Die meisten Unternehmen trotzen der Krise, aber nicht alle. Der Arbeitsmarkt ist dagegen aktuell in Höchstform.
Konjunktur in NRWWirtschaft im Land zeigt sich robuster als befürchtet
Die nordrhein-westfälische Konjunktur ist im vierten Krisenjahr in Folge messbar robuster als von vielen Ökonomen noch im Herbst befürchtet. Das ist das Ergebnis des neuesten Konjunkturberichts von IHK NRW und RWI, der am Mittwoch unter anderem von NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur in Düsseldorf vorgestellt wurde. „Die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen kann der Energie-Krise trotzen“, sagte die Wirtschaftsministerin. „Der befürchtete Einbruch bleibt aus.“ Inzwischen mehrten sich die Anzeichen, „dass wir die schlimmsten Preiserhöhungen hinter uns haben“. Ein Überblick über Lage und Aussichten der Wirtschaft im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland.
Die Lage in Nordrhein-Westfalen
Die Geschäftslage der Unternehmen hat sich – was angesichts der rezessiven Tendenzen erstaunlich ist, sogar leicht verbessert. Rund ein Drittel der 6000 befragten Unternehmen in den 16 IHK-Bezirken von NRW beschreiben ihre Lage als „gut“. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) spricht von einer befriedigenden Lage. Einschränkungen gibt es aber in gewissen Branchen. So zeigt die Umfrage, dass der Einzelhandel unter der hohen Inflation am stärksten leidet. Die Beherbergungsbranche hat dagegen die Coronapandemie noch nicht überwunden.
Die Geschäftserwartungen
Viele Unternehmen sind im direkten Vergleich zur Vorumfrage im Herbst 2022 etwas zuversichtlicher, von einem Aufatmen könne laut Studien-Autor Matthias Mainz von IHK NRW aber noch keine Rede sein. Trotz Verbesserung liegen die Geschäftserwartungen über alle Branchen im negativen Bereich, will heißen: Es gibt mehr Unternehmen mit einer negativen als einer positiven Erwartung für den Geschäftsverlauf im restlichen Jahr 2023. „Die Krise ist damit keineswegs überstanden“, sagt Statistiker Mainz.
Der Arbeitsmarkt
Immerhin scheint die aktuelle wirtschaftliche Krise den Arbeitsmarkt in NRW zu verschonen, auch wenn es viele Nachrichten über Stellenabbau, etwa bei Ford oder Galeria Karstadt Kaufhof gibt. Der Anteil der Unternehmen, die zu Jahresbeginn 2023 mit mehr Personal planen, steigt im Vergleich zum Herbst 2022 um vier Prozentpunkte auf 19 Prozent. Das ist auch unter dem Strich ein Beschäftigungsaufbau. Denn der Prozentsatz der Unternehmen, die Stellen reduzieren wollen, liegt bei 16 Prozent und damit etwas niedriger. So rechne das RWI Leibniz-Institut für das laufende Jahr mit 60.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen im Land, nachdem es zum Jahresende 2022 mit 7,3 Millionen Menschen bereits eine Rekordbeschäftigung gegeben habe, sagte Ministerin Neubaur. Allerdings gibt es hier Ausnahmen. In der Gummi- und Kunststoffindustrie gibt mehr als jede vierte Firma an, mit weniger Mitarbeitern planen zu wollen als 2022. Gerade diese Branchen sind an den rheinischen Standorten Köln und Leverkusen besonders stark vertreten.
Die Prognose
Laut RWI-Prognose wird die Wirtschaft in NRW in diesem Jahr stagnieren und auch im Bund nur um 0,2 Prozent wachsen. Stagnation sei angesichts der vielen Krisen infolge der Pandemie, des russischen Angriffskriegs in der Ukraine, Energieverknappung und Inflation bereits „eine gute Nachricht“, sagte Neubaur.
Der Rettungsschirm
Auf die Frage, ob die Landesregierung angesichts dieser Entwicklung überhaupt noch Kredite aus dem fünf Milliarden Euro umfassenden Rettungsschirm des Landes in Anspruch nehmen dürfe, obwohl keine außergewöhnliche Notlage eingetreten sei, sagte Neubaur knapp: „Ja.“