, sagt Schmidinger. Die eigenen Vertriebskanäle wie der Onlineshop liefen exzellent, aber die Insolvenzen von Galeria und des KaDeWe hätten sich in den Zahlen gezeigt. „Im Vergleich zu Vor-Corona machen wir bei Galeria inzwischen bestimmt 20 bis 25 Prozent weniger Umsatz“, sagt Schmidinger.
Schon während der Corona-Pandemie hatte die Reisegepäckbranche weltweit kräftig an Umsatz eingebüßt. Und jetzt wackelt nicht nur der Handel, sondern es fehlen die ausländischen Touristen, die in den Duty-Free-Shops an den Flughäfen zuschlagen. Samsonite vermisst vor allem asiatische Kunden: „Viele Chinesen müssen lange auf Visa warten, der Zoll schaut sehr genau hin. Chinesische Reisegruppen meiden Deutschland eher“, sagt Schmidinger. Dass die Russen wegblieben, fiele hingegen nicht so sehr ins Gewicht. Die würden nun eher in Istanbul kaufen. Doch die Geschäfte laufen wieder rund, sagt Schmidinger. Dafür spricht auch seine aktuelle Herausforderung: Er will ein Neonschild über dem Ladeneingang anbringen. Doch das muss erst noch von der Stadt Köln genehmigt werden – und das kann dauern.